Marcel Guignard, abtretender Präsident des Schweizerischen Städteverbands. (Bild: admin.ch)
Bern – Mit den Plänen von Bund und Kantonen für eine Unternehmenssteuerreform III riskieren Schweizer Städte bis zur Hälfte ihrer Steuereinnahmen von juristischen Personen zu verlieren. Insgesamt belaufen sich die dadurch entstehenden Steuerausfälle in den Schweizer Städten auf über 1,5 Milliarden Franken. Der Schweizerische Städteverband fordert deshalb, dass die Städte in die Arbeiten der Unternehmenssteuerreform einbezogen und für die zu erwarteten massiven Verluste kompensiert werden.
Eine Erhebung des Schweizerischen Städteverbandes und der Städtischen Steuerkonferenz vom August 2013 zeigt, dass die vom Bundesrat in Folge des internationalen Drucks auf die Schweiz geplante Unternehmenssteuerreform III gravierende Auswirkungen auf Städte und Gemeinden hat. Die Berechnungen beruhen auf durchschnittlichen Steuereinnahmen der letzten Jahre und berücksichtigen die spezifische Situation der befragten Städte.
40 bis 60 Prozent Steuerausfälle bei den juristischen Personen erwartet
Steuerausfälle von 40 bis 60 Prozent
Die Umfrage hat ergeben, dass eine Senkung der Gewinnsteuersätze auf insgesamt 15 Prozent bei den juristischen Personen, wie dies der Bundesrat vorschlägt, Steuerausfälle von 40 bis 60 Prozent zur Folge hätte. Gemessen am Gesamtsteuerertrag schwankt der Anteil der erwarteten Ausfälle zwischen knapp 5 und 18 Prozent. Lausanne müsste auf 10,4 Prozent (minus 10,4 Millionen Fr. pro Jahr), Winterthur auf 11,3 Prozent (minus 30 Millionen) und Biel auf 12 Prozent (minus 15 Millionen) seiner gesamten Steuereinnahmen verzichten. Für die Stadt Zürich wären es 13,3 Prozent oder rund 300 Millionen Franken. Aber auch Agglomerationsgemeinden sind stark betroffen, so beispielsweise die Berner Gemeinde Ittigen, bei welcher der erwartete Steuerausfall von 5,2 Millionen Franken 18 Prozent des Gesamtsteuerertrags ausmacht. Hochgerechnet auf alle Städte belaufen sich die Steuerausfälle auf über 1,5 Milliarden Franken. In den Städten, in denen der Anteil der ordentlich besteuerten juristischen Personen am Gesamtsteuersubstrat relativ hoch ist, würde die Senkung der Gewinnsteuersätze besonders ins Gewicht fallen.
Wie die Finanzdirektorin der Stadt Lausanne, Florence Germond, an der Jahresmedienkonferenz des Schweizerischen Städteverbandes darlegte, wären die erwarteten Steuerausfälle bei einem Besteuerungssatz von 12 Prozent – die Variante wird im Bericht von Bund und Kantonen ebenfalls erwähnt – noch 30 Prozent höher. Florence Germond machte klar, dass derartige Steuerausfälle nicht einfach mit Sparprogrammen aufgefangen werden können und den politischen Handlungsspielraum der Städte und Gemeinden massiv einschränken würden.
Projektorganisation der Unternehmenssteuerreform mit städtischer Vertretung
Der Schweizerische Städteverband fordert, dass bei der Anpassung der Unternehmensbesteuerung neben der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auch die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kantone, Städte und Gemeinden erhalten bleiben muss. Aufgrund der ausgewiesenen Betroffenheit der Städte und Gemeinden muss die Projektorganisation der Unternehmenssteuerreform III mit zwei städtischen Exekutivmitgliedern ergänzt werden. Weiter sind die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform III auf die Städte als Wirtschaftslokomotiven des ganzen Landes gesondert zu untersuchen. Ebenso fordert der Städteverband, dass allfällige Steuerausfälle kompensiert werden.
Die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch unterstrich die grosse Bedeutung, welche die Städte der Pflege der Standortqualitäten – auch in steuerlicher Hinsicht – beimessen. Sie warnte aber davor, dass ein Wettlauf in Richtung von immer tieferen Unternehmenssteuern die nicht-steuerliche Standortqualitäten des Wirtschaftsstandorts Schweiz aufs Spiel setzen würde. Indem Bund und Kantone derart tief in die Finanzhoheit und steuerliche Subsidiarität von Städten und Gemeinden eingreifen, werden wichtige Elemente des Erfolgsmodells Schweiz ausgehebelt, so Corine Mauch weiter.
Gemischte Bilanz des abtretenden Präsidenten
Vor diesem Hintergrund fiel die Bilanz des Aarauer Stadtpräsidenten Marcel Guignard, der nach acht Jahren als Präsident des Schweizerischen Städteverbandes zurücktritt, etwas durchzogen aus. Zwar sei das Bewusstsein für die Anliegen der Städte und Agglomerationen vielerorts gewachsen. Aber das Beispiel der Unternehmenssteuerreform III zeige, so Guignard, dass der Einbezug der Städte noch bei weitem nicht selbstverständlich sei. Für die Unternehmenssteuerreform III sind Lösungen gefragt, die für alle Beteiligten tragbar sind. Dafür müssen die Städte als Direktbetroffene mitreden können. (Städteverband/mc/ps)