Übernahmen von Familienunternehmen führen oft zu Konflikten
Zürich – Wenn Unternehmer ihre Firma weitergeben, sind meistens viele Emotionen im Spiel. Nicht selten gibt es deshalb bei der Übergabe an die nächste Generation oder externe Nachfolgerinnen und Nachfolger Konflikte.
Das geht aus einer neuen Studie hervor, die die Grossbank Credit Suisse zusammen mit der Universität St. Gallen durchgeführt hat. Die Verfasser der Studie haben dafür bei 150 KMU und Grossunternehmen nachgefragt, wie sie Nachfolgelösungen umgesetzt haben oder diese gedenken umzusetzen.
Dabei zeigte sich, dass mehr als jeder vierte Befragte (27%) beim Übergabeprozess konfliktreiche Situationen erlebt hat. Weil das Herzblut an der eigenen Firma hängt, kommen für die meisten Firmeninhaber nur enge Vertraute als Nachfolger in Frage. 87 Prozent der Befragten haben der Umfrage zufolge eine enge Beziehung zu ihrem Vorgänger.
Zudem gaben 86 Prozent an, dass die Vorstellungen zwischen ihnen und ihrem Vorgänger in Bezug auf die Unternehmensbelange während des Übergabeprozesses kompatibel waren. Das lässt den Studienautoren zufolge trotz gelegentlicher Konflikte darauf schliessen, dass viele Übergangsprozesse einvernehmlich und konstruktiv verlaufen.
Doch eine gute Beziehung ist nicht immer gut genug: Gerade bei Familienunternehmen versuchen die Inhaber oftmals, Nachfolger aus der eigenen Familie zu finden. Die Umfrage hat ergeben, dass 44 Prozent der Inhaber familiengeführter Firmen stark beabsichtigen, die Geschäftsleitung oder die Anteile in der Familie zu belassen. Bei 19 Prozent war diese Absicht eher stark und 57 Prozent gaben an, eine solche Lösung «eher» vorzuziehen.
Nur gerade 14 Prozent der Befragten ist es der Studie zufolge komplett unwichtig, ob die Firma in der Familie bleibt oder ob sie in andere Hände gelangt.
Loslassen fällt schwer
Doch auch nach erfolgreicher Übergabe an die nächste Generation gibt es noch Konfliktpotenzial: 30 Prozent der Unternehmer können sich nach Einschätzung ihrer Nachfolger nämlich nicht von ihrer Rolle lösen. Fast jeder zweite taucht auch zwei Jahre später noch mindestens eine Stunde pro Woche im Büro auf. Rund 11 Prozent – also mehr als jeder zehnte – verbringt zwei Jahre nach dem Rücktritt vom Chefposten sogar noch wöchentlich über 40 Stunden im Geschäft.
Die CS rät den neuen Geschäftsführern darum, abzuwägen, ob «der Nutzen, welcher der Nachfolger aus den Erfahrungen des Vorgängers ziehen kann, die Kosten bezüglich potenziell unerwünschter Einflussnahme und dem damit verbundenen Konfliktpotenzial überwiegt». Manchmal kann es auch von Vorteil sein, den alten Chef noch an der Seite zu haben: Denn obwohl Nachfolger früher oder später ihre eigenen Entscheidungen treffen müssen, zählt mehr als die Hälfte auch nach der Übergabe noch auf die Beratung ihres Vorgängers.
Für die meisten ehemaligen Geschäftsführer gäbe es jedoch keinen Grund, im Unternehmen noch so stark die Kontrolle behalten zu wollen. Denn fast die Hälfte der Nachfolger fühlt sich verpflichtet, die Vorstellungen der ehemaligen Firmenchefs einzuhalten.
Meist keine freiwillige Übergabe
Firmenübergaben werden der Studie zufolge zwar oftmals von langer Hand geplant, sind am Ende aber häufig nicht ganz freiwillig. In 80 Prozent der Fälle sind das Alter oder die Gesundheit – oder eine Kombination davon – der Grund, dass jemand seine Firma einem Nachfolger anvertraut.
In 4 Prozent der Fälle führt der Tod des Inhabers zu einer Übergabe, in weiteren 4 Prozent der Wunsch nach mehr Freizeit. 9 Prozent gaben an, dass sie in der Übergabe die Möglichkeit sahen, das Unternehmen zu einem guten Preis zu verkaufen. Dass sich ein Inhaber aber schlicht und einfach eine neue berufliche Herausforderung sucht, wurde als Grund kein einziges Mal genannt. (awp/mc/ps)