Von Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
Die US-Notenbank Fed bleibt im Eilmodus. Es geht um weitere 75 Basispunkte nach oben und damit zum vierten Mal in dieser Grössenordnung. Das Zinsniveau erreicht damit 4 %. Die hohe Inflationsrate, ein gutlaufender Arbeitsmarkt und ein solides Wachstum im dritten Quartal liessen der Fed keine Alternative.
Der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, signalisierte nun aber eine Drosselung der geldpolitischen Straffungsgeschwindigkeit. Das Tempo des aktuellen Zinsanhebungszyklus ist schon jetzt höher als bei den Straffungsperioden in den vergangenen vier Jahrzehnten.
Wegen dieser geldpolitischen Vehemenz nehmen die Risiken einer sehr harten Landung der US-Wirtschaft zu. Es ist deshalb verständlich, dass Powell einen Schritt zurückrudert und nun kleinere Zinsschritte in Aussicht stellt. Auf der Zinssitzung im Dezember dürfte deshalb eine Zinserhöhung um «lediglich» 50 Basispunkte auf der Agenda stehen.
Um aber nicht den Eindruck einer lockeren Handhabung der Inflationsentwicklung zu erwecken, machte Powell auch deutlich, dass die Leitzinsen vermutlich über das Zinsniveau steigen werden, das bislang aus den Projektionen der Fed-Verantwortlichen abzulesen war. Das Motto lautet also: langsamer, aber dafür mehr. Das Leitzinshoch dürfte somit im Bereich von 5 % oder leicht darüber zu sehen sein.
Dass die Fed aber deutlich über 5 % hinausgehen wird, erscheint uns als nicht wahrscheinlich. Es gibt mittlerweile zahlreiche Indikatoren, die in den kommenden Monaten auf einen nachlassenden Teuerungsdruck hinweisen. Dazu gehören steigende Lagerbestände von Einzelhändlern bei gleichzeitig nachlassenden Verkäufen. In der Vergangenheit war diese Konstellation stets ein verlässliches Signal für einen nachlassenden Preisdruck.
Und es sollte auch nicht vergessen werden, dass die sich abzeichnende Rezession ihren Teil zur Eindämmung der hohen Inflationsraten leisten wird. Wenn nun die US-Wirtschaft zur Schwäche neigt und der Teuerungsdruck nachlässt, ist es tatsächlich an der Zeit eine gemässigtere Gangart einzuschlagen. Die November-Zinssitzung markiert damit den Anfang vom Ende der geldpolitischen Straffungen. Das Zinshoch ist in Sichtweite. Die meiste Arbeit der Fed ist erledigt. (VP Bank/mc/ps)