Zürich – Die Zahl der Genossenschaften in der Schweiz ist in den letzten Jahren leicht gesunken. Ein Teilsektor erlebt aber besonderen Zuwachs – der Wohnungsbau. Zu diesem Schluss kommt eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Genossenschaftsverbands Idée Coopérative.
Die Rechtsform, in der Mitglieder gemeinsame wirtschaftliche Interessen verfolgen und Personen vor Gewinn stellen, macht hierzulande zwar nur ein Bruchteil aller Unternehmen aus. Und die Zahl ist auch rückläufig, ging sie doch in den letzten vier Jahren um 3,6 Prozent zurück. Damit machten die rund 8200 im Handelsregister eingetragenen Genossenschaften zuletzt etwa 1 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz aus.
Allerdings beschäftigten die zehn grössten Genossenschaften, darunter Coop, Migros, Raiffeisen, Reka und die Mobiliar, im Jahr 2022 4 Prozent aller Erwerbstätigen in der Schweiz und trugen laut der Studie 11 Prozent zur Wirtschaftsleistung, dem Bruttoinlandprodukt (BIP), bei.
Besonders in den historisch gewachsenen genossenschaftlich organisierten Sektoren wie dem Detailhandel, dem Finanzwesen, der Energie- und der Landwirtschaft ist die Form laut der Studie weiterhin anzutreffen.
Wohnbaugenossenschaften beliebt
Wie die Studie zeigt, zieht es immer mehr Genossenschaften in die Stadt – der aktuelle Anteil von gut 40 Prozent hat seit 2019 um 17 Prozentpunkte zugenommen. 71 Prozent der Genossenschaften, die in den letzten fünf Jahren gegründet wurden, haben ihren Hauptsitz in Städten.
Die Hälfte der Neugründungen in der Stadt sind Wohnbaugenossenschaften. Deren Anteil beträgt dort knapp 57 Prozent. Schweizweit beträgt der Anteil der Wohnbaugenossenschaften gut 45 Prozent. Dieser hat in den letzten Jahren als einzige Kategorie um fast 4 Prozentpunkte zugelegt.
Zum Vergleich: Die zweit- und drittgrösste Gruppe sind die Energiewirtschaft mit einem Anteil von weniger als 8 Prozent und die Landwirtschaft mit einem Anteil von gut 7 Prozent.
Gemeinsame Selbsthilfe als Erfolgsfaktor
«Genossenschaften sind zur Stelle, wenn es auf dem Markt Herausforderungen gibt, etwa bei Wohnungsknappheit», sagte Studienleiter Gerhard Fehr bei der Präsentation der Studie vor den Medien. Daher seien Wohnbaugenossenschaften eine beliebte Form, um sich Wohnraum zu beschaffen.
Henrik Schoop, Geschäftsführer des Genossenschaftsverbands, fügte an: «Genossenschaften verfolgen die Idee der gemeinsamen Selbsthilfe: Das ist der Erfolgsfaktor bei Wohnbaugenossenschaften.»
Vor 20 bis 30 Jahren sei es noch verpönt gewesen, in einer Genossenschaft zu wohnen. «Heute sieht man den Vorteil der Demokratisierung und des fairen Preises.» Denn eine Miete in einer Wohngenossenschaft sei bis zu 20 Prozent tiefer als der übliche Marktpreis.
Umsätze gestiegen
Die Umsätze der Genossenschaften sind seit 2020 insgesamt gestiegen. So gaben rund 45 Prozent der Genossenschaften an, gewachsen zu sein. Nur rund 11 Prozent haben laut eigenen Angaben weniger eingenommen. Der Rest sei stabil geblieben.
In der aktuellen Befragung verbuchen die meisten Genossenschaften (63%) einen Umsatz von bis zu 1 Million Franken. Über ein Drittel nimmt zwischen 1 Million und 50 Millionen Franken ein. Grosse Genossenschaften mit einem Umsatz ab 50 Millionen machen derweil nur knapp 2 Prozent aus.
Die repräsentative Umfrage für den «Genossenschaftsmonitor 2024» wurde im Herbst 2023 von FehrAdvice & Partners mit knapp 400 Genossenschaften durchgeführt. Der erste Genossenschaftsmonitor wurde 2020 veröffentlicht. Der Branchenverband Idée Coopérative wurde im selben Jahr als Genossenschaft gegründet und zählt 133 Mitglieder. (awp/mc/pg)