Von Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
Das chinesische BIP wächst im zweiten Quartal 2024 um 4.7 % gegenüber dem Vorjahresquartal.
Die Erwartungen gingen von einem Zuwachs von 5.1 % aus. Im direkten Quartalsvergleich liegt das Wachstum bei 0.7 %, was ebenfalls unter der Prognose der von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragten Volkswirte von 0.9 % liegt.
Das chinesische BIP fällt mit einem Zuwachs von 0.7 % gegenüber dem Vorquartal in absoluter Betrachtung robust aus. In der Eurozone wäre man mit solchen Wachstumsraten gegenwärtig mehr als zufrieden. In China ist die Gemengelage derweil anders: Das Reich der Mitte benötigt noch immer hohe Wachstumsraten, um vom Schwellenland zur Industrienation aufzusteigen. Es sollte in diesem Zusammenhang auch daran erinnert werden, dass die Jugendarbeitslosigkeit deutlich anstieg. Die Arbeitslosenquote in der Altersklasse 16 bis 24 Jahre liegt in China bei 21 %. Jeder fünfte junge Chinese ist also ohne Arbeit. Es sind daher hohe Wachstumsraten notwendig, um auch gesellschaftlichen Unmut zu vermeiden.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die chinesischen Wachstumsraten rasch wieder auf ein höheres Niveau einschwenken. Mehr noch, die Gefahr ist gross, dass die BIP-Zuwachsraten mittelfristig noch kleiner ausfallen. Das Land steht vor zahlreichen Herausforderungen. Der Immobilienboom ist zu Ende, der Welthandel lahmt und wird durch Strafzölle gegenüber China zusätzlich erschwert und angesichts eines dramatischen demographischen Wandels als Folge der Ein-Kind-Politik wird das bisherige chinesische Wachstumsmodell in Frage gestellt.
Aus chinesischer Sicht schmerzt vor allem die Schwäche des privaten Konsums. Im Juni stiegen die Einzelhandelsumsätze nur noch um 2 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Botschaft lautet: Der Welthandel schwächelt und gleichzeitig gelingt es China nicht, binnenwirtschaftliche Impulse zu setzen. Das sind keine guten Voraussetzungen für die kommenden Quartale. Die Wachstumsraten dürften noch geringer ausfallen.