Washington – Nur zwei Tage nach der einseitigen Aufkündigung des Atomdeals hat die US-Regierung erstmals neue Sanktionen gegen den Iran verhängt. In Zusammenarbeit mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) solle die Geldversorgung der Revolutionsgarden unterbrochen werden, erklärte Finanzminister Steven Mnuchin am Donnerstag. Die europäischen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens bemühten sich unterdessen weiter um Schadensbegrenzung und eine Rettung des Abkommens.
US-Präsident Donald Trump hatte das Atomabkommen am Dienstag aufgekündigt. Alle wegen des Abkommens ausgesetzten Sanktionen sollen in Kürze wieder in Kraft treten. Zudem kündigte Trump an, seine Regierung werde schon bald zusätzliche Sanktionen verhängen. Das Abkommen sollte es dem Iran unmöglich machen, Atomwaffen zu entwickeln. Im Gegenzug waren lähmende Wirtschaftssanktionen aufgehoben worden.
Geldversorgung der Revolutionsgarden stoppen
Mnuchin betonte in Washington, Mittelsmänner des iranischen Regimes und der Zentralbank hätten die VAE in Dubai den Vereinigten Arabischen Emiraten örtliche Währung im Wert von Millionen US-Dollar für die Revolutionsgarden gewechselt, fügte Mnuchin hinzu. Mit dem Geld seien terroristische Aktivitäten der Al-Quds-Brigaden, der Eliteeinheit der Revolutionsgarden, finanziert worden. Neun beteiligte Individuen und Firmen würden daher auf die Sanktionsliste gesetzt.
Die USA haben die Revolutionsgarden als Terrororganisation eingestuft. Sie versorgen Washington zufolge mit dem Iran verbundene Terrorgruppen und Milizen, etwa in Syrien und im Libanon. «Wir sind entschlossen, die Geldflüsse der Revolutionsgarden abzuschneiden, egal wo sie herkommen und hinfliessen sollen», sagte Mnuchin. Er dankte ausdrücklich den Behörden in den Emiraten für ihre Hilfe bei dem Vorgehen gegen die Geldwechsler der Revolutionsgarden.
Merkel: «Krieg und Frieden»
Kanzlerin Angela Merkel bekräftigte in einem Telefonat mit Irans Präsidenten Hassan Ruhani, wie auch Frankreich und Grossbritannien an dem Atomabkommen festzuhalten. Dafür müsse aber auch Teheran seine Verpflichtungen weiter erfüllen. Ähnlich äusserte sich auch die britische Premierministerin Theresa May. Ruhani forderte bei dem Gespräch, dass die Probleme mit den europäischen Banken gelöst würden, damit der iranische Öl- und Gasverkauf reibungslos verlaufen könne, teilte das Präsidentenamt in Teheran mit.
Merkel warnte angesichts des militärischen Schlagabtausches zwischen Israel und dem Iran in Syrien, es gehe «wahrlich um Krieg und Frieden». Russlands Aussenminister Sergej Lawrow zeigte sich bei einem Treffen mit Bundesaussenminister Heiko Maas in Moskau beunruhigt und forderte, die Spannungen zwischen Israel und dem Iran im Dialog zu lösen.
Nein zu «Gruppendenken» in der Diplomatie
Der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, erteilte einem «Gruppendenken» in der Diplomatie jedoch eine Absage. Nur wenige Stunden nach seinem Amtsantritt am Dienstag hatte er mit der Forderung nach einem «sofort» beginnenden Rückzug deutscher Unternehmen aus dem Iran für Ärger gesorgt. Am Freitag legte er nach. Er habe «einen anderen Stil», sagte Grenell den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Da will ich ganz ehrlich sein.»
Grenell sagte weiter: «Die Diplomatie, die im Gruppendenken verhaftet ist, hat grossen Schaden angerichtet: Nordkorea ist auf dem Weg zur Atommacht – und in Syrien findet seit Jahren ein Völkermord statt.» Auf die Frage, was mit deutschen Firmen geschehen solle, die weiter Geschäfte mit dem Iran machen, sagte Grenell: «Diese Frage muss die deutsche Regierung beantworten, nicht wir.»
Warnung vor neuem Flächenbrand
UN-Generalsekretär António Guterres rief die Konfliktparteien im Nahen Osten zu einem sofortigen Ende der Feindseligkeiten auf und warnte vor einem «neuen Flächenbrand» in der Region. Guterres habe die Berichte über die Angriffe auf den Golanhöhen und in Syrien in der Nacht zum Donnerstag mit grösster Besorgnis verfolgt, sagte sein Sprecher Stéphane Dujarric. Die anschliessende Normalisierung der Lage wiederum habe der UN-Chef «mit Erleichterung» aufgenommen, heisst es in der am Donnerstagabend verbreiteten Erklärung.
Teheran dementierte am Freitag eine iranische Beteiligung an den Raketenangriffen auf israelische Armeeposten tags zuvor auf den Golanhöhen. Israel benutze «frei-erfundene und grundlose» Unterstellungen, um Angriffe auf syrische Ziele zu rechtfertigen, sagte Aussenamtssprecher Bahram Ghassemi. Er kritisiere auch die Reaktion der internationalen Gemeinschaft. Damit werde «dem zionistischen Regime (Israel) nur grünes Licht für weitere Aggressionen gegeben, die die Region nur unsicherer und instabiler machen.» (awp/mc/pg)