Singapur – US-Präsident Donald Trump hat auf seinem Gipfel mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un das erneute Versprechen für eine atomare Abrüstung erhalten, jedoch ohne konkreten Fahrplan. Bei dem historischen Treffen am Dienstag in Singapur unterzeichneten beide Politiker eine eher vage Vereinbarung, die «baldmöglichst» Gespräche vorsieht, um die Ergebnisse «zügig» umzusetzen. Trump feierte den Gipfel als Erfolg. Die Sanktionen sollen aber bestehen bleiben. Allerdings stellte Trump schon aus Kostengründen ein Ende der «Kriegsspiele» der USA mit dem Verbündeten Südkorea in Aussicht.
In der Vereinbarung nach dem Gipfel im Luxushotel Capella auf der Insel Sentosa erklärt Kim sein «festes und unerschütterliches Bekenntnis» zu einer «umfassenden» atomaren Abrüstung. Auf konkrete Abrüstungsschritte, die Trump vorher wiederholt gefordert hatte, legte er sich aber nicht fest. Auf kritische Journalistenfragen dazu verteidigte der US-Präsident die «ziemlich umfassende Vereinbarung». Für mehr habe es aber nicht gereicht: «Es gab nicht genug Zeit.»
Sicherheitsgarantien
In der Vereinbarung erklärte sich Trump zu Sicherheitsgarantien für Nordkorea bereit. Auf einer langen Pressekonferenz, auf der sich Trump überdreht in bester Laune zeigte, verkündete der US-Präsident überraschend, dass er die gemeinsamen Militärmanöver seines Landes mit dem Verbündeten Südkorea stoppen wolle. Er liess aber offen, ab wann. «Diese Kriegsspiele sind sehr teuer», sagte Trump. Südkorea leiste seinen Beitrag für die Manöver, «aber nicht 100 Prozent».
Die jährlichen Manöver der USA mit Südkorea sind ein wichtiger Teil ihres Sicherheitsbündnisses. Die USA haben 28’500 Soldaten in Südkorea als Abschreckung gegen die Bedrohungen durch Nordkorea stationiert. Nordkorea hatte wiederholt gefordert, die Manöver einzustellen, und will einen vollständigen Abzug der US-Truppen.
Trump berichtete, seinerseits habe Nordkorea angefangen, eine grosse Testanlage für Raketentriebwerke zu zerstören, wie ihm Kim bei ihren Gesprächen berichtet habe. «Das ist eine grosse Sache», sagte Trump. Bei der geplanten Denuklearisierung, die «sehr, sehr schnell» angegangen werde, sollten amerikanische und internationale Inspekteure eingesetzt werden.
Baldiger Friedensschluss in Korea?
Trump stellte einen baldigen Friedensschluss in Korea in Aussicht. «Der Krieg ist seit 70 Jahren nicht beendet, aber er wird bald enden», sagte Trump. «Die Vergangenheit muss nicht die Zukunft definieren.» Der Nordkorea-Konflikte müsse nicht zu einem Krieg in der Zukunft führen. «Gegner können zu Freunden werden», sagte Trump.
In ihrer gemeinsamen Gipfelerklärung bekannten sich Trump und Kim zu einem «robusten» Frieden auf der koreanischen Halbinsel, an dem sie arbeiten wollten. «Nur die Mutigsten können Frieden schaffen», sagte Trump. Es wurden aber keine Schritte zur formellen Beendigung des Kriegszustandes auf der koreanischen Halbinsel beschlossen. Seit dem Ende des Koreakrieges 1953 ist bis heute kein Friedensvertrag zwischen den Kriegsparteien beschlossen worden.
Kim zeigte sich mit den Ergebnissen bei der gemeinsamen Unterzeichnungszeremonie ebenfalls zufrieden. «Wir haben beschlossen, die Vergangenheit hinter uns zu lassen», sagte er. «Die Welt wird einen grossen Wandel erleben.» Das Treffen in Singapur war der erste Gipfel in der Geschichte beider Staaten. Beide Länder wollten ihre Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen, heisst es auch in der Gipfelerklärung. Bislang gibt es keine diplomatischen Beziehungen.
Bis vor wenigen Monaten tauschten Kim und Trump noch heftige Beschimpfungen aus, bis hin zur Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen. Nach der Unterzeichnung in Singapur sagte Trump über Kim: «Ich habe gelernt, dass er ein sehr talentierter Mann ist, und ich habe ausserdem gelernt, dass er sein Land sehr liebt.» Schon nach der Gesprächsrunde sagte Trump: «Es ist besser gelaufen, als irgendjemand hätte erwarten können, Spitzenklasse.»
«Und jetzt sind wir hier»
Nach einem ersten Handschlag mit Trump sagte Kim: «Alte Praktiken und Vorurteile haben gegen uns gearbeitet. Aber wir haben sie alle überwunden. Und jetzt sind wir hier.» Trump und Kim hatten sich zum Auftakt des Gipfels vor jeweils sechs Flaggen der USA und Nordkoreas in dem Kolonialbau den Kameras gestellt.
Bei dem 13 Sekunden dauernden, historischen Handschlag wirkten beide Politiker ernst und angespannt, doch fasste Trump seinem Gegenüber freundschaftlich kurz an die Schulter. Das Treffen hat für Nordkorea immensen symbolischen Wert. Es signalisierte, mit der Supermacht USA auf gleicher Augenhöhe zu stehen.
Der Streit um Nordkoreas Atomwaffenprogramm ist einer der gefährlichsten Konflikte der Welt. Kim gibt vor, dass seine Raketen mit Atomsprengköpfen das US-Festland treffen können. Nach dem Eklat am Wochenende auf dem Gipfel der sieben grossen Industrienationen (G7) in Kanada stand Trump zusätzlich unter Druck, einen aussenpolitischen Erfolg vorzuweisen.
Nie zuvor war ein amtierender amerikanischer Präsident mit einem Führer des isolierten Landes zusammengetroffen. Das Treffen ist schon deswegen heftig umstritten, weil Kim sein Land diktatorisch regiert, massiv gegen Menschenrechte verstösst und nach Schätzungen der US-Regierung 80 000 bis 120 000 Menschen in teils schlimmen Verhältnissen in Arbeitslagern gefangen hält.
Wenig Zeit für Menschenrechtsfragen
Auf dem Gipfel seien auch Menschenrechtsfragen behandelt worden, versicherte Trump. «Das ist angesprochen worden, und es wird in Zukunft angesprochen werden.» Allerdings im Vergleich zur atomaren Abrüstung nur «verhältnismässig kurz». Zugleich äusserte er sich überzeugt, dass Nordkoreas Machthaber bereit sei, die Lage in seinem Heimatland zu verbessern. «Die werden was machen», sagte Trump. «Ich glaube, er will was machen. Er will die richtigen Dinge machen.»
Trump will Kim «zu einem angemessenen Zeitpunkt» auch nach Washington einladen. Das kann aber noch etwas dauern. «Wir wollen den Weg noch ein bisschen weitergehen.» Umgekehrt kann sich Trump auch vorstellen, «zu einem bestimmten Zeitpunkt» selbst Pjöngjang zu besuchen. Das kommunistisch regierte Land steht international wegen massiver Verstösse gegen die Menschenrechte seit Jahrzehnten in der Kritik. (awp/mc/ps)