VP Bank Spotanalyse: EZB senkt den Leitzins auf 2.25 %

Von Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
Gemäss der Europäischen Zentralbank gewinnen die wirtschaftlichen Prioritäten an Gewicht und «Agilität» ist gefordert.
Die EZB (Europäische Zentralbank) senkt ihre Leitzinsen um 25 Basispunkte. Der Einlagensatz liegt neu bei 2.25 %. Der Hauptrefinanzierungssatz sinkt auf 2.40 %.
In der gegenwärtigen Situation macht die EZB das einzig Richtige und senkt den Leitzins erneut. Die von Donald Trump angestossene Zolldebatte wird in den kommenden Monaten erhebliche wirtschaftliche Bremsspuren hinterlassen. Unternehmen sind verunsichert und stellen Investitionen zurück. Darauf hat auch EZB-Präsidentin Christin Lagarde während der Pressekonferenz hingewiesen. Der Arbeitsmarkt könnte darunter leiden. Eine gedämpfte gesamtwirtschaftliche Nachfrage wird in der Folge die Inflationsraten weiter nach unten drücken.
Die EZB betont, dass der Disinflationsprozess voranschreite. Die Inflation habe sich weiterhin im Einklang mit den Erwartungen entwickelt. Auch der Preisauftrieb bei Dienstleistungen habe sich in den letzten Monaten deutlich abgeschwächt. Die Wachstumsaussichten hätten sich jedoch aufgrund der zunehmenden Handelsspannungen eingetrübt. Die negative und volatile Reaktion der Märkte auf die Handelskonflikte dürfte sich zudem restriktiv auf die Finanzierungsbedingungen auswirken. Nach Einschätzung der EZB könnten diese Faktoren die Wirtschaftsaussichten im Euroraum zusätzlich belasten.
Christine Lagarde betonte, dass der geldpolitische Rat von Sitzung zu Sitzung entscheiden werde. Daher gibt es keine Vorfestlegung auf weitere geldpolitische Lockerungen und es ist wahrscheinlich, dass die EZB auf ihrer Juni-Sitzung den Leitzins erneut um 25 Basispunkte senken wird. Der Einlagensatz läge dann bei 2 %.
Ursprünglich waren wir davon ausgegangen, dass die europäischen Währungshüter danach eine Pause einlegen würden. Sollte die europäische Wirtschaft bis dahin grössere Blessuren davontragen, wird es in der zweiten Jahreshälfte weitergehen. Angesichts der aktuellen Ausnahmesituation rückt die Entwicklung der Inflationsrate in den Hintergrund.
Die Inflationsentwicklung ist ein Spiegelbild der Vergangenheit. Die EZB könnte gezwungen sein, das Notwendige zu tun, um die Wirtschaft auf der Zinsseite so weit wie möglich zu entlasten. Christine Lagarde hat in diesem Zusammenhang mehrfach das Wort «Agilität» verwendet. Damit ist gemeint, dass die EZB durchaus bereit ist, im Falle grösserer wirtschaftlicher Schäden mehr zu tun.