VP Bank: US-Hauhaltsstreit geht in die Verlängerung

Von Dr  Thomas Gitzel, Chefvolkswirt und Martina Honegger, Senior Asset Manager Fixed Income bei der VP Bank.

Vaduz – Der US­-Haushaltsstreit geht in die Verlängerung. Gleichzeitig muss sich der US-­Kongress nun noch  über die Anhebung der Schuldenobergrenze eini­gen. Die Ängste vor einem Zahlungsausfall gehen  jedoch zu weit  Einerseits kann die USA auf Notfall­massnahmen zurückgreifen, andererseits wäre ein  etwaiger Zahlungsausfall „technisch“ bedingt. An der tatsächlichen Solvenz besteht wohl kaum Zwei­fel   

US­-Haushaltsstreit verhagelt die gute Stimmung  
Es hätte ein „goldener Herbst“ werden können: Wichtige Frühindikatoren legten in den vergangenen Wochen rings  um den Globus zu, die Aktienmärkte machten ihre Rück­schläge der Monate Mai und Juni wieder mehr als wett und auch die zuletzt an den Märkten gebeutelten Schwel­lenländerwährungen begaben sich auf Erholungskurs. Nun  droht aber der US-Haushaltsstreit die gute Stimmung zu  verhageln. Die USA müssen seit dem 1  Oktober ohne  öffentlichen Haushalt auskommen, da der mehrheitlich republikanische US-Kongress den regierenden Demokra­ten die nötige Unterstützung verweigerte. Somit ist die staatliche Verwaltung gezwungen alle nicht essentiellen Dienstleistungen einzustellen (government shutdown). Die Hängepartie kann sich unter Umständen noch über längere Zeit hinziehen. Zum Vergleich: Der shutdwon um  den Jahreswechsel 1995/1996 unter der Regierung Clin­ton dauerte 21 Tage. Vorausgesetzt die Finanzmärkte  bleiben stabil, sind die wirtschaftlichen Auswirkungen jedoch überschaubar. Nach Berechnungen des US­-Wirtschaftsministeriums beliefen sich die Wachstumsein­bussen beim letzten shutdown im vierten Quartal 1995 auf  rund 0 25 Prozentpunkte. Nachholeffekte kompensierten anschliessend den Wachstumsdämpfer sogar ausreichend.

Zahlungsfähigkeit wohl über Mitte Oktober hinaus  
Bleiben die Fronten im US-Kongress weiterhin verhärtet,  könnte das republikanische Lager auch die Zustimmung  über die Anhebung der Schuldenobergrenze verweigern   Nach Aussagen des US-Finanzministeriums habe man bis  zum 17  Oktober genügend Mittel zur Staatsfinanzierung   Das Aufbrauchen der Kassenbestände muss aber nicht in  einen unmittelbaren Zahlungsausfall (Default) der USA  münden  Die Regierung hat eine Reihe von Möglichkeiten,  um Zeit zu gewinnen:

Kurzum: Ein Erreichen der Staatsschuldenobergrenze Mitte Oktober muss nicht zwangsläufig zu einem unmittel­baren Zahlungsausfall der USA führen. Nicht auszuschlies­sen ist hingegen, dass die US-Politik die Nagelprobe sucht und Notfallmassnahmen (z.B. die Ausgabenpriorisierung) ergriffen werden müssen.

Tatsächliche Solvenz der USA bleibt gesichert  
Doch selbst ein Zahlungsausfall der USA muss nicht zum globalen Kollaps führen. An der tatsächlichen Zahlungsfä­higkeit besteht wohl kaum Zweifel, letztlich würde es sich  um ein technisches Phänomen handeln  Die Solvenz der  USA würde sich dadurch nicht ändern. Im Gegensatz zu manch anderen Anleihen existiert für US-­Staatspapiere keine sogenannte „cross default“-Klausel, die bei Ausfall einer einzigen Coupon- oder Rückzahlung  automatisch die gesamten Schulden fällig machen würde. Konkret heisst dies: Der Default würde nur diejenigen Anleihen treffen, die nicht pünktlich getilgt werden bzw. deren Zinszahlung ausfallen. Die Ratingagenturen verge­ben in diesem Fall den Status „selective default“ oder „restricted default“ (selektiver Zahlungsausfall). Dies hätte  für grosse Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen  oder Banken noch keine unmittelbaren Konsequenzen. Dies zeigte auch der Entzug der Topbonität durch die  Ratingagentur S&P im Sommer 2011: Die Herabstufung  der USA blieb für die  Staatsanleihen des Landes weitgehend folgenlos. Darüber hinaus sollte auch ins Kalkül gezogen werden,  dass ein wichtiger Käufer von US-Staatstitel die US­Notenbank (Fed) ist und bleibt. Die Fed dürfte unabhängig von einem etwaigen Zahlungsausfall weiterhin an ihrem  monatlichen Wertpapieraufkaufprogramm festhalten.

Zwar könnten sich ausländische Investoren (vorüberge­hend) abwenden bzw eine gewisse Risikoprämie in Form einer höheren Rendite verlangen, grundsätzlich existieren aber für die meisten Investoren keine Alternativen zu US­Staatspapieren.

Fazit  
Die Reaktion an den Finanzmärkten auf den shutdown blieb bislang überschaubar. Der US-Dollar (USD) war  noch am deutlichsten betroffen. Der Greenback musste  insbesondere Verluste gegenüber dem Euro (EUR), dem  Schweizer Franken (CHF) und dem Japanischen Yen (JPY)  hinnehmen. Es ist davon auszugehen, dass beide politi­sche Lager – in möglicherweise allerletzter Minute – einen  Kompromiss finden werden. Doch selbst im Falle eines  Zahlungsausfalls der USA dürften zunächst die Folgen überschaubar bleiben. Letztlich würde es sich um ein  technisches Phänomen handeln. An der tatsächlichen Solvenz der USA besteht wohl kaum Zweifel. Wenngleich also zunächst die Folgen weniger dramatisch sein dürften, als vielerorts angenommen, könnte die Situation bei länger anhaltendem Stillstand dennoch an Schärfe gewinnen. Unterdessen bleibt unser Hauptszenario, dass es in den  kommenden Wochen zu einem Kompromiss im US­-Kongress kommen wird. In diesem Fall setzen wir auf  Zugewinne des USD sowohl gegenüber dem CHF als auch gegenüber dem EUR und dem JPY. (VP Bank/mc/ps)

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