New York / Zürich – Das US-Justizministerium hat im Streit über Wertpapier-Geschäfte am amerikanischen Immobilienmarkt im Vorfeld der Finanzkrise vor zehn Jahren Klage gegen die UBS eingereicht. Laut eines Insiders hatte die Bank einen Vergleich von fast zwei Milliarden Dollar abgelehnt.
Die US-Regierung wirft der grössten Schweizer Bank Betrug beim Verkauf unsicherer milliardenschwerer Hypothekenverbriefungen – sogenannter Residential Mortgage-Backed Securities (RMBS) – vor, wie das Justizministerium am Donnerstag mitteilte. Das Geldhaus habe Investoren in der Frage der Risiken getäuscht.
Die US-Behörden fordern nicht näher bezifferte Geldbussen im Rahmen eines Bundesgesetzes, das es ihnen erlaubt, Strafen in der Höhe bis zu jenen Beträgen zu verhängen, die die Bank erhalten hat, oder durch angebliches Fehlverhalten verloren gegangen sind.
Die Bank wird in der bei einem Bundesgericht in Brooklyn eingereichten Beschwerde beschuldigt, Anleger über die Qualität von Subprime- und anderen risikoreichen Hypothekarkrediten im Umfang von 41 Milliarden Dollar irregeführt zu haben. Betroffen sein sollen 40 Wertpapierangebote.
Staatsanwalt Richard Donoghue sagte, dass Investoren «katastrophale Verluste» erlitten hätten, weil die Bank die Risiken der Hypothekenpapiere nicht vollständig offengelegt habe. Die USA werfen der UBS vor, eine Unternehmenskultur gehabt zu haben, bei der Gewinnen eine höhere Priorität eingeräumt worden sei als der vollständigen Transparenz gegenüber den Anlegern.
«Lügen ist in Ordnung»
Die Klage vom Donnerstag zitiert unter anderem einen UBS-Hypothekenmitarbeiter, der sich 2006 bei seinen Vorgesetzten über die Ethik der Bank beschwerte, darunter auch darüber, dass «Lügen in Ordnung ist».
Hintergrund sind umstrittene Wertpapiergeschäfte aus den Jahren 2006 und 2007. Zwar hat die UBS selbst keine umfangreicheren Kredite am damals überhitzten US-Immobilienmarkt vergeben. Allerdings hat sie – wie viele andere Banken auch – solche Hypotheken gebündelt und weiterverkauft.
Die US-Behörden sehen es als erwiesen an, dass die Institute mit diesen Verbriefungen massgeblich zur weltweiten Finanzkrise beitrugen, da viele ausfallgefährdete Kredite darin enthalten waren. Als der Markt 2008 und 2009 abstürzte, wurden die komplexen Wertpapiere auf einen Schlag so gut wie wertlos.
Bank wehrt sich
Die Klage sei eingereicht worden, nachdem die UBS einen Vorschlag der US-Regierung für eine Vergleichszahlung über fast zwei Milliarden Dollar abgelehnt habe, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Ein UBS-Sprecher und eine Sprecherin des US-Justizministeriums lehnten es ab, die Vergleichsgespräche zu kommentieren.
Die Bank sagte, dass sie die Klage bekämpfen werde. Die Vorwürfe des Justizministeriums würden nicht durch Fakten oder das Gesetz gestützt, hiess es in einer Erklärung der Bank. Die UBS sei von ihrem Standpunkt überzeugt und sei bestens gerüstet, sich vor Gericht zu verteidigen.
Die UBS will sich vor allem gegen den Vorwurf einer betrügerischen Absicht wehren. Sie argumentiert zum einen damit, dass das Institut kein bedeutender Herausgeber von US-Hypotheken gewesen sei. Ausserdem habe sie selbst massive Verluste auf die hypothekenbezogenen Anlagen in den USA erlitten, als der Immobilienmarkt zusammenbrach. Allein diese Tatsache widerspreche der Schlussfolgerung eines vorsätzlichen Betrugs auf Seiten der UBS, heisst es.
Es geht ums Geld
Die UBS ist die letzte globale Bank, welche diese Altlast noch nicht aus der Welt schaffen konnte. Grossbanken weltweit wurde vorgeworfen, Kunden in den USA beim Verkauf von Ramschhypotheken in die Irre geführt zu haben. Diese waren vor zehn Jahren der Auslöser der Finanzkrise. Andere – wie Credit Suisse, Citibank oder Deutsche Bank – einigten sich mit Milliardenzahlungen.
Die Credit Suisse etwa musste im selben Fall tief in die Tasche greifen: Sie vereinbarte bereits Ende 2016 mit dem US-Justizministerium, insgesamt 5,28 Milliarden US-Dollar zu zahlen – eine Busse in Höhe von 2,48 Milliarden US-Dollar zu zahlen sowie 2,8 Milliarden Entschädigungen an Kreditnehmer.
Sollte die UBS den Prozess bis zum Ende durchziehen, würde der Sachverhalt erstmals abschliessend vor einem Gericht geklärt. Da es sich um eine Zivilklage handelt und nicht um ein Strafverfahren, hätte die Grossbank keine Einschränkungen für das Geschäft in den USA zu befürchten. Es geht lediglich ums Geld.
Milliarden-Forderungen aus Paris
Erst Ende Oktober betonte Konzernchef Sergio Ermotti mit Blick auf den offenen Rechtsfall, die UBS habe keinen Zeitdruck. Aus Sicht der Bank nicht faire und unangemessene Forderungen werde man nicht akzeptieren. Doch in anderen kleineren Fällen, bei denen es auch um RMBS-Papiere ging, einigte sich die Bank in der Vergangenheit mit Vergleichen.
In ihren Büchern hat die UBS für Rechtsstreitigkeiten immer noch milliardenhohe Rückstellungen. Die Rückstellungen «für Rechtsfälle sowie regulatorische und ähnliche Angelegenheiten» lagen Ende September bei 2,31 Milliarden. Aber Marktexperten waren immer mal wieder der Auffassung, dass die Rückstellungen für den RMBS-Fall zu tief seien.
Auch ein weiterer offener Rechtsstreit könnte die Bank teuer zu stehen kommen. In Frankreich steht die UBS derzeit voraussichtlich noch bis zum 15. November vor Gericht, sie muss sich dort gegen Vorwürfe der Geldwäscherei und unerlaubtem Anwerben von Kunden, die Steuern hinterziehen wollten, verteidigen.
Einerseits forder der französische Staat als Zivilkläger eine Entschädigung von 1,6 Milliarden Euro. Andererseits verlangt die französische Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 3,7 Milliarden Euro. Bereits im Juli 2014 hatte die UBS eine Kaution von 1,1 Milliarden Euro hinterlegen müssen.
Die Aktie verliert am Freitag 2,7% auf 14,12 Franken. (awp/mc/ps)