Weltweiter IPO-Markt mit schwachem Jahresausklang

Weltweiter IPO-Markt mit schwachem Jahresausklang

Schweizer Rohstoffhändler Glencore mit grösstem IPO des Jahres.

Zürich – Dem weltweiten Markt für Börsengänge (Initial Public Offerings) geht nach einem starken Jahresauftakt zum Jahresende der Schnauf aus: In den Monaten Oktober und November fanden weltweit nur 148 Börsengänge statt, bei denen insgesamt 15 Milliarden US-Dollar erlöst wurden – im Vorjahr waren im gleichen Zeitraum noch 306 Börsengänge mit einem Volumen von 104 Mrd. Euro gezählt worden. Aufgrund des starken ersten Halbjahres fällt die Jahresbilanz für den weltweiten IPO-Markt dennoch relativ gut aus: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ging die Zahl der weltweit durchgeführten Börsengänge nur um 8 Prozent von 1.215 auf 1.117 zurück.

Das Emissionsvolumen sank hingegen deutlich stärker – um 39 Prozent von 257 auf 156 Milliarden Dollar. Das sind Ergebnisse des aktuellen weltweiten IPO-Barometers des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young. Im Vergleich zu 2008 und 2009 fällt die Bilanz für die ersten elf Monate des Jahres 2011 durchaus positiv aus – die Zahl der Börsengänge liegt in diesem Jahr fast doppelt so hoch wie 2009 und immerhin 45 Prozent höher als 2008. Belastend haben sich 2011 – neben der Atomkatastrophe in Japan und den politischen Unruhen in Nordafrika und dem Mittleren Osten – vor allem die eskalierende Schuldenkrise in der Eurozone und die weltweit wachsenden Konjunktursorgen ausgewirkt, so Roger Müller, Partner Financial Accounting Advisory Services bei Ernst & Young. „IPO-Kandidaten befürchten, bei einem Börsengang nicht die gewünschten Summen realisieren zu können. Entsprechend viele Unternehmen verschieben ihre IPO-Pläne und warten auf bessere Zeiten. Die aktuelle Volatilität an den Weltbörsen und die Euro-Krise ist Gift für das IPO-Klima“.

Deutlich weniger Börsengänge in China
Im bisherigen Jahresverlauf waren – wie schon in den Vorjahren – die aufstrebenden Schwellenländer die Haupttreiber des IPO-Marktes: 68 Prozent aller Börsengänge fanden in den ersten elf Monaten dieses Jahres in den „Emerging Marktes“ statt. Vier der zehn grössten Börsengänge des Jahres 2011 entfielen auf Schwellenländer. Nach wie vor ist China der weltweit aktivste IPO-Markt – allerdings waren in diesem Jahr deutlich weniger Börsengänge zu verzeichnen als 2010: In den ersten 11 Monaten dieses Jahres gingen 352 chinesische Unternehmen an die Börse und erlösten dabei 65 Milliarden US-Dollar.  Im Vergleich zum Vorjahr, als 509 Börsengänge insgesamt 132 Milliarden US-Dollar einbrachten, ist das ein Rückgang um knapp ein Drittel (Anzahl) bzw. die Hälfte (Wert).

Polen mit europaweit am meisten IPOs
In Europa ging die Zahl der Börsengänge deutlich weniger stark zurück: von 251 im Jahr 2010 auf 231 in den ersten 11 Monaten dieses Jahres. Allerdings war im laufenden vierten Quartal dieses Jahres auch in Europa ein stark rückläufiger Trend zu sehen: Im Oktober und Dezember gingen europaweit nur noch 21 Unternehmen an die Börse, nachdem es im Vorjahreszeitraum noch 48 gewesen waren. Der Gesamtwert der europäischen Börsengänge des Jahres 2011 lag bei 29 Milliarden US-Dollar – nach 37 Milliarden US-Dollar im Vorjahr.  Europaweit die meisten Transaktionen fanden auch 2011 wieder in Polen statt: Insgesamt wurden bei 129 – zumeist relativ kleinen – IPOs 2,7 Milliarden US-Dollar erlöst. Grossbritannien und die Türkei folgen mit 27 bzw. 23 Börsengängen auf den Plätzen zwei und drei. Im Jahr 2011 gingen acht deutsche Unternehmen an die Börse, hinzu kamen vier chinesische und ein britisches Unternehmen, die an der Frankfurter Börse den Sprung auf das Parket wagten, Insgesamt wurden in Deutschland also 13 Börsengänge gezählt, die in Summe 2,3 Milliarden US-Dollar ein-brachten.

Alternative Re-finanzierungsformen zunehmend gefragt
Angesichts der Unwägbarkeiten, die derzeit mit einem Börsengang verbunden sind, versuchen die Unternehmen verstärkt auch alternative Re-finanzierungsformen wie Anleihen zu nutzen, beobachtet Peter Dauwalder,Transaction Advisory Services: “Insbesondere viele erfolgreiche private mittelständische Unternehmen bedienen sich immer häufiger alternativer Finanzierungsquellen.“ Grundsätzlich dürfte die tendenziell selektivere Kreditvergabe der Banken, die bestrebt sind, ihre Bilanzsummen zu reduzieren, ebenfalls dazu beitragen, dass Unternehmen ihren Kapitalbedarf verstärkt am Kapitalmarkt zu decken versuchen. „Die Bankfinanzierung wird zunehmend um eine Kapitalmarktfinanzierung ergänzt“, so Peter Dauwalder. „Dieser mittelfristige Trend wird den IPO-Markt nach unserer Einschätzung stützen“.

Zurückhaltender Ausblick
Die Prognose für die kommenden Monate fällt allerdings zurückhaltend aus. Gemäss Roger Müller ist im Monat Dezember ist keine Verbesserung der Situation zu erwarten, und auch in den ersten beiden Monaten des Jahres 2012 dürfte es keine Trendwende geben. Erst wenn sich eine Lösung der Staatsschuldenkrise abzeichnet und die Volatilität entsprechend zurückgeht, wird sich das Klima für Börsengänge wieder verbessern. „Wichtig ist allerdings, dass Unternehmen zu diesem Zeitpunkt bereits „IPO-ready“ sind, damit sie von der besseren Marktsituation bestmöglich profitieren können“ sagt Roger Müller.

Grösster IPO des Jahres: Glencore

Der grösste Börsengang des Jahres war die Erstnotiz des Schweizer Rohstoffhändlers Glencore, die 10 Milliarden US-Dollar einbrachte. Auf dem zweiten Platz folgt der Hafenbetreiber Hutchison Port Holdings, der bei seinem IPO in Singapur 5,5 Mrd. Dollar einwarb. Der Börsengang der spanischen Bankia war mit einem Volumen von 4,4 Milliarden US-Dollar der drittgrösste IPO des Jahres. Gemessen an der Zahl der Erstnotierungen liegt im Jahr 2011 bislang die chinesische Börse Shenzhen (226 IPOs) an erster Stelle, gefolgt von der Warschauer NewConnect-Börse mit 117 und der Australian Stock Exchange mit 93 IPOs. (Ernst & Young/mc/ps)

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