Daniel Bossard sammelte eigene berufliche Erfahrungen, bevor er ins Familienunternehmen einstieg. Das war vor rund 20 Jahren. 2019 übernimmt er die Leitung des weltweit tätigen Schraubenhandels- und Logistikunternehmens. Wie begegnet Bossard den Herausforderungen der Digitalisierung und was gibt ihm seine Führungsrolle persönlich? Nicole Heimann traf den promovierten Ökonom.
Nach einem Japan-Vortrag an der Kantonsschule war es um ihn geschehen: Genau da wollte er hin! Seine Mutter war dagegen, sein Vater fand es eine prima Idee. So packte Daniel Bossard mit 17 Jahren seinen Koffer, kehrte Cham (ZG) den Rücken und ging für ein Jahr ins Land der aufgehenden Sonne. «Der Aufenthalt hat mir Spass gemacht und viel gebracht. Die fremde Umgebung, die völlig andere Kultur… Ich sah, dass die Welt mehr zu bieten hat, als die Schweiz», erinnert sich Bossard an diese spannende wie prägende Zeit. Dass er später eine Halbjapanerin heiratete, habe allerdings mit dem Asientrip nichts zu tun, ergänzt der zweifache Familienvater schmunzelnd.
«Wer vorwärts kommen möchte, kann nicht in die Fussstapfen des Vorgängers treten. Man muss seine eigene Spur legen.»
Daniel Bossard, CEO der Bossard-Gruppe
Auch nach dem Wirtschaftsstudium in St. Gallen wollte Daniel Bossard zuerst einen eigenen Weg gehen. Dies sei als Mitglied der Gründerfamilie nicht immer einfach gewesen. Dennoch setzte er sich durch und begann, als Berater bei Anderson Consulting (heute Accenture) zu arbeiten. Nach zwei Jahren und einigen Gesprächen mit seinem Vater stiess der promovierte Ökokom im Jahr 2000 als E-Business-Manager zum Familienunternehmen. Er hatte sich schon bei Accenture mit IT und Prozessen beschäftigt und es bot sich «eine gute Gelegenheit und eine Riesenchance zugleich», wie er heute sagt. Schliesslich sei Bossard ein Familienunternehmen in der 7. Generation und er werde irgendwann automatisch Teilhaber sein. Umso besser, wenn er auch persönlich zum Erfolg beitragen könne.
Dennoch möchte er die Zeit vor seinem Einstieg ins Familienunternehmen nicht missen. «Die eigenen Erfahrungen geben einem einen besseren Halt. Man hat das Selbstvertrauen, auch unabhängig von der Familie erfolgreich sein zu können», erzählt Bossard.
Besonnen und fokussiert in die Digitalisierung
Seit seiner Gründung 1831 hat der heute weltweit agierende Schraubenhändler zahlreiche Veränderungen durchlebt. Als zukünftiger CEO wird Daniel Bossard einen Global Player mit 2300 Mitarbeitenden an 80 Standorten durch die Digitalisierung führen müssen. Sorgen macht ihm diese Perspektive nicht. «Aktuell haben wir 12 Innovationsprojekte in der Pipeline. Dafür werden wir aber nicht die gesamte Organisation auf den Kopf stellen, sondern primär fokussieren», erklärt der 48-jährige unaufgeregt. Das möge vielleicht langweilig klingen, sei aber aus heutiger Sicht der beste Weg, um das Unternehmen auf den nächsten Level zu bringen. Schliesslich befinde sich die Bossard Holding in einem fantastischen Zustand.
Nach rund 20 Jahren im Unternehmen und 10 Jahren als Teil der Gruppenleitung weiss Daniel Bossard weitestgehend, was auf ihn als CEO der Gruppe zukommt. «Ich kenne die Abläufe, die Strukturen, ich fühle mich hier zuhause und war Teil der Strategieentwicklung und der Umsetzung. Insofern bin ich auf meine neue Rolle vorbereitet.» Und was er noch nicht könne, müsse er eben lernen, so der designierte Unternehmenschef ganz pragmatisch.
Objektivität, Offenheit und Transparenz
Zu seinen wichtigsten Learnings als Führungskraft zählt Bossard das Bemühen um Objektivität. Er habe gelernt, immer beide Seiten anzuhören, bevor er schlussendlich aufgrund von Fakten entscheidet. «Wusste man eigentlich schon, aber ich musste es trotzdem erleben», erinnert er sich an diese Phase seiner persönlichen Entwicklung.
