Washington – Der Handelsstreit zwischen der EU und den USA droht sich wegen des Zollpokers von US-Präsident Donald Trump weiter zuzuspitzen. Die EU reagierte am Dienstag mit Verärgerung und Sorge auf Trumps Ankündigung, europäische Stahl- und Aluminiumprodukte wieder nur befristet von neuen US-Zöllen auszunehmen. «Die US-Entscheidung verlängert die Unsicherheit auf den Märkten», teilte die zuständige EU-Kommission mit. Schon jetzt seien Konsequenzen zu spüren.
Ähnlich äusserten sich Vertreter der Wirtschaft sowie EU-Staaten. Es sei «schädlich und falsch von den USA, die Ausnahmen wieder zu befristen», kommentierte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. Trump riskiere «die Eskalation eines Handelskonfliktes mit globalem Ausmass und eine Welle protektionistischer Gegenmassnahmen». Die französische Regierung teilte mit, sie werde weiter für «eine vollständige, dauerhafte und bedingungslose Befreiung» der EU von den Zöllen eintreten. Auch die Bundesregierung forderte erneut «eine dauerhafte Ausnahme».
Kein weiterer Aufschub
Die Entscheidung, die Ausnahmen für die EU und einige andere Staaten um einen Monat bis zum 1. Juni zu verlängern, fiel in Washington am Montag nur wenige Stunden vor Inkrafttreten der Zölle um Mitternacht (Ortszeit/6.00 Uhr MESZ). Die EU und andere Länder wurden bis zuletzt auf die Folter gespannt. Weiteren Aufschub soll es aber nicht geben.
Trumps Sprecherin Sarah Sanders erklärte am Dienstag, die US-Regierung habe die Ausnahmeregelung verlängert, weil man Fortschritte bei den Gesprächen gesehen habe. «Wir haben 30 Tage Zeit, um die Verhandlungen fortzuführen, und hoffen, dass wir etwas bekommen, was für alle funktioniert», sagte sie.
Auf Produkte aus Ländern wie China gelten die neuen US-Zölle bereits seit März. Sie umfassen einen Zuschlag von 25 Prozent auf Stahlprodukte und von 10 Prozent auf Aluminiumprodukte.
EU will Liste von «Vergeltungszöllen» weiter vorantreiben
Nach Angaben aus EU-Kreisen wird die Kommission nun die Vorbereitungen für die Einführung von Vergeltungszöllen weiter vorantreiben und eine Liste mit dafür ausgewählten amerikanischen Produkten bei der Welthandelsorganisation (WTO) einreichen. Sollte Trump die nun bis zum 1. Juni befristete Ausnahmeregelung auslaufen lassen, könnten dann schnell Aufschläge auf US-Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans fällig werden.
Die deutsche Regierung kündigte an, über das weitere Vorgehen solle es Gespräche auf EU-Ebene geben. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström soll unterdessen ihre Gespräche mit US-Handelsminister Wilbur Ross und dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer fortsetzen.
Keine Verhandlungen unter Drohungen
Einseitige Zugeständnisse zur Beilegung des Handelsstreits wurden in Brüssel allerdings erneut ausgeschlossen. «Als langjähriger Partner und Freund der USA werden wir nicht unter Drohungen verhandeln», hiess es in der Stellungnahme. Erst wenn der Streit um die Zölle beigelegt sei, kann es demnach Verhandlungen über Trumps Forderungen nach einem besseren Zugang zum europäischen Markt für US-Unternehmen geben.
Trump hatte zuletzt immer wieder kritisiert, dass die USA auf Einfuhren von Personenwagen lediglich Zölle von 2,5 Prozent erheben, die Europäer aber zehn Prozent auf US-Fahrzeuge. Ferner geht es auch um Handelserleichterungen für US-Agrarprodukte.
Wie für die EU hatte Trump auch die Ausnahmeregelung für die Nachbarn Mexiko und Kanada verlängert. Für Südkorea wurde im Zuge des gemeinsamen Freihandelsabkommens eine Dauerlösung verhandelt. Für Argentinien, Brasilien und Australien seien Grundsatzeinigungen erzielt worden, die bis zum 1. Juni finalisiert werden sollen.
«In all diesen Verhandlungen konzentriert sich die Administration auf die Einführung von Quoten, die die Importe begrenzen, Transitlieferungen aus Drittländern verhindern und die Nationale Sicherheit der USA gewährleisten», hiess es in einer Mitteilung des Weissen Hauses. (awp/mc/upd/pg)