Einen Prototypen zu entwickeln und diesen auch gleich noch im Alltagsbetrieb einzusetzen, ist kein einfaches Unterfangen – und meist mit Rückschlägen verbunden. Das nach rund einjähriger Entwicklungsarbeit 2009 in Basel in Betrieb genommene wasserstoffbetriebene Kehrfahrzeug ist keine Ausnahme. «Es stellte sich relativ schnell heraus, dass das Brennstoffzellensystem – das als Einzelstück speziell für unser Projekt hergestellt wurde – für einen Alltagseinsatz noch zu unausgereift war», erklärt Projektleiter Christian Bach, Leiter der Empa-Abteilung «Verbrennungsmotoren». «Ausserdem haben sich die verschiedenen Sicherheitssysteme teilweise gegenseitig blockiert.»
«Brennstoffzellensystem 2.0» seit Sommer 2011 im Einsatz
Da das Fahrzeug die energetischen Ziele erfüllte und auch die gewünschte Leistungsfähigkeit erreichte, entschloss sich das Projektteam – neben Forschern der Empa und des Paul Scherrer Instituts (PSI) der Fahrzeughersteller Bucher Schörling, der Elektroantriebsspezialist Brusa, der Wasserstoffhersteller Messer Schweiz sowie das Amt für Umwelt und Energie Basel-Stadt, die Regiebetriebe und die Stadtreinigung vom Tiefbauamt Basel-Stadt – das Brennstoffzellensystem durch ein ausgereifteres System zu ersetzen und ein zentrales Sicherheitsmodul zu realisieren. Seit Sommer 2011 ist nun das «Brennstoffzellensystem 2.0» im Einsatz – und erwies sich als deutlich praxistauglicher: Nur ein einziges Mal musste es wegen des Ausfalls einer Wasserstoffpumpe zur Revision.
Doch eine Störung kommt selten allein; der Spannungswandler zwischen Brennstoffzellensystem und Batterie fiel aus und die Sensorik des Elektromotors für den Fahrantrieb sowie zwei Kühlwasserpumpen mussten nach Wiederinbetriebnahme ersetzt werden – alles speziell auf das Fahrzeug angepasste Bauteile mit entsprechend langen Lieferzeiten. Seit rund drei Monaten läuft die Kehrmaschine nun aber so zuverlässig, dass sie von der Stadtreinigung im «normalen» Alltagsbetrieb eingesetzt werden kann.
Erkenntnisse und Lehren aus dem Einsatz in Basel
Die Testphase in Basel zeigt: Brennstoffzellen sind bereit für den Praxiseinsatz – auch oder gerade in Nischenanwendungen wie Kommunalfahrzeugen. Damit liesse sich einiges an Energie sparen, denn das Fahrzeug verbraucht weniger als die Hälfte davon. In Zahlen: Anstatt 5 bis 5.5 Liter Diesel pro Stunde (was einem Energieverbrauch von 180-200 MJ pro Stunde entspricht) verbrauchte es 0.3 bis 0.6 kg Wasserstoff pro Stunde (also 40-80 MJ pro Stunde). Und auch punkto CO2-Emissionen schneidet das Fahrzeug – selbst bei fossiler Produktion des Wasserstoffs durch die Dampfreformierung von Erdgas – um rund 40 Prozent besser ab als ein dieselbetriebenes Fahrzeug. Mit Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen wäre die CO2-Reduktion sogar noch grösser.
In Betrieb erwies sich das Fahrzeug als benutzerfreundlich und sicher. Betankt wurde es von den Fahrern selbst, an einer mobilen, einfach zu handhabenden Wasserstofftankstelle. Sowohl Tankstelle als auch Garage sind mit einem Überwachungssystem für Wasserstoff ausgerüstet. Seit Inbetriebnahme der Anlage kam es zu keinem einzigen Störfall wegen Wasserstofflecks. Dazu kommt, dass das Fahrzeug vor allem im Dislokationsbetrieb, aber auch im Reinigungsbetrieb mit eingeschaltetem Sauggebläse und wischenden Besen hörbar leiser ist als ein Dieselfahrzeug. Dies bringt vor allem für die Fahrer eine spürbare Lärmentlastung.
Sitzheizung für die kühlere Jahreszeit
Einziger Nachteil: An kühleren Tagen reichte die Abwärme von Brennstoffzelle und Elektromotor nicht mehr aus, um die Fahrerkabine genügend zu beheizen, eine für elektrische Antriebe typische Schwachstelle. Daher wurde das Fahrzeug inzwischen mit einer Sitzheizung für den Einsatz an kühleren Tagen ausgestattet.
Weiterer Praxiseinsatz in St. Gallen
Mitte März 2012 geht die Testphase in Basel zu Ende; danach werden die Anlage und das Fahrzeug für einen weiteren Praxiseinsatz nach St. Gallen verlegt. Dabei geht es in erster Linie darum, das nun den Kinderkrankheiten entwachsene Fahrzeug weiter im Alltag zu testen, um die Einsatzerfahrungen zu vertiefen und das Alterungsverhalten der verschiedenen Komponenten zu untersuchen.
Ein derartiges Fahrzeug ist derzeit noch rund dreimal so teuer wie ein herkömmliches Kehrfahrzeug. Allerdings sind alleine die Kosten für Brennstoffzellensysteme in den letzten Jahren um rund das Zehnfache gesunken, und das Ende der Kostensenkungspotenziale ist noch nicht erreicht. (Empa/mc/pg)