Washington – Nach der Veröffentlichung des Berichts zur Russland-Affäre ringen die US-Demokraten um eine Strategie zum weiteren Umgang mit den Erkenntnissen. Während prominente Vertreter des linken Flügels die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump fordern, geht die Führungsriege der Partei zurückhaltender vor.
FBI-Sonderermittler Robert Mueller hatte in seinem am Donnerstag veröffentlichten Bericht zwei grosse Komplexe untersucht. Es ging darum, ob Trumps Team geheime Absprachen mit Vertretern Russlands bei den mutmasslich russischen Einmischungsversuchen in den Wahlkampf 2016 getroffen hat, und ob Trump die Justiz behinderte.
Nach den Erkenntnissen Muellers gab es «zahlreiche» Kontakte zwischen Trumps Wahlkampflager und Vertretern Russlands, aber keine Beweise für eine Straftat.
Ausserdem listet der Bericht diverse Versuche Trumps auf, die Untersuchungen zu beeinflussen. Behinderung der Justiz werfen die Ermittler ihm aber nicht explizit vor. Die Einflussversuche des Präsidenten seien meist daran gescheitert, dass Mitarbeiter seinen Anweisungen nicht gefolgt seien.
Uneinigkeit über «Impeachment»
Die Demokraten sehen in Muellers Bericht jede Menge belastendes Material gegen den Präsidenten und treiben ihre eigenen Untersuchungen im Kongress weiter voran. Dabei wollen sie unter anderem Sonderermittler Mueller anhören.
Uneinigkeit herrscht aber in der Frage, ob schon jetzt die Grundlage für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegeben ist. Die demokratische Senatorin und Präsidentschaftsbewerberin Elizabeth Warren forderte das Repräsentantenhaus am Freitag auf, die Schritte für ein solches «Impeachment» gegen Trump einzuleiten.
Warren schrieb auf Twitter, Muellers Bericht habe gezeigt, dass eine ausländische Regierung versucht habe, die Wahl 2016 zugunsten Trumps zu manipulieren, und dieser die Hilfe auch angenommen habe. Nach der Wahl habe Trump dann mehrfach versucht, die Ermittlungen in dem Fall zu behindern.
Dies zu ignorieren, «würde dem Land massiv und nachhaltig schaden» und Trump wie auch dessen Nachfolgern suggerieren, dass jeder Präsident «seine Macht auf ähnliche Weise missbrauchen kann», erklärte Warren. Die prominente Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez erklärte ebenfalls ihre Unterstützung für ein Amtsenthebungsverfahren.
Wenig Aussicht auf Erfolg
Der demokratische Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, hatte solchen Bemühungen zuletzt eine Absage erteilt. Sein Parteikollege Adam Schiff verwies am Sonntag darauf, dass ein Amtsenthebungsverfahren wahrscheinlich keinen Erfolg haben werde, weil die Republikaner zu Trump hielten.
Es könne aber sein, dass man es trotzdem versuchen werde. Als demokratische Fraktion müsse man entscheiden, was das Beste für das Land sei, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses dem Sender ABC News.
Das Repräsentantenhaus kann ein Amtsenthebungsverfahren beschliessen und den Präsidenten damit quasi anklagen. Das Verfahren – das einem Gerichtsprozess ähnelt – würde dann aber im Senat geführt, wo auch ein Urteil fällt. Diese Kammer dominieren Trumps Republikaner, die bislang fast geschlossen hinter dem Präsidenten stehen.
Kaum Kritik von Republikanern
Nach der Vorlage des Berichts kam aus den Reihen der Konservativen im Kongress nur wenig Kritik. Die deutlichsten Worte fand der frühere Präsidentschaftskandidat Mitt Romney, der erklärte, das Ausmass von Unehrlichkeit im höchsten Amt des Landes widere ihn an.
Er sei entsetzt darüber, dass es in Trumps Wahlkampflager eine Bereitschaft gegeben habe, Hilfe von Russland anzunehmen. Romney bezog sich dabei auf ein Treffen von Mitgliedern aus Trumps Team, das zustande kam, weil dem ältesten Sohn des heutigen Präsidenten kompromittierendes Material über Hillary Clinton versprochen worden war.
Trumps Anwalt Rudy Giuliani sagte am Sonntag, es sei nichts Falsches dabei, Informationen von Russen anzunehmen. Er selbst hätte davon abgeraten, aber es sei kein Verbrechen, sagte Giuliani dem Sender CNN.
Trump beharrte unterdessen darauf, dass der Bericht ihn entlastet habe. Auf Twitter schrieb er mehrfach, dass es keine geheimen Absprachen seines Wahlkampfteams mit Russland gegeben und dass er auch nicht die Justiz behindert habe. Zugleich kritisierte der Präsident die Ermittlungen erneut scharf. (awp/mc/ps)