Cologny – Das 48. Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos ist im Banne von Donald Trump. In einer zersplitterten Welt ist es laut WEF-Gründer Klaus Schwab essentiell, den US-Präsidenten am Tisch zu haben, um neue Lösungen zu finden. Die USA bringen die grösste Politik-Delegation, gefolgt von Saudi-Arabien.
Der Auftritt von Trump am übernächsten Freitag um 14 Uhr wird das alles dominierende Thema und der finale Höhepunkt des WEF 2018 sein. WEF-Gründer Schwab sieht kein Problem darin, dass sich Globalisierungskritiker Trump am Forum für «America first» stark macht. «Für das laufende Jahr ist die globale Zusammenarbeit entscheidend, deshalb ist es essentiell, dass wir Trump bei uns haben», sagte Schwab.
Sein neuer Geschäftsleitungspräsident Borge Brende betonte, dass sich das WEF nicht als Globalisierungstreffen und -förderer sehe. «Wir wollen eine Globalisierung für alle, und ich denke, die Politik- und Wirtschaftsführer werden sich freuen, von Trump zu hören.»
Andere 69 Staatschefs nicht vergessen
Brende gab sich am Dienstag am WEF-Sitz in Cologny Mühe, den Fokus von Trump auf die anderen Gäste zu lenken. «Vergessen Sie nicht, dass wir insgesamt 70 Staat- und Regierungschefs am WEF haben werden», sagte der ehemalige norwegische Aussenminister.
Nach der Ansprache von Bundespräsident Alain Berset wird der indische Premierminister Narendra Modi am kommenden Dienstagvormittag die Eröffnungsrede halten. Im Vorjahr hatte an dieser Stelle der chinesische Präsident Xi Jinping für mehr Handel plädiert.
Von grossem Interesse ist der Auftritt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Mittwoch. Für Europa ist das laufende Jahr laut Schwab entscheidend – am WEF komme es zu einem kleinen EU-Gipfel. An Bord seien Regierungschefs aus 27 EU-Staaten – so auch die britische Premierministerin Theresa May und der italienische Premierminister Paolo Gentiloni, der am Donnerstag seinen Auftritt hat.
Das höchstrangige deutsche Regierungsmitglied ist Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat bisher nicht zugesagt. Ranghohe Vertreter der EU wie EU-Kommission-Präsident Jean-Claude Juncker dürften auch im Interesse der Schweizer Bundesräte sein.
Sommaruga und Parmelin fehlen
Von der Schweizer Regierung sind neben dem Bundespräsidenten Berset die Bundesräte Ignazio Cassis, Doris Leuthard, Ueli Maurer und Johann Schneider-Ammann am 48. World Economic Forum präsent. Nicht auf der Gästeliste sind Guy Parmelin und Simonetta Sommaruga.
Zu den Schwerpunkten des WEF 2018 zählt Afrika mit zehn erwarteten Staatschefs. Ihren ersten Auftritt an einem WEF werden der neue Präsident von Zimbabwe, Emmerson Mnangagwa, sowie der Präsident von Angola, Joao Lourenco, haben. Ein Panel ist zudem Syrien gewidmet mit neun Staats- und Regierungschefs aus dem Mittleren Osten.
Trump ist der erste US-Präsident in Davos seit Bill Clinton im Jahr 2000. Er wird unter anderem von seinem Schwiegersohn Jared Kushner, von Finanzminister Steve Mnuchin, Handelsminister Wilbur Ross sowie dem Handelsbeauftragten Robert Lighthizer begleitet.
Mitglied der grössten politischen Länderdelegation – mit zwei Dutzend Mitgliedern – ist auch Aussenminister Rex Tillerson. Zum Besucherinventar zählt auch sein Vorgänger John Kerry sowie Ex-Vizepräsident Al Gore.
Saudi-arabische Halbinsel im Vormarsch
Auffällig ist zudem die grosse Delegation aus Saudi-Arabien mit 14 Mitglieder, darunter acht Minister, sowie jene der Vereinigten Arabischen Emirate mit 13 Mitgliedern.
Abwesend ist dieses Jahr die Spitze der russischen Regierung. Die russische Delegation wird vom Vize-Premierminister der russischen Föderation, Arkady Dvorkovich angeführt. Dabei ist dafür der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko.
Frauenanteil steigt auf 21 Prozent
Der 79-jährige Schwab will an seiner Eröffnungsrede für eine neue Strategie plädieren. «Ich werde ein ‹qualitative Easing› fordern», sagte er. «Wir haben die Finanz- und Wirtschaftskrise überwunden, aber jetzt befinden wir uns in einer sozialen Krise, die über ein qualitative Easing gemindert werden soll.»
Unter dem Motto «Das Schaffen einer gemeinsamen Zukunft in einer zerrissenen Welt» (Creating a Shared Future in a Fractured World) sollen die Risse in der Gesellschaft an der Wurzel gepackt und pragmatische Lösungen gefunden werden.
Das notorisch männerlastige Forum weist heuer mit 21 Prozent den grössten Frauenanteil in seiner Geschichte aus. Es sind auch Frauen, die das Treffen unter den sogenannten Co-Chairs leiten – unter anderem CERN-Direktorin Fabiola Gianotti sowie die IWF-Chefin Christine Lagarde. Insgesamt werden rund 3000 Entscheidungsträger erwartet. (awp/mc/ps)