Das deutsche BIP stagniert einer ersten Schätzung zufolge im ersten Quartal 2023. Das Wachstum enttäuscht auf ganzer Linie. Nach einem Rückgang im 4. Quartal 2022 stagniert die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal. Damit befindet sich die deutsche Volkswirtschaft an der Grenze zur Rezession.
von Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank
Dass die deutsche Wirtschaft nicht schrumpf, ist vor allem besseren Lieferbedingungen im verarbeitenden Gewerbe zu verdanken. Die Verfügbarkeit von Vorprodukten hat sich in vielen Bereichen normalisiert und auch die niedrigeren Energiepreise halfen der Produktion von energieintensiven Produkten. Auch im Bauhauptgewerbe sollte die Produktion zugelegt haben: Nicht etwa aufgrund einer wieder höheren Nachfrage, sondern aufgrund der milderen Witterung in den ersten beiden Monaten des Jahres.
Der private aber auch der öffentliche Konsum dämpfen das Wachstum hingegen. Die hohen Inflationsraten zeigen beim privaten Konsum ihr hässliches Gesicht. Zwar ist im Dienstleistungssektor eine Normalisierung erkennbar, doch der Wareneinzelhandel leidet. Die Einzelhandelsumsätze brechen in realer Betrachtung so stark ein, wie es zuletzt in der ersten Hälfte der 1980er Jahre der Fall war. Kein Wunder also, dass das Wachstum leidet.
Im ersten Quartal waren eine Reihe von Sondereffekte am Werk, die ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft verhinderten. Dazu zählten die Nachholeffekte in der deutschen Industrie aufgrund der wieder besser funktionierenden Lieferketten und auch eine witterungsbedingte Sondereffekte im Bauhauptgewerbe. Die hohen Inflationsraten und auch die deutlichen Zinsanhebungen der EZB werden in den kommenden Quartalen noch deutlicher sichtbar werden. Die deutsche Wirtschaft hat ihren Ritt auf der Rasierklinge zwischen Rezession und Stagnation begonnen. Im weiteren Jahresverlauf wird es immer deutlicher in Richtung Rezession gehen, insbesondere dann, wenn die Sondereffekte nicht mehr wirken. (VP Bank/mc)