Foster City – Die US-Biotech-Firma Gilead hat mit dem ursprünglich gegen Ebola entwickelten Wirkstoff Remdesivir zur potenziellen Behandlung von Covid-19 einen Zwischenerfolg erzielt. In einer vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) durchgeführten Studie habe das Mittel den primären Endpunkt erreicht, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Detaillierte Informationen dazu soll es demnächst durch das Forschungszentrum selbst in einer Pressekonferenz geben.
An den Börsen fachte die Nachricht die Hoffnungen auf eine baldige Lösung in der Corona-Pandemie weltweit wieder an. Die Aktie von Gilead selbst legte kurz nach Handelsbeginn in den USA um drei Prozent zu.
Eigene Untersuchungen
Neben der NIAID-Studie führt Gilead auch eigene Untersuchungen mit dem Mittel durch. Derzeit testet das Unternehmen etwa, ob eine fünftägige Behandlung bei Covid-19 Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf genauso effizient und sicher ist, wie die unter anderem vom NIAID getestete zehntägige Behandlung. Weitere Daten aus einer Studie mit Patienten mit mittelschwerem Krankheitsverlauf erhofft sich Gilead zudem Ende Mai.
Gilead relativiert
Das Management stehe im kontinuierlichen Austausch mit den Behörden über den zunehmenden Datenfluss und die mögliche Verwendung von Remdesivir als Covid-19-Therapie. Noch sei das Mittel aber weder lizensiert noch zugelassen und habe sich auch nicht als sichere oder effektive Behandlungsmethode gegen Covid-19 erwiesen, merkte Gilead laut Mitteilung an.
Fauci: Corona-Studienergebnisse zu Gilead-Wirkstoff sehr positiv
Positiv äusserte sich am Mittwoch auch der US-Immunologe Anthony Fauci, der Chef des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten (NIAID), im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Erste Ergebnisse einer klinischen Studie müssten noch unabhängig geprüft und veröffentlicht werden, die Hinweise auf eine deutlich kürzere Krankheitsdauer seien aber vielversprechend, sagte Fauci.
Remdesivir habe eine «signifikante positive Wirkung bei der Verringerung der Zeit bis zur Genesung» gezeigt, so Fauci. Patienten, die in Krankenhäusern an der Lungenkrankheit Covid-19 litten und Remdesivir bekamen, waren laut Fauci nach durchschnittlich 11 Tagen wieder genesen, die Patienten der Kontrollgruppe erst nach 15 Tagen. Damit seien jedoch nicht alle Probleme gelöst, sagte Fauci während eines Treffens im Büro von Präsident Trump weiter. Auch die Sterblichkeitsrate sei etwas geringer gewesen, dieses Ergebnis sei aber bislang nicht statistisch signifikant.
Die Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (FDA) sei derzeit in Gesprächen mit dem Arzneimittelhersteller Gilead, um Remdesivir rasch für Patienten in Krankenhäusern verfügbar zu machen, sagte Fauci. Eine formelle Zulassung des Medikaments würde jedoch noch wesentlich länger dauern und weitere Studien erfordern.
«Unzweifelhaft positive Entwicklung»
Neil Wilson von markets.com sieht in der Entwicklung eine «unzweifelhaft positive» Entwicklung für den Aktienmarkt. Je höher die Wahrscheinlichkeit für eine Behandlungsmethode oder einen Impfstoff, umso schneller werde die Wirtschaft wieder geöffnet. Gleichzeitig sinke damit das Risiko einer zweiten oder dritten Infektionswelle. Für den Marktexperten ist die neue Nachricht über die NIAID-Studie nun noch erfreulicher, als die früheren Spekulationen um mögliche positive Ergebnisse von Remdesivir, die die Märkte Mitte April beflügelt hatten.
Ein Bericht der «Financial Times», wonach Remdesivir bei der Behandlung von Patienten in China zu keinen spürbaren Verbesserungen geführt habe, hatte die Hoffnungen allerdings wenig später wieder zunichte gemacht. Gilead hatte daraufhin erklärt, dass die Studie aufgrund geringer Beteiligung vorzeitig abgebrochen worden sei, weswegen keine statistisch aussagekräftigen Schlussfolgerungen gezogen werden könnten. Auch andere Mediziner, die das Mittel erprobten, warnten vor voreiligen Schlüssen in beide Richtungen. (awp/mc/pg)