Trumps Wahlkampf eskaliert: «Bürgerkrieg» bei den Republikanern
Washington – Umfragen im Sinkflug, eine entsetzte Partei: Der Wahlkampf Donald Trumps steht in hellen Flammen. Der Sender CNN nannte die Auseinandersetzung der Republikaner am Mittwoch einen «Bürgerkrieg»: «Trump reisst die Partei auseinander und bricht die Brücken ab». «USA Today» veröffentlichte eine Erhebung, wonach ein Viertel aller Kongressmitglieder und Gouverneure der Partei sich weigert, ihren Präsidentschaftskandidaten zu unterstützen.
Der populäre Blog «FiveThirtyEight» von Nate Silver beziffert Trumps Chancen auf die Präsidentschaft nurmehr auf 13,8 Prozent. Das ist ein steiler Absturz binnen nur gut zwei Wochen: Noch am 26. September hatten Hillary Clinton und Trump sich mit 54,8 und 45,2 Prozent sehr weit angenähert.
Der gleiche Blog veröffentlichte am Mittwoch eine Wahlprognose getrennt nach männlichen und weiblichen Wählern. Würden am 8. November nur Frauen wählen, käme Clinton auf 458 Wahlmänner (Trump: 80). Würden nur Männer wählen, käme Clinton auf 188 und Trump auf 350.
Nötig für einen Sieg ist die Mehrheit von 270 der insgesamt 538 Wahlmänner.
Umfrage sieht Clinton deutlicher in Führung
Am Mittwoch sahen weitere Umfragen einen grösseren Abstand der Kandidaten infolge der Video-Affäre Trumps. Sogar im erzkonservativen Utah büsste Trump seinen Vorsprung komplett ein, zitierten «The Hill» und «Washington Post» eine aktuelle Erhebung, die nach der zweiten TV-Debatte gemacht wurde.
US-Medien zitierten Berater Trumps mit dem Vorhaben, dieser wolle seine Angriffe auf Clinton nun so verstärken, dass sich mehr und mehr US-Amerikaner angewidert vom Wahlgang abwendeten. Von einer niedrigen Wahlbeteiligung wolle dann Trump profitieren.
Clintons Wahlkampfchef beschuldigte russische Geheimdienste, hinter einem Hackerangriff auf sein E-Mail-Konto zu stecken. Die Bundespolizei FBI ermittle, sagte John Podesta nach Medienberichten. Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte eine grosse E-Mail-Sammlung ins Netz gestellt, bei der es sich um Korrespondenz Podestas handeln soll.
Bereits im August hatte Wikileaks gehackte E-Mails von Mitgliedern und Mitarbeitern des Parteivorstandes der Demokraten veröffentlicht. Daraus ging hervor, dass diese im Vorwahlkampf für Clinton voreingenommen waren, was zum Rücktritt der Parteichefin Debbie Wasserman Schultz führte. Am Freitag beschuldigte die US-Regierung Russland, mit Hackerangriffen die US-Wahl beeinflussen zu wollen.
Podesta beschuldigte Trumps Wahlkampfteam, von Wikileaks-Gründer Julian Assange über die Veröffentlichung der gehackten E-Mails informiert worden zu sein. Der Zeitpunkt – am Tag des Erscheinens eines Videos, in dem frauenfeindliche und vulgäre Äusserungen Trumps aus dem Jahr 2005 zu hören sind – sei kein Zufall. (awp/mc/ps)