Washington – US-Präsident Donald Trump drängt beim bevorstehenden Amtsenthebungsverfahren gegen ihn im Senat zur Eile. «Ich will eine sofortige Verhandlung!», schrieb der Republikaner auf Twitter, nachdem die Demokraten im Repräsentantenhaus am Vortag mit ihrer Mehrheit die formelle Eröffnung des Impeachment-Verfahrens beschlossen hatten. Trump kann aber wegen der Mehrheit der Republikaner im Senat darauf hoffen, dass er im Amt bleiben darf. Das könnte ihm Rückenwind für die Präsidentenwahl 2020 geben. Einige Präsidentschaftsbewerber der Demokraten lieferten sich derweil bei einer TV-Debatte Wortgefechte.
Gerade der aufstrebende demokratische Präsidentschaftsbewerber, Pete Buttigieg, wurde bei der sechsten Fernsehdebatte der Demokraten am späten Donnerstagabend (Ortszeit) in Los Angeles zum Ziel von Attacken seiner parteiinternen Konkurrenz. Die linke Senatorin Elizabeth Warren, eine der derzeitigen Favoriten im Rennen um die Kandidatur, warf ihm vor, bei Veranstaltungen hinter geschlossenen Türen Spenden von Milliardären einzusammeln. Buttigieg wehrte sich und gab zurück, er habe anders als Warren und weitere Mitstreiter kein grosses persönliches Vermögen und könne jede Unterstützung gebrauchen. Auch andere Parteikollegen griffen ihn an.
Buttigieg legt zu
Hintergrund ist Buttigiegs zunehmende Stärke in Umfragen. Der Bürgermeister aus South Bend im US-Staat Indiana ist mit 37 Jahren der Jüngste unter den demokratischen Präsidentschaftsbewerbern. Die derzeit in Umfragen Führenden – Ex-US-Vizepräsident Joe Biden sowie die Senatoren Bernie Sanders und Warren – haben alle ihren 70. Geburtstag bereits hinter sich.
Auch Trump hat längst verkündet, 2020 für das Präsidentenamt wieder ins Rennen gehen zu wollen. Mit der von den Demokraten beschlossenen Eröffnung des Impeachment-Verfahrens wird er nun aber erst einmal der dritte Präsident der Vereinigten Staaten sein, der sich einem solchen Prozedere stellen muss. Die 100 Senatoren – 53 davon sind Republikaner – müssen in einer Art Gerichtsverfahren entscheiden, ob Trump von den Vorwürfen freigesprochen oder ob er des Amtes enthoben wird.
Vorwurf des Amtsmissbrauchs
Dabei geht es um die Vorwürfe des Machtmissbrauchs und der Behinderung der Ermittlungen des Kongresses in der Ukraine-Affäre. Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Wahl 2020 zu beeinflussen. Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weissen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine abhängig gemacht habe. Das werten sie als Amtsmissbrauch. Sie werfen Trump ausserdem vor, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses dazu behindert zu haben. Trump wies die Vorwürfe am Donnerstag auf Twitter erneut zurück: Die Demokraten hätten «null Beweise».
Doch bevor der Senat mit dem Impeachment-Verfahren beginnen kann, müssen die Demokraten diesem die Anklagepunkte vorlegen. Genau darüber gibt es Streit zwischen den Demokraten und Republikanern. Die Demokraten wollen weitere Zeugenanhörungen im Senat, die Republikaner lehnen das ab. Bevor das Prozedere nicht geklärt ist, will die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, die Anklagepunkte nicht an den Senat übermitteln.
Zeitpunkt des Verfahrens im Senat noch unklar
Deswegen ist nicht absehbar, wann das Verfahren anfängt. Ursprünglich war der Beginn für Anfang Januar erwartet worden. Kommentatoren sehen eine Verzögerung kritisch. Die «New York Times» sprach mit Blick auf Pelosi von einem «politisch riskanten Versuch, Einfluss auf die Konturen eines Prozesses im Wahljahr zu nehmen».
Trump seinerseits spekuliert darauf, dass das Impeachment-Verfahren seine Wählerbasis und seine Wahlkampfspender mobilisiert. Er hofft, dass er nicht nur wiedergewählt wird und dass seine Republikaner den Senat halten werden – sondern auch, dass die Republikaner das Abgeordnetenhaus von den Demokraten zurückerobern können. Am 3. November 2020 wählen die USA neben dem Präsidenten auch ein neues Abgeordnetenhaus und ein Drittel der Senatoren. (awp/mc/pg)