Washington – US-Präsident Donald Trump hat einen Impeachment-Prozess im Senat gefordert, falls das Repräsentantenhaus tatsächlich für ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn stimmen sollte. «Ich will einen Prozess», sagte Trump am Freitag in einem fast einstündigen Telefon-Interview mit dem US-Fernsehsender Fox News. Trump sagte zwar, er habe nichts Unrechtes getan und rechne daher nicht damit, dass es überhaupt zu einem Amtsenthebungsverfahren kommen werde. Falls doch, wolle er im Senat einen richtigen Prozess, bei dem dann auch seine Republikaner Zeugen benennen könnten.
Die Demokraten im US-Repräsentantenhaus treiben Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) gegen Trump voran. Sie werfen dem Präsidenten vor, sein Amt missbraucht zu haben, um die ukrainische Regierung zu drängen, sich zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einzumischen. Es besteht der Verdacht, dass Trump Militärhilfe an die Ukraine in Höhe von rund 400 Millionen US-Dollar als Druckmittel einsetzte.
Der US-Senat entscheidet
Das Repräsentantenhaus könnte am Ende dieser Ermittlungen ein Impeachment-Verfahren mit einem Votum offiziell beschliessen. Die entscheidende Instanz wäre dann aber der US-Senat, der in einem solchen Verfahren die Rolle eines Gerichts einnehmen würde. In der Kongresskammer haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Dass Trump am Ende eines potenziellen Verfahrens im Senat tatsächlich des Amtes enthoben würde, gilt deshalb als sehr unwahrscheinlich.
Die «Washington Post» hatte berichtet, am Donnerstag hätten sich mehrere republikanische Senatoren mit Mitarbeitern aus dem Weissen Haus zusammengesetzt, um über eine Strategie für einen möglichen Impeachment-Prozess im Senat zu reden. Demnach gebe es Überlegungen, ein solches Verfahren in der Kammer auf zwei Wochen zu begrenzen.
Trump äusserte sich nicht im Detail zum möglichen Prozedere im Senat. Er sagte jedoch, er würde sich dort den anonymen Hinweisgeber als Zeugen wünschen, der die Ukraine-Affäre mit der Beschwerde an ein internes Kontrollgremium erst ins Rollen gebracht hatte. Auch sollten nach seinem Willen der Sohn des früheren Vizepräsidenten Joe Biden und der Vorsitzende des zuständigen Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Adam Schiff, aussagen.
Schwere Vorwürfe gegen Trump und dessen Umfeld
Biden bewirbt sich um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten für die Wahl 2020 und könnte womöglich als Trumps Herausforderer antreten. Bidens Sohn Hunter war bis April dieses Jahres bei dem Gaskonzern Burisma in der Ukraine beschäftigt. Trump wirft Biden vor, als Vizepräsident versucht zu haben, seinen Sohn vor der ukrainischen Justiz zu schützen. Dazu wollte Trump Ermittlungen in der Ukraine.
In den vergangenen beiden Wochen hatten im Repräsentantenhaus diverse hochrangige Regierungsmitarbeiter öffentlich zu der Ukraine-Affäre ausgesagt. Sie hatten zum Teil schwere Vorwürfe gegen Trump und dessen Umfeld erhoben. Der US-Botschafter bei den USA, Gordon Sondland, etwa hatte erklärt, er habe im Umgang mit der Ukraine auf ausdrückliche Anordnung Trumps mit dessen persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet. Giuliani habe ein «Quid pro quo» – also eine Gegenleistung – für ein Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Trump im Weissen Haus verlangt: nämlich eine öffentliche Ankündigung jener von Trump verlangten Ermittlungen.
Die alte Masche: Gegner attackieren
Trump bezeichnete das als «kompletten Unsinn». Er kenne Sondland kaum. Der Präsident zweifelte auch die Glaubwürdigkeit anderer Zeugen an und attackierte erneut die frühere US-Botschafterin in der Ukraine, Marie Yovanovitch. Diese habe sich geweigert, sein Foto in der US-Botschaft in Kiew aufzuhängen. «Sie hat schlechte Sachen über mich gesagt», beklagte er weiter. «Sie war kein Engel, diese Frau.»
Die US-Regierung hatte Yovanovitch im Mai vorzeitig von ihrem Posten in Kiew abberufen. Sie beklagt, sie sei wegen einer Rufmordkampagne abgesetzt worden, die unter anderem Giuliani betrieben habe. Trump hatte Yovanovitch vor einer Woche während ihrer laufenden Aussage im Kongress auf Twitter attackiert. Die Demokraten warfen ihm daraufhin Einschüchterung von Zeugen vor.
Trump ging am Freitag erneut auch Schiff und die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, scharf an. Schiff beschimpfte er als «korrupt» und «krank», Pelosi als «verrückt».
Seinen Anwalt Giuliani verteidigte der Präsident wiederum vehement und bezeichnete diesen als «Freund» und «ikonische Figur». Er betonte: «Rudy ist ein grossartiger Verbrechensbekämpfer. (awp/mc/pg)