USA – Vorbild für Europa?

James Swanson, Chief Investment Strategist von MFS Investment Management.

Zürich, 7. Juni 2012 – Die jüngsten Wahlen in Frankreich und Griechenland zeigen, wie schwierig es ist, unpopuläre Sparmassnahmen politisch durchzusetzen.

Von James Swanson, Chief Investment Strategist von MFS Investment Management

Die jüngsten Wahlen in Europa haben eine neue, globale Vertrauenskrise ausgelöst. Während sich die Krise im vergangenen Jahr auf den Bankenzusammenbruch bezog, der sich auf die ganze Eurozone auszubreiten drohte, ist dieses Jahr eine andere Art des Misstrauens zu beobachten: Jüngste Wahlergebnisse haben dafür gesorgt, dass zwei auf Schuldenabbau fokussierte Regierungen entmachtet wurden. In Frankreich traf es den Präsidenten, der abgewählt wurde. In Griechenland fordert der linke Flügel der neu gewählten Legislative eine Neuverhandlung des, wie er es selber nannte, “barbarischen” Sparpakets, welches von der ehemaligen Regierung abgesegnet wurde. Die Politiker betrachten das Timing der geplanten Budgetkürzungen, welche inmitten einer Rezession stattfinden, werden, aus einer neuen Optik. Und es scheint, als wären sie zur Einsicht gekommen, dass Wachstum und Sparen nicht kompatibel sind. Aber ist dies wirklich so? Ist die entscheidende Frage nicht eher, wer oder was dafür sorgen könnte, dass das Wachstum so gestützt wird, damit die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs gebracht und entschlackt werden kann?

Falsche Versprechen der politischen Leader
Die Defizitfinanzierung in einigen zentral- und peripheren europäischen Ländern sowie in den USA hat dafür gesorgt, dass sich die Schuldenberge jener Länder nicht mehr in einem gesunden proportionalen Verhältnis zu ihrer Grösse und Wachstum befinden. Die europäischen Wähler scheinen mit ihrem Wahlverhalten ihren Regierungen nun mitzuteilen, dass sie einen anderen Ausweg aus dem Budgetschlamassel finden sollen. Nur wie sieht dieser andere Weg aus? Niemand scheint es zu wissen. Die Überschuldung Europas und der USA ist ein signifikantes Problem. In Europa ist die Schuldenkrise aber ein Symptom und nicht etwa Ursache der Probleme. Es ist offensichtlich, dass die Lohnkosten zu hoch sind, um in Europa zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren zu können. Diese Problematik zeigt sich besonders in den peripheren europäischen Staaten. Sinkende Marktanteile im Export und ein unflexibler, teurer Bestand an Arbeitskräften sind die Markenzeichen dieser Länder. Mit dem Ziel Macht zu gewinnen, haben politische Leader ihren Wählern gegenüber Versprechen abgegeben, die darauf abzielten, dass Leben zwar angenehmer, nicht aber die Wirtschaft konkurrenzfähig zu gestalten. Als Resultat wächst der Regierungsapparat, nicht aber der private Sektor. Und das Schlüsselsymptom dieser Fehlentwicklung, die Schuldenlast, schreitet unbarmherzig weiter voran.

Hollande auf dem Holzweg 
Frankreich dient als Anschauungsbeispiel dafür. Die französischen Wähler zeigten sich begeistert von  den mutigen und aufregenden Ideen des neuen Präsidenten François Hollande. Der Sozialist Hollande will das Rentenalter herab- nicht heraufsetzen, wie es sein Vorgänger Sarkozy anstrebte. Hollande setzt sich für die 35-Stundenwoche ein und will einen besseren Schutz für die Arbeitnehmer. Genau diese Faktoren jedoch sorgten bei der zweitgrössten Wirtschaft Europas für den Einbruch im Export. Die französische Wirtschaft lebt zu 55% von den Regierungsausgaben. In den USA sind es zum Vergleich nur 25%. Hollande dürfte richtig liegen in der Annahme, dass der Zeitpunkt für einen Schnitt bei den Ausgaben ungünstig ist. Doch es scheint, als sei es gar nicht der Plan, diesen Schnitt irgendwann zu vollziehen. Viel eher macht es den Eindruck, dass ein Ausgabenschnitt überhaupt kein Thema ist. Tatsächlich scheint Hollande mit seinen Versprechen nicht nur die Symptome zu ignorieren sondern gar die aktuellen Probleme zu verschlimmern. In Griechenland und Spanien ist die gleiche Entwicklung zu beobachten. Auch die USA haben Schuldenprobleme. Aber im Vergleich zu den hohen Lohnkosten in Europa liegen jene in den USA relativ tief und sind konkurrenzfähig. Zudem zieht die Wirtschaft in den USA wieder an. Da drängt sich die Frage auf, was die Amerikaner im Vergleich zu den Europäern besser machen.

Arbeitsmarkt flexibilisieren
Die Amerikaner haben grundsätzlich nichts neu erfunden. Es handelt sich hierbei schlicht um die Grunddebatte zwischen Keynesianer und den Ökonomen der Chicagoer Schule. Es scheint, als dass die Flexibilität und Widerstandsfähigkeit des US-Arbeitsmarktes einige entscheidende wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Hollande sollte daher davon absehen, durch weitere Stärkung der Arbeitsrechte für mehr Wohlstand in Frankreich sorgen zu wollen. Der richtige Weg zu Wachstum und ausgeglichenen Bilanzen liegt stattdessen in der Stärkung der Wirtschaft durch den Markt selber und nicht durch staatliche Interventionen. (MFS/mc/hfu)

Über MFS
MFS Investment Management ist ein global tätiger Vermögensverwalter mit Investmentbüros in Boston, London, Mexico City, Singapur, Sydney und Tokio. Die Ursprünge des Unternehmens reichen bis zum 21. März 1924 und der Gründung des ersten offenen Publikumsfonds in den USA zurück. Für Privatkunden und institutionelle Anleger in aller Welt verwaltet MFS Vermögen im Wert von 284,8 Mrd. US-Dollar (Stand: 31. März 2012). In der Deutschschweiz ist MFS unter der Leitung von Anna Bretschneider und in der Westschweiz von Alain Dupierre vertreten.

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