VP Bank: Dividenden haben ihre eigene Corona-Krise
Im Tiefzinsumfeld erfuhren Dividenden eine hohe Beliebtheit. Die Corona-Krise wird das nicht ändern. Aber bei der Auswahl der Aktien ist nun eine noch grössere Vorsicht geboten, denn zahlreiche Unternehmen werden ihre Ausschüttung kürzen oder gar aussetzen.
Die Entwicklung der Dividendenzahlung bei Unternehmen hat hohe Signalwirkung. Stabile Ausschüttungen über einen langen Zeitraum hinweg weisen auf eine nachhaltige und solide Geschäftsführung hin. Das wissen die Führungskräfte und sind deshalb vorsichtig, Dividenden vorschnell anzupassen. Darum sind Dividenden in Krisenzeiten wesentlich stabiler als die Gewinne, oder anders gesagt: Der Rückgang der Dividende war nie so hoch wie der Gewinneinbruch. Das laufende Geschäftsjahr könnte hingegen eine Ausnahme sein.
Das liegt aber womöglich weniger an den Unternehmen selbst, sondern an Regierungsvorgaben. Vor allem in Europa haben die Regierungen ihre Unterstützung mit zinslosen Notkrediten mit der Forderung verbunden, keine Gewinnausschüttungen an Aktionäre vorzunehmen. Die deutsche Regierung forderte, dass bis Ende Oktober solidarisch gar kein börsengelistetes Unternehmen Dividenden bezahlen sollte. Doch folgen nicht alle Unternehmen dieser Aufforderung, denn viele von ihnen weisen weiterhin solide Erträge aus.
Dividenden als Finanzierungsquelle
Zahlreiche Unternehmen werden aber von sich aus die grosszügige Ausschüttungspolitik der vergangenen Jahre überdenken. Dies liegt zum einen am Rückgang des Unternehmensgewinns. Wir gehen davon aus, dass der Jahresgewinn der US-Unternehmen, die im S&P500-Index enthalten sind, im laufenden Jahr um rund ein Drittel einbrechen wird.
Wegen des wirtschaftlichen Stillstands steigt auch der Liquiditätsbedarf der Unternehmen. Neue Schulden sind teurer geworden, weil die Finanzierungskosten krisenbedingt gestiegen sind und sie das Kreditrating gefährden. In den letzten Jahren haben die steigende Verschuldung und die aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik zu einer Verschlechterung der Bilanzen und somit der Ratings geführt. Zusätzliche Schulden bergen nun die Gefahr einer Herabstufung in das High-Yield-Segment. Viele, vor allem institutionelle Anleger, dürfen diese bonitätsschwachen Papiere aufgrund ihrer Statuten nicht kaufen. Unternehmen mit schwachen Bilanzen werden daher die Ausschüttungen an ihre Anteilseigner reduzieren oder streichen, um den externen Finanzierungsbedarf zu verringern. Neben der Sistierung von Aktienrückkäufen sind dadurch auch Dividenden betroffen.
In diesem Umfeld ist es daher entscheidend, welche Unternehmen man für das Portfolio auswählt. Anhaltspunkte geben die Bilanzen, die Bonitätsratings, die Höhe der Ausschüttungen in den vergangenen Jahren sowie die Entwicklung des Cashflows. Damit ist klar, nur die beste Qualität an Unternehmen sind für Dividendenanleger gut genug. (VP Bank/mc)