VP Bank Spotanalyse Eurozone: EZB nimmt Zinssenkung im Juni ins Visier
Von Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
Die EZB lässt ihre Geldpolitik unverändert und klingt zufrieden. Eine Zinssenkung im Juni scheint möglich.
Bleibt ein unvorhersehbarer externer Schock aus, wird die EZB im Juni ihre Leitzinsen senken. Die EZB lässt sich zwar nicht ganz in die Karten schauen, doch die Hinweise sind klar. Im Pressetext heisst es: «Sollte seine aktualisierte Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission die Zuversicht des EZB-Rats weiter stärken, dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert annähert, wäre eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung angemessen.» Das heisst im Klartext: Eine Zinssenkung im Juni ist wahrscheinlich.
Christine Lagarde klang in ihren Ausführungen ebenfalls zufrieden. Die Inflation sei weiter zurückgegangen und auch bei den meisten Messgrössen der zugrunde liegenden Inflation sei eine Entspannung zu verzeichnen. Das Lohnwachstum schwäche sich ab und die Unternehmen haben über ihre Gewinne einen Teil der steigenden Arbeitskosten aufgefangen. Die EZB bleibt jedoch datenabhängig und legt sich nicht im Voraus fest. Im Juni liegen weitere Konjunkturzahlen vor, dann werden auch die neuen Projektionen der EZB-Volkswirte präsentiert. Auf dieser Basis wird dann entschieden. Allerdings dürften sowohl die Daten als auch die Projektionen der EZB-Volkswirte in die richtige Richtung weisen.
Wird im Juni ein Zinsschritt nach unten vollzogen, werden weitere Lockerungen folgen. Lediglich eine Zinssenkung macht ökonomisch nur wenig Sinn. Es ist davon auszugehen, dass die Inflationsraten auf Sicht der kommenden Monate weiter fallen werden. Dies betrifft auch die für die EZB besonders relevante Kerninflationsrate, also die Teuerungsentwicklung unter Herausrechnung der volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise. Wir gehen davon aus, dass die Kerninflationsrate im April auf 2.5 % fallen wird. Dies wäre dann annährend gleichzusetzen mit Preisstabilität. Bleibt eine Überwälzung höherer Lohnkosten auf Produkte aus, wovon wir ebenfalls ausgehen, bleiben Zinssenkungen im Umfang von 150 Basispunkten für dieses Jahr realistisch.