Verbesserte Wachstumsaussichten sorgen für neue Probleme

Verbesserte Wachstumsaussichten sorgen für neue Probleme
Martin Rossner, Gründer und Geschäftsführer von ThirdYear Capital. (Foto: pg)

Während China neue Wachstumsimpulse setzt, kann die USA die Inflation senken. Aber die Risiken in den USA und Europa bleiben vorhanden.

von Martin Rossner, Gründer und Geschäftsführer von ThirdYear Capital

China beginnt das Jahr mit einem Wachstumsimpuls: Zusätzlich zur Covid-Öffnung diskutieren chinesische Offizielle über die Emission von neuen Kommunal-Staatsanleihen im Jahr 2023. Laut Bloomberg geht es hier um eine Rekordquote von 561 Milliarden US-Dollar. Dies würde das Fiskaldefizit von 2,8 Prozent von 2022 bei zahlreichen Einschränkungen der Zero-Covid-Politik, auf drei Prozent im Jahr 2023 erhöhen und dies ergänzend zur Öffnung der Wirtschaft. Die wiederkehrenden Lockdowns der Vergangenheit waren vor allem für die inländische Nachfrage bremsend – wie man am Einkaufsmanagerindex der Dienstleister sehen kann – und hatten damit einen deflationären Einfluss auf die Kerninflation. Im Anschluss an die Öffnung der Wirtschaft ist davon auszugehen, dass sich der Einkaufsmanagerindex zumindest in der Nähe der langfristigen Durchschnittswerte einpendeln wird. Auch der Häusermarkt in China soll gestützt werden. Für den Rest der Welt bedeutet dies, dass China bei der Inflationsbekämpfung vorerst weniger unterstützend wirkt.

Entwicklung der Inflation in China

Erwartungen in den USA höher als im Vorjahresvergleich
Im Gegensatz dazu stehen die westlichen Märkte, die hinsichtlich der Inflations- und Rezessionsrisiken immer optimistischer werden. Die marktbasierten kurz- und langfristigen Inflationserwartungen sind in den USA die letzten Wochen deutlich gefallen. Der einjährige Inflations-Swap in den USA befindet sich bereits wieder bei zwei Prozent. Auch wenn sich die Gewinnschätzungen der Unternehmen für 2023 in den letzten Wochen nach unten revidiert wurden, bleiben die Erwartungen höher als im Vorjahresvergleich. Fallende Lohnwachstumsraten bei niedriger Arbeitslosigkeit bestätigten kürzlich die Aussichten auf ein „Soft-landing-Szenario“, in dem die Renditeerwartung für die meisten Anlageklassen positiv bleibt. Neue Risiken kommen möglicherweise durch eine überraschend robuste Gesamtkonjunktur, verursacht durch einen starken Arbeitsmarkt und steigende Reallöhne. Dies könnte im Laufe der kommenden Monate dazu führen, dass die Inflationsrisiken wieder zurückkehren. Wie in den 1970ern bis in die frühen 1980er Jahre hinein, könnte es in diesem Szenario mehrere Wellen von finanzieller Straffung geben, die aktuell an den Finanzmärkten nicht eingepreist sind. Für das zweite Halbjahr werden aktuell sogar Zinssenkungen von bis zu 33 Basispunkten in USA erwartet. Vor allem für Anleihe- und Währungsmärkte würde es dann wieder riskant werden.

Entwicklung der US-Zinsen

Gewinnschätzungen für europäische Unternehmen signifikant verbessert
Die europäischen Aktienmärkte haben – aufgrund stark fallendender Energiepreise – die konjunkturellen Abwärtsrisiken weitgehend aus dem Markt gepreist. Die Gewinnschätzungen der Unternehmen haben sich in den letzten Wochen signifikant verbessert – für 2023 wird eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr erwartet. Das Kerninflationsproblem, ausgelöst durch die Geldmengenausweitung während der Pandemie, bleibt aber ebenso ungelöst wie die geopolitischen Konfliktherde. Die Kerninflation kletterte im Dezember auf einen neuen Höchststand von 5,2 Prozent. Das ungelöste Inflationsproblem zeigt sich auch in den langfristigen Inflationserwartungen, die bei rund 2,3 Prozent verharren – deutlich über den Werten von vor der Pandemie. Die verbesserten Wachstumsaussichten sind allerdings nicht hilfreich, wenn es darum geht die Arbeitsmärkte zu beruhigen und den Lohndruck zu senken. Die reduzierte Liquiditätsbereitstellung der EZB und zyklische Kreditdynamik bleibt daher auch im Jahr 2023 ein Gegenwind für Vermögenspreise. (TYC/mc)

Zur Person
Martin Rossner ist Gründer und seit März 2015 Geschäftsführer von ThirdYear Capital. Zuvor sammelte er über acht Jahre Erfahrung bei der Man Group in verschiedenen Bereichen wie Global Macro Research, Risikomanagement und Asset Allocation. Er ist Träger eines Master-Abschlusses in Quantitative Economics der Universität St. Gallen und kann auf zahlreiche Weiterbildungsexamen wie CFA, CAIA und FRM verweisen.

Über ThirdYear Capital
Die Third Year GmbH ist bankenunabhängiger Anbieter „quantamentaler“ Makro-Strategie und Fondsberater des ART Global Macro (UCITS) Fonds. Das Team vereint langjährige Global Macro-Research und Investment Erfahrung bei einem führenden alternativen Asset Manager mit akademischer Präzision. Die Firma nutzt Daten und Technologien, um ein tiefes Verständnis der Volkswirtschaft systematisch und in Echtzeit auf liquide Anlageklassen anzuwenden. Das Unternehmen mit Sitz in München begann im Jahr 2015 mit der Strategie-Entwicklung und der Publikation ökonomischer Analysen. Seitdem wurde die systematische Anwendung der Strategie stetig optimiert.

Schreibe einen Kommentar