Zürich – Im Mittelmeer schwimmen Rekordmengen an Mikroplastik. Das zeigt ein aktueller WWF-Report zum heutigen Tag der Meere, in den auch Schweizer Daten eingeflossen sind. Die Konzentration der kleinen Kunststoffpartikel im Mittelmeer ist fast viermal so hoch, wie die des Plastikteppichs im nördlichen Pazifik: bis zu 1,25 Millionen Fragmente finden sich pro Quadratkilometer.
Der im Mittelmeer oder an seinen Stränden gefundene Müll besteht zu 95 Prozent aus Kunststoff. Hauptsächlich stammt der Plastikmüll aus der Türkei und Spanien, gefolgt von Italien, Ägypten und Frankreich. Die Beliebtheit des Mittelmeers als Ferienziel verschärft das Müllproblem noch. Während der Sommermonate steigern die 320 Millionen Touristen pro Jahr, die im Mittelmeerraum Ferien machen, die Abfallbelastung des Meers um 40 Prozent.
Mittelmeer droht zu Plastikfalle zu werden
„Das Mittelmeer ist fast vollständig von besiedelten Küsten umgeben und droht zu einer Plastikfalle zu werden. Ungesicherte Mülldeponien in Meeresnähe, illegale Abfallentsorgung in Flüsse aber auch touristische Aktivitäten sind Quellen, aus denen Plastikmüll ins Mittelmeer gelangt“, sagt Heike Vesper, Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland.
Globale Antwort gesucht
Hauptursache für die Plastik-Verschmutzung des Mittelmeers sind die Lücken im Abfallmanagement der meisten Anrainerstaaten. Flüsse tragen die Abfälle ins Meer, vor allem der Nil, der Ebro, die Rhone, der Po und die türkischen Flüsse Ceyhan und Seyhan. „Europa produziert enorme Mengen Plastikmüll und muss seine Struktur für Abfallentsorgung und Recycling verbessern. Auch der Tourismussektor ist gefragt und sollte den Ausbau der Infrastruktur in den Destinationen unterstützen. Hotels und Schiffe müssen wirksame interne Abfallsammelsysteme einrichten und den Müll vollständig trennen. Wir können nicht zulassen, dass das Mittelmeer in Plastik ertrinkt“, fordert Heike Vesper. „Auf das Plastikmüllproblem müssen wir eine globale Antwort finden. Wir brauchen ein „Paris-Abkommen für den Ozean“, welche die Verschmutzung der Weltmeere stoppt.
In der Natur und Tierwelt des Mittelmeers hat der Plastikmüll bereits deutliche Spuren hinterlassen. 18 Prozent der Thunfische und Schwertfische haben Plastik im Magen, vor allem Zellophan und PET. Im Pelagos-Walschutzgebiet im nordwestlichen Mittelmeer ist der Mikroplastikgehalt hoch, über 56 Prozent des Planktons sind mit Schadstoffen schwer belastet. Finnwale, die Wasser durch ihre Barten filtern, sind im Schutzgebiet fast fünfmal stärker mit Schadstoff belastet, als in weniger verschmutzen Regionen.
Hintergrund:
- Das Mittelmeer gilt als sechstgrösstes Sammlungsgebiet für Meeresmüll: In diesem Meer, bestehend aus nur einem Prozent des Wassers auf der Erde, befinden sich sieben Prozent des weltweiten Mikroplastiks.
- Im Mittelmeer sind 134 verschiedene Tierarten von marinem Plastikmüll betroffen, darunter 60 Fischarten, alle drei heimischen Meeresschildkrötenarten, neun Seevogelarten und 5 Meeressäugerarten (Pottwale, Finnwale, Tümmler, Rundkopfdelfine und Fleckendelfine).
- Alle im Mittelmeer lebenden Meeresschildkrötenarten haben Kunststoffe aufgenommen. Bis zu 150 Plastikfragmente wurden in den Mägen einiger Tiere gefunden.
- Im Mittelmeerraum leben 150 Millionen Menschen, die mit 208 bis 760 Kilogramm Müll pro Kopf und Jahr zu den weltweiten grössten Verursachern fester Siedlungsabfälle zählen.
- Europa ist nach China der zweitgrösste Kunststoffproduzent der Welt. 2016 produzierten die 28 EU-Staaten gemeinsam mit Norwegen und der Schweiz 60 Millionen Tonnen Plastik und erzeugten 27 Millionen Tonnen Plastikmüll.
- Nur 31 Prozent dieses Müllaufkommens wurden recycelt, 27 Prozent kamen auf Mülldeponien, der Rest wurde verbrannt.
(WWF/mc/pg)
„Wege aus der Plastikfalle – was zu tun ist, damit das Mittelmeer nicht baden geht“