UZH / ETH: Neuer Ansatz zur Erforschung von Entscheidungsprozessen im Gehirn

Christoph Hock

Prof. Christoph Hock, Prorektor für Medizin und Naturwissenschaften der Universität Zürich. (Foto: UZH)

Zürich – Mit neurowissenschaftlichen Untersuchungen an der stirnseitigen Hirnregion sollen die Ursachen kognitiver Störungen, wie sie beispielsweise bei der Schizophrenie auftreten, erforscht werden. Das Gesuch für eine tierexperimentelle Studie mit neuartigem Ansatz wurde vom Veterinäramt des Kantons Zürich auf Antrag der Tierversuchskommission bewilligt. Dagegen hatte eine Minderheit der kantonalen Tierversuchskommission rekurriert. Der Zürcher Regierungsrat hat nun diesen Rekurs abgewiesen und das Gesuch bestätigt.

Der präfrontale Cortex ist der Gehirnteil, der dem Menschen viele seiner kognitiven Fähigkeiten erlaubt. Forschende vom Institut für Neuroinformatik der Universität Zürich und der ETH Zürich wollen nun mittels neuentwickelter Methode die komplexen Nervennetze im präfrontalen Cortex und ihr Zusammenspiel aufschlüsseln, wie die Universität in einer Mitteilung schreibt. Auf dieser Grundlage versprechen sich die Wissenschaftler wegweisende Ansätze für die künftige Behandlung von psychischen Erkrankungen.

Die Universität und die ETH Zürich begrüssen den Entscheid des Regierungsrates des Kantons Zürich, der den Rekurs gegen die Gesuchsbewilligung des Veterinäramtes abgewiesen und die Bewilligung für die Studie bestätigt hat. Der Entscheid ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

«Für die Prüfung neuer Ansätze bei Krankheiten wie etwa Schizophrenie oder bipolare Störungen sowie die Entwicklung neuer Therapien, ist ein besseres und grundlegendes Verständnis der Funktionsweise des Gehirns unabdingbar», wird Prof. Christoph Hock, Prorektor für Medizin und Naturwissenschaften der Universität Zürich, in der Mitteilung zitiert. Trotz modernster bildgebender Verfahren sei die Abbildung von Prozessen im menschlichen Gehirn gegenüber tierexperimentellen Techniken nach wie vor sehr limitiert. Deshalb gingen viele Erkenntnisse, wie der menschliche präfrontale Cortex funktioniert, auf Studien mit nicht-menschlichen Primaten zurück, da sie neben dem Menschen und Menschenaffen als einzige über einen ähnlich strukturierten präfrontalen Cortex verfügten.

Wichtige Erkenntnisse über das Entscheidungsverhalten
In der Studie sollen an Makaken das Entscheidungsverhalten und die zugrundliegenden neuronalen Prozesse untersucht werden. Dabei lösen drei Tiere Verhaltensaufgaben, wie sie bei Menschen zur Untersuchung von psychischen Erkrankungen angewendet werden. Gleichzeitig wird die Aktivität des präfrontalen Cortex’ gemessen und mit einem neuentwickelten Algorithmus analysiert. «Aufgrund der sehr ähnlichen Hirnstrukturen von Mensch und Affe können wir mit diesen neurowissenschaftlichen Erkenntnissen auf die Abläufe im menschlichen Gehirn schliessen», erläutert Prof. Valerio Mante, der das Forschungsprojekt leitet.

Grosse Bedeutung für Forschungsplatz Schweiz
«Die Studie knüpft an die früheren, zukunftsweisenden Forschungsarbeiten des Gesuchstellers an der Stanford University an und ist für die Universität Zürich als anerkanntes Zentrum für Hirnforschung sowie den Forschungsplatz Schweiz von grosser Bedeutung», sagt Hock. Er weist zudem daraufhin, dass die Tierhaltung und die Tierstudie regelmässig vom kantonalen Veterinäramt und der Tierversuchskommission sowie von den Tierschutzbeauftragten der UZH kontrolliert werden.

Policy der Universität Zürich und der ETH Zürich zur tierexperimentellen Forschung
Die Universität Zürich und die ETH Zürich seien sich der grossen Verantwortung bewusst, die mit jeder tierexperimentellen Forschung einhergehe, heisst es weiter. Sie regelten diese mit strengen Policies, die sich auf die Grundsätze von «swissuniversities» und auf die Schlüsselpositionen der «Basler Deklaration» sowie die Umsetzung der 3R-Prinzipien «Replace, Reduce, Refine» (Vermeiden, Verringern, Verbessern) stützen. Darum werde in die geplante Studie nur die kleinstmögliche Anzahl Tiere eingebunden (Reduce) und die Belastung für die Tiere auf ein Minimum reduziert (Refine).

Ziele der neurowissenschaftlichen Untersuchungen
Die Hirnforschung versucht, die Abläufe im Gehirn besser zu verstehen und damit auch die Ursachen von schwerwiegenden psychischen Krankheiten wie Schizophrenie oder bipolaren Störungen. Bei Betroffenen von Schizophrenie und bipolaren Störungen können kognitive Fähigkeiten wie Entscheidungsverhalten, Arbeitsgedächtnis und kognitive Kontrolle schwer beeinträchtigt sein. Es ist für sie etwa schwierig, Reize kontextbezogen einzuordnen, zu priorisieren und wichtige von unwichtigen Reizen zu unterscheiden. Die Lebensqualität der Patienten und Patientinnen ist stark eingeschränkt. Herkömmliche medikamentöse Therapien sind nach wie vor unbefriedigend und bringen teilweise massive Nebenwirkungen mit sich. (Universität Zürich/mc/ps)

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