«Wenn tuusig en Seich machen, isch immer no an Seich.»
Ausserdem müsse man offen und transparent führen und so einen Rahmen schaffen, in dem sich Mitarbeitende orientieren können. «Wenn das gelingt, braucht es einen selber als Führungskraft kaum noch. Das finde ich eine Bereicherung, die einem auch Zeit für andere Dinge gibt.»
«Man muss seine eigene Spur legen»
Bei seiner Führungsarbeit orientiert sich Bossard an der Devise seines Vaters. «Wer vorwärts kommen möchte, kann nicht in die Fussstapfen des Vorgängers treten. Man muss seine eigene Spur legen.» Das sei zwar manchmal mühsam, aber man komme ansonsten nur maximal so weit wie die anderen und könne nie überholen.
Eine andere Devise, nach der der CEO handelt, lautet auf Schweizerdeutsch: «Wenn tuusig en Seich machen, isch immer no an Seich.» Das heisst soviel wie: Nur, weil es alle anderen machen, muss etwas noch lange nicht gut sein. Man müsse in jedem Fall immer genau überlegen, warum man etwas tut und was es bringe, ist Bossard überzeugt.
Sein dritter Führungsgrundsatz dreht sich um Kreativität und Innovation. Dahinter steckt das ständige Bestreben nach Verbesserung. «Das wurde mir mitgegeben, ist Teil meiner DNA und macht Spass», erklärt er diese weitere Triebfeder seiner Arbeit als Leader.
Rahmen vorgeben, Autonomie gewähren
Sein Führungsstil sei offen und kollaborativ. Er versuche stets, möglichst transparent zu kommunizieren, gemeinsam Strategien zu entwickeln und sich auf einen Weg zu einigen. Er wolle ein von Respekt und Vertrauen geprägtes Umfeld schaffen, Ziele setzen und dann jedem Mitarbeitenden möglichst viel Autonomie und Freiraum lassen.
Zu den positiven Veränderungen, die sich Bossard zuschreibt, zählt die offene Unternehmenskultur. «Man kann mich jederzeit zu jedem Thema ansprechen. Ich versuche immer, ein offenes Ohr zu haben.» Ausserdem sei er stets dafür eingetreten, möglichst verständliche, realistische und messbare Ziele zu vereinbaren, die fair bewertet werden können. Und auch wenn jemand ein Ziel nicht erreicht habe, sei dies keinesfalls automatisch das Aus. Dann suche man eben gemeinsam nach alternativen Wegen, so Bossard.
«Die Führung ist letztendlich nur das Mittel zum gemeinsamen Erfolg, an dem alle teilhaben sollen.»
Besonders positiv wirke natürlich der gemeinsame Erfolg, erzählt er weiter – und ergänzt nicht ohne eine gewisse Portion Understatement: «Ich hatte das Glück, dass ich in der Krise angefangen habe und es eigentlich nur besser werden konnte.»
Führung als Mittel zum gemeinsamen Erfolg
Bossard orientiert sich in seiner Rolle als Führungsperson an Werten wie Fairness, Vertrauen und Integrität. Er wolle seinem Gegenüber immer in die Augen schauen können und niemals ein schlechtes Gewissen haben müssen. Die Zusammenarbeit mit Menschen gebe ihm eine tiefe Befriedigung. «Ich habe ernsthaft Freude daran, mit Leuten zusammen zu arbeiten und gemeinsam erfolgreich zu sein – sei es mit Mitarbeitenden oder Kunden. Das gibt mir Energie, und Erfolg führt zu Erfolg», ist Bossard überzeugt.
Ist es diese Freude am erfolgreichen Miteinander, die der Führung den tieferen Sinn geben? «Ja, die Führung ist letztendlich nur das Mittel zum gemeinsamen Erfolg, an dem alle teilhaben sollen. Das ist mir wichtig.» In diesem Sinne freue sich Bossard auf die neue Herausforderung als CEO der Gruppe. «Wenn man einen Job eine Zeit lang macht, schleift sich eine gewisse Routine ein. Dann fragt man sich irgendwann: Was kommt als Nächstes?» Sich zurückzulehnen und auf den Lorbeeren auszuruhen, das passe nicht zu ihm. Man glaubt es ihm aufs Wort!