VP Bank Finanzmarktkommentar: Die Corona-Welt der Währungen
Vaduz – Der Devisenmarkt ist in Folge der Corona-Pandemie in Bewegung geraten. Währungen, die als «sichere Häfen» gelten, sind gefragt. Alle anderen Zahlungsmittel mussten zum Teil massive Kursverluste hinnehmen. Anleger mögen nun Chancen wittern. Es gilt aber, genau hinzuschauen.
Einige Währungen haben zum Dollar viel verloren, nicht nur die Notierungen der Schwellenländer, sondern auch die norwegische Krone. Das Währungsuniversum teilt sich aus Anlegersicht in vier Gruppen:
1.Gruppe: Sichere Häfen
In Krisen ist der US-Dollar Gewinner. Dies ist seinem Status als Weltreservewährung Nummer eins geschuldet. Ob nun die US-Wirtschaft unter dem Coronavirus ächzt oder die US-Verschuldung stark ansteigt, ist in akuten Gefahrenlagen nicht von Bedeutung. Was zählt, ist alleine die Funktion als weltweit anerkanntes Zahlungsmittel. Selbst der Euro konnte gegenüber den meisten Währungen seit Jahresbeginn zulegen. Damit ist auch die europäische Gemeinschaftswährung als «sicherer Hafen» einzuordnen. Beim Euro kommt hinzu, dass er als Finanzierungswährung bei gleichzeitiger Anlage in einer höherverzinslichen Währung verwendet wurde. Diese sogenannten «Carry Trades» wurden jetzt rückabgewickelt, was dem Euro zu Aufwertungen verhalf.
Als einzige wichtige Währung konnte der japanische Yen seit Jahresbeginn gegenüber dem USD aufwerten. Und natürlich zählt auch der Schweizer Franken als «sicherer Hafen», fast in Reinform. Die Schweiz gilt als Hort der Solidität. Nicht ohne Grund spricht man auch von der «Alpenfestung». Für viele Anleger bleibt die Schweiz deshalb in Krisenzeiten ein Zufluchtsort. Solange die Risiken für die Weltwirtschaft auf hohem Niveau verharren, dürften diese vier Währungen auch weiterhin Stärke gegenüber den anderen Währungen zeigen.
2.Gruppe: Schwellenländer
Schwellenländerwährungen haben deutlich verloren. Der brasilianische Real, der südafrikanische Rand oder die türkische Lira wurden nie zuvor gegenüber dem USD und dem EUR auf so schwachen Niveaus gehandelt. Dabei liesse sich die Liste noch verlängern, viele Emerging-Markets-Währungen verbuchten im Zuge der Corona-Pandemie Rekordtiefstände. Dabei spielt die Angst vor Zahlungsausfällen eine Rolle.
Viele Schwellenländer kämpfen mit einer hohen Fremdwährungsverschuldung – vor allem in USD oder auch Euro. Diese Verbindlichkeiten werden umgerechnet in die jeweilige Landeswährung aufgrund der Kursverluste grösser. Zusätzlich sind die Deviseneinnahmen wegen niedriger Rohstoffpreise gesunken. Im schlimmsten Fall droht ein Zahlungsausfall. In diesem Teufelskreis sind Südafrika und Brasilien bereits gefangen. Wir bleiben bei Emerging-Markets-Währungen vorsichtig und raten von überstürzten Käufen ab.
3.Gruppe: Die beiden Kronen
Eine spezielle Stellung nehmen die norwegische und die schwedische Krone ein. Sie sind in grossem Mass von der allgemeinen Marktstimmung abhängig. Ist die Risikofreude an den Finanzmärkten gross, profitieren sie. Im umgekehrten Fall stehen entsprechend deutliche Kursverluste zu Buche. Die zuletzt freundliche Stimmung an den Aktienmärkten half den beiden Kronen. Allerdings notiert die norwegische Krone gegenüber dem Dollar so tief wie noch nie. Das war auch der norwegischen Notenbank zu viel, die auf den Ölpreiskollaps und auf die Gefahren des Coronavirus mit zwei Zinssenkungen im März reagierte und mit Devisenmarktinterventionen drohte, um die Krone zu stützen. Erst wenn die Risikofaktoren im Jahresverlauf abebben, könnten beide Währungen gegenüber dem USD und dem EUR Zugewinne verzeichnen.
4.Gruppe: Stellvertreter für Asien
Der australische und der neuseeländische Dollar gerieten unter den wichtigsten Währungen seit Ausbruch der Corona-Krise am stärksten unter die Räder. Mit der Ausbreitung des Virus in China, dem wichtigsten Handelspartner für Australien und Neuseeland, waren beide Länder schon früh betroffen. Jüngst konnte der «Aussie Dollar», und in etwas weniger grossem Ausmass auch der «Kiwi-Dollar», einen Teil der Verluste wettmachen, zumal die Dynamik in China anzieht. Wir rechnen für beide Währungen mit Blick auf die kommenden sechs Monate mit Kursgewinnen gegenüber dem US-Dollar.
Die Folgen und Konsequenzen der Corona-Pandemie können bei allem ökonomischen Sachverstand nicht vollständig quantifiziert werden. Gerade deshalb wird die Unsicherheit wohl noch über einen längeren Zeitraum hoch bleiben. Darum werden Währungen, die sich stark bewegt haben, sich nicht einfach erholen. Währungsanleger sollten also Kaufentscheide mit Bedacht fällen. (VPB/mc)