Wohnsiedlungen sollen zukünftig mehr Natur enthalten. (OTS.Bild/Stiftung Natur & Wirtschaft)
Luzern – Bund, Wirtschaft und private Institutionen starten ein neues Grossprojekt für mehr einheimisches Grün im Wohnumfeld. Kinder sollen Freude und Spass im Umgang mit Igel, Buntspecht und Schwalbenschwanz erleben können.
Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger hat am Mittwoch ein neues Projekt für mehr Natur um Wohnsiedlungen gestartet. «Wir brauchen mehr Grün für unsere Kinder – und zwar das echte», sagte er an einer Medienkonferenz in Allschwil (BL). Mit «echt» meint der Entlebucher Nationalrat Blumenwiesen statt Rasen, Hecken aus einheimischen Sträuchern statt Kirschlorbeer und Thuja oder Trockenmauern statt Beton.
Hoher Grenznutzen
Es sind solche Naturelemente, die Igel und Buntspechte, Feuersalamander und Schwalbenschwänze zurück in unsere Siedlungen bringen. «Das bedeutet wenig Aufwand und maximaler Nutzen», erläuterte Jost Schumacher die Strategie. Schumacher ist Präsident der Schweizerischen Umweltstiftung und einer der grössten privaten Immobilienbesitzer der Schweiz. Wo Rasenfläche nicht mehr gebraucht wird, kann man sie in Blumenwiesen zurückführen; wo Betonmauern bröckeln und ersetzt werden, kann man sie mit Trockenmauern ersetzen; oder wo monotone Buchsbaumhecken von Schädlingen kahl gefressen werden, kann man einheimische Sträucher wie Schneeball, Liguster oder Holunder pflanzen.
Pioniere werden ausgezeichnet
Betreut mit diesem Projekt ist die Stiftung Natur & Wirtschaft. Zusammen mit dem Bund und der Schweizerischen Umweltstiftung, dem Erdgas- und dem Kiesverband, sowie Sponsoren wie der Migros will sie bis 2020 Hunderte von Bauherren, Immobilien- und Firmenbesitzer motivieren, ihre Areale naturnah zu entwickeln. Sobald ein Areal zwischen 30 und 40 Prozent naturnahe Fläche aufweist, kann es durch die Stiftung ausgezeichnet werden und wird so Teil dieses Grossprojektes. Am Schluss sollen die Naturflächen bei Firmen und Wohnsiedlungen eine ähnliche Grössenordnung aufweisen, wie sämtliche öffentliche Grün- und Parkanlagen in der Schweiz. «Diesem Ziel versuchen wir mit unserem Generation-M-Versprechen etwas näher zu kommen», sagte Christine Wiederkehr-Luther, Leiterin Ökologie im Migros-Genossenschafts-Bund. Die Migros hat sich zum Ziel gesetzt, ihre naturnahen Flächen von heute 700’000 Quadratmeter bis Ende 2015 auf 2,5 Millionen Quadratmeter auszubauen. Das erste vorbildliche Wohnareal der Schweiz wurde am Mittwoch in Allschwil (BL) vorgestellt und ausgezeichnet. Die Migros-Pensionskasse ist Bauherrin der Überbauung in Allschil mit knapp 100 Wohnungen, und sie besitzt in ihrem Portefeuille weitere 12’000 Wohnungen und 300’000 m2 Büroflächen.
Natur vermindert Dichtestress
Eines der Ziele der bundesrätlichen Strategie Biodiversität Schweiz aus dem Jahr 2012 ist, dass der Siedlungsraum dazu beiträgt, die natürlichen Lebensräume zu vernetzen. «Typische Arten sollen im Wohnumfeld leben können, und die Bevölkerung soll an ihrem Wohnort und in Erholungsräumen in der näheren Umgebung Zugang zur Natur erhalten», erklärte Evelyne Marendaz Guignet vom Bundesamt für Umwelt. Durch die Nutzung naturnaher Freiräume als Begegnungsräume für die Menschen werden Identifikation und Verbundenheit gefördert. «Zudem wird der Dichtestress, also das Gefühl, auf beengendem Raum zu leben, verringert», sagte Reto Locher, Geschäftsführer der Stiftung Natur & Wirtschaft. Je mehr Naturelemente sich durch eine Siedlung ziehen, umso höher wird die Lebensqualität dort eingeschätzt, zeigen neue Studien aus der Schweiz. (Stiftung Natur & Wirtschaft/ots/mc/ps)