Trumps wichtigster Wirtschaftsberater tritt ab
Washington – Ein ausgleichender Mahner geht von Bord: Inmitten der tobenden Debatte über US-Strafzölle auf ausländischen Stahl und Aluminium verlässt der oberste Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Gary Cohn, das Weisse Haus. Es sei ihm eine Ehre gewesen, seinem Land zu dienen, und er sei Trump dankbar für diese Möglichkeit, hiess es am Dienstag in einer Stellungnahme Cohns.
Trump dankte Cohn, einem früheren hochrangigen Investmentbanker bei Goldman Sachs , für seine Arbeit. Cohn war es, der Trumps nationalistischer Wirtschaftspolitik unter dem Motto «America First» das Attribut «but not alone» («aber nicht alleine») beifügte. Er verlieh ihr damit zumindest ein gewisses Mass an internationaler Zusammenarbeit. Trump kündigte noch am Abend auf Twitter an, er werde bald eine Entscheidung über die Nachfolge treffen. «Viele Menschen wollen den Job – ich werde eine weise Entscheidung treffen.»
Will be making a decision soon on the appointment of new Chief Economic Advisor. Many people wanting the job – will choose wisely!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 7. März 2018
Cohn mit Trumps Plänen nicht einverstanden
Cohn (57) war massgeblich an der jüngst verabschiedeten Steuerreform beteiligt, soll mit Trump aber in fast allen anderen Feldern überkreuz gelegen haben. Der Rücktritt ist der jüngste in einer historisch langen Reihe von Abgängen zu dieser Zeit einer US-Präsidentschaft.
Cohn hatte sich zuletzt bei den Strafzöllen gegen den Präsidenten gestellt. Bis zuletzt soll er versucht haben, die Position der USA gegenüber Zöllen für Einfuhren von Stahl und Aluminium aufzuweichen. Die Nachrichtenagentur «Bloomberg» berichtete, Trump habe Cohn am Dienstag bei einem Treffen im Oval Office gefragt, ob er seine Pläne für die Zölle unterstützen werde. Cohn habe ihm diese Zusicherung nicht gegeben, berichtete die Agentur unter Berufung auf zwei mit der Sache vertraute Personen.
Schwere Niederlage für «Globalisten» im Weissen Haus
In Cohn verliert Trump einen der letzten Befürworter von Freihandel und Globalisierung in seinem direkten Beraterstab. Dies könnte auch Auswirkungen auf die laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen Nafta mit den Nachbarn Mexiko und Kanada haben. Ohne Cohn dürfte sich Trumps Politik weiter verhärten.
Cohns Abgang ist für das Lager der sogenannten Globalisten im Weissen Haus, zu denen auch das Paar Ivanka Trump und Jared Kushner gerechnet wird, eine schwere Niederlage. Zwei Stunden vor Cohns Rückzug hatte Trump verkündet: «Glauben Sie mir, jeder möchte im Weissen Haus arbeiten.» Es gebe dort kein Chaos, sondern nur viel Energie.
The new Fake News narrative is that there is CHAOS in the White House. Wrong! People will always come & go, and I want strong dialogue before making a final decision. I still have some people that I want to change (always seeking perfection). There is no Chaos, only great Energy!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 6. März 2018
Über Cohns Rückzug wurde seit Tagen spekuliert. Er kann als Indiz dafür gewertet werden, dass Trump sich nicht umstimmen lassen und bei seiner harten Linie auch gegen Europa bleiben will.
EU berät über mögliche Gegenmassnahmen
Trump hatte vergangene Woche Strafzölle in Höhe von 25 Prozent für Stahlimporte und 10 Prozent für Aluminiumimporte ins Spiel gebracht. Die durchschnittlichen Einfuhrabgaben beim US-EU-Warenhandel liegen deutlich darunter. Trump drohte später mit Strafabgaben auf Autos, sollte die EU als Reaktion US-Produkte mit höheren Zöllen belegen. Trump hatte mit seiner Ankündigung die Angst vor einem internationalen Handelskonflikt geschürt. Politiker und Wirtschaftsführer in aller Welt äusserten ihre Besorgnis über eine solche Auseinandersetzung.
Die EU-Kommission berät am Mittwoch über mögliche Gegenmassnahmen auf Zölle. Im Gespräch sind etwa Revanche-Zölle auf Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström wird die Überlegungen der Brüsseler Behörde präsentieren. Es wird nicht damit gerechnet, dass die EU-Kommission konkrete Entscheidungen trifft, solange die US-Massnahmen noch nicht in trockenen Tüchern sind. Erwartet wird eine Grundsatzerklärung. (awp/mc/pg)