UZH: Familienleben als Sprungbrett für gemeinsame Jungenaufzucht

Unglückshäher: Ihre Jungen leben auch nachdem sie ausgewachsen sind in Familienverbünden. Die Vögel brüten jedoch nicht kooperativ. (Bild: UZH)

Zürich – Viele Vögel verzichten auf eigenen Nachwuchs, um anderen zu helfen, ihre Jungen grosszuziehen. Über den Hervorgang der sogenannten kooperativen Brutpflege sind sich Forscher uneinig. Nun zeigt ein UZH-Evolutionsbiologe mit einem neuen Ansatz, dass das Familienleben zentral ist für die Evolution der kooperativen Brutpflege.

Die kooperative Brutpflege ist unter Wirbeltieren weit verbreitet. Etwa 15 bis 25 Prozent der Vogelarten setzen bei der Aufzucht ihrer Jungen auf kooperatives Brüten. Der Grund dafür wird kontrovers diskutiert. Frühere Studien nennen zwei ökologische Faktoren, die bei der gemeinsamen Jungenaufzucht mitspielen: Kooperatives Brüten tritt dann auf, wenn die Jungen Mühe haben, ein eigenes Territorium zu finden. Oder: Die Umweltbedingungen sind unvorhersehbar wechselhaft, so dass Helfer das Versagensrisiko bei der Nestpflege reduzieren können. Der UZH-Evolutionsbiologe Michael Griesser führt in seiner neuen Studie diese ökologischen Faktoren in einem zweistufigen Modell zusammen und zeigt, dass das Familienleben für die Entwicklung der kooperativen Brutpflege bei Vögeln zentral ist.

Vergleich von rund einem Drittel aller Vogelarten
Ein einheitliches Merkmal der kooperativ brütenden Vogelarten ist, dass sie in Familien leben. Allerdings wurde bis anhin übersehen, dass zwar viele Arten in Familien leben aber nicht kooperativ brüten. Gestützt auf diese Idee verglich Michael Griesser gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam Daten von rund 3000 Vogelarten – in Bezug auf ihr Sozialverhalten und anhand naturhistorischer Aspekte. Dabei untersuchten die Wissenschaftler, ob die Vögel in Familienverbünden lebten oder nicht, und ob sie auch kooperative Brutpflege betrieben oder nicht.

Zweistufiger Evolutionsprozess
Mittels phylogenetischer Analysen zeigen die Forschenden: Kooperativ brütende Vögel stammen von Vorfahren ab, die zwar in Familienverbünden lebten, die ihre Jungen aber nicht kooperativ aufzogen. Die Entwicklung der kooperativen Brutpflege kann folglich als zweistufiger Prozess betrachtet werden: Ein relativ überfülltes Territorium bringt Vögel dazu, in Familienverbünden zu leben. Erst anschliessend, wenn die Umgebungsbedingungen unvorhersehbar variieren, und sich dadurch die Nestpflege erschwert, entwickelt sich die kooperative Brutpflege in Familienlebensarten. «Das Familienleben ist in der Evolution der kooperativen Brutpflege ein wichtigs Sprungbrett», fasst der UZH-Evolutions-biologe zusammen.

Modell erklärt geografische Verteilung
Griessers Modell liefert eine Erklärung für die geographische Verteilung der Vögel, die ihre Jungen gemeinsam aufziehen: Kooperative Brutpflege kommt überproportional in Australien, Südafrika und im Norden von Südamerika vor. «Diese Länder und Regionen waren dramatischen klimatischen Veränderungen ausgesetzt, was die Evolution der kooperativen Brutpflege begünstigte», schliesst Michael Griesser. (UZH/mc/ps)

Literatur:
Michael Griesser, Szymon M. Drobniak, Shinichi Nakagawa, Carlos A. Botero. Family living sets the stage for cooperative breeding and ecological resilience in birds. PLOS Biology. June 21, 2017. https://doi.org/10.1371/journal.pbio.2000483

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