US-Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft – Trump droht
Washington / Teheran / Brüssel – Nach dem Inkrafttreten der US-Sanktionen gegen den Iran hat US-Präsident Donald Trump andere Staaten davor gewarnt, mit der Islamischen Republik Handel zu treiben. «Jeder, der mit dem Iran Geschäfte macht, wird KEINE Geschäfte mit den Vereinigten Staaten machen», schrieb Trump am Dienstag auf Twitter. Der US-Präsident hatte die umstrittenen Sanktionen gegen den Iran um 6.00 Uhr MESZ wieder in Kraft gesetzt. Es gehe ihm um «WELTFRIEDEN», schrieb Trump in Grossbuchstaben, liess aber offen, was er damit meinte.
Ziel der Sanktionen ist es laut Trump, «maximalen wirtschaftlichen Druck» auf das wirtschaftlich angeschlagene Land auszuüben. Der iranische Präsident Hassan Ruhani warf Trump vor, einen «psychologischen Krieg» gegen sein Land zu führen.
The Iran sanctions have officially been cast. These are the most biting sanctions ever imposed, and in November they ratchet up to yet another level. Anyone doing business with Iran will NOT be doing business with the United States. I am asking for WORLD PEACE, nothing less!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) August 7, 2018
Widerstand aus Europa
Die EU ist gegen die Sanktionen. Sie will europäische Unternehmen davor schützen und das Atomabkommen mit dem Iran zu retten. Es soll die Entwicklung einer iranischen Atombombe verhindern. Im Gegenzug sollte der Westen Sanktionen aufheben und damit unter anderem Investitionen im Iran ermöglichen.
Deswegen trat am Dienstag auch das überarbeitete Abwehrgesetz in Kraft. Es regelt, dass Unternehmen für mögliche Kosten und Verluste Entschädigung von US-Seite verlangen können, was jedoch als problematisch gilt. Das Abwehrgesetz hat deshalb eher symbolischen Charakter. Theoretisch eröffnet es sogar die Möglichkeit, EU-Unternehmen zu bestrafen, die sich ohne eine EU-Ausnahmegenehmigung an die US-Sanktionen halten. Dass diese Möglichkeit genutzt wird, gilt aber als sehr unwahrscheinlich.
Nach Angaben der Deutsch-Iranischen Handelskammer muss jetzt jedes Unternehmen prüfen, «inwieweit es für die Amerikaner erreichbar ist». «Ein Unternehmen, das über eigene Niederlassungen in den USA verfügt oder amerikanische Eigentümer hat, wird sicher eher zu einer negativen Antwort kommen. Aber zahlreiche Mittelständler werden am Iran-Geschäft festhalten», sagte Vereins-Geschäftsführer Michael Tockuss NDR Info.
Der Autobauer Daimler legte seine Pläne für den Iran vorerst auf Eis. «Wir haben unsere ohnehin eingeschränkten Aktivitäten im Iran nach Massgabe anwendbarer Sanktionen bis auf weiteres eingestellt», hiess es in einer Stellungnahme vom Dienstag. Zuvor hatten «Stuttgarter Zeitung» und «Stuttgarter Nachrichten» darüber berichtet.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer warnte, sehenden Auges zuzulassen, das Atomabkommen und damit den grössten diplomatischen Erfolg der letzten Jahre zunichtezumachen. «Jeder Tag mehr Unsicherheit für deutsche Unternehmen, die im Iran produzieren oder Handel treiben, ist einer zu viel», so der FDP-Politiker.
Die Linke forderte die Bundesregierung auf, Trumps «Vorbereitungen für einen neuen verheerenden Krieg im Nahen Osten entgegenzutreten». Die deutsche Aussenpolitik dürfe nicht weiter den «katastrophalen Regime-Change-Kurs der USA unterstützen, will sie nicht dabei mithelfen, eine ganze Region dauerhaft zu zerstören», sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sevim Dagdelen.
Die Sanktionen waren im Zuge des Atomdeals der UN-Vetomächte und Deutschlands mit dem Iran vom Juli 2015 ausgesetzt worden. Trump hatte im Mai den einseitigen Ausstieg der USA aus dem Abkommen verkündet. Er kritisiert, die Vereinbarung sei untauglich dafür gewesen, den Bau einer Atombombe zu verhindern, und habe die Regierung in Teheran noch dazu mit Geld versorgt.
Mit der Wiederbelebung der Sanktionen wollen die USA unter anderem erreichen, dass der Iran keine US-Dollar erwerben und nicht mehr mit Gold und Edelmetallen handeln kann. Der Handel mit bestimmten Metallen, Rohstoffen und Industriesoftware soll unterbunden werden. Passagierflugzeuge und Flugzeugteile sollen nicht mehr an den Iran geliefert werden. Auch der iranische Automobilsektor ist betroffen.
Russland und China wichtiger
Ruhani bekräftigte am Montagabend, sein Land wolle am Atomabkommen festhalten. «Wir werden trotz der Sanktionen der Welt zeigen, das wir unser Wort halten und uns an internationale Verträge halten», sagte er im staatlichen Fernsehsender IRIB. Ruhani begrüsste die Reaktion der Europäer, von denen er nun konkrete Massnahmen erwarte. Er fügte hinzu, Russland und China hätten zugesagt, den Iran beim Verkauf von Rohöl zu unterstützen.
Die iranische Führung wird nach Auffassung des Nahost-Experten Guido Steinberg trotz der US-Sanktionen dem Druck von aussen und innen noch sehr lange standhalten. Die mögliche Strategie der USA, das Regime in Teheran zu erschüttern, werde deswegen nicht aufgehen, sagte Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik im rbb-Inforadio.
Allerdings sei die iranische Führung gespalten, so Steinberg. Es gebe einerseits Leute, die für einen eher harten Kurs stünden. Andererseits hätten Menschen wie Staatspräsident Ruhani ihre Wahlen gewonnen, weil sie auf Wirtschaftsreformen und eine Aufhebung der Sanktionen setzten. «Deren ursprüngliche Strategie ist aus meiner Sicht vollkommen zerstört worden durch die Amerikaner», sagte der Nahost-Experte.
«Die Situation im Land ist katastrophal», erklärte Steinberg – und nannte als Beispiele die Arbeitslosigkeit und die Abwertung der Landeswährung. Wie die iranische Führung eine wirtschaftliche Lösung auf diese Probleme finden will, sei kaum vorstellbar. (awp/mc/ps)