Dübendorf – Das Recycling von Zementstein ist eine der billigsten und effizientesten Möglichkeiten, um die Emissionen aus der Zementproduktion zu senken, wie eine kürzlich im Fachjournal PNAS veröffentlichte Studie zeigt. Die von Forschenden des «Imperial College London» geleitete Studie, an der auch Wissenschaftler der Empa und der EPFL beteiligt sind, zeigt, dass die CO2-Mineralisierung von Zementabfällen eine kostengünstige Möglichkeit zur Verringerung der Zementemissionen darstellt.
Die Studie zeigt, dass die CO2-Mineralisierung – ein Prozess, bei dem emittiertes und atmosphärisches CO2 reduziert wird, indem es in Infrastrukturen wie Beton, Ziegeln, Pflastersteinen und Klinkerersatzstoffen absorbiert wird – das Potenzial hat, die Emissionen aus der Zementproduktion um rund 15% zu senken, was 0,8% der globalen Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 entspricht.
Von den zehn untersuchten Technologien zur CO2-Mineralisierung fanden die Forscher heraus, dass recycelter Zementstein aus Abriss-Beton am effektivsten und wirtschaftlichsten ist. Zementstein – oder Zementleim im nicht-erhärteten Zustand – ist eine leimähnliche Substanz, die Materialien wie Sand oder Kies miteinander verbindet und so Beton erzeugt. Rezyklierter Zementstein stammt in der Regel aus alten Infrastrukturen wie abgerissenen Gebäuden.
Der Hauptautor Rupert J. Myers vom «Department of Civil and Environmental Engineering» am «Imperial College» sagt: «Im Kampf gegen den Klimawandel ist es eine Herausforderung, die Emissionen aus der Zementherstellung und der Bauindustrie im Allgemeinen zu reduzieren. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass CO2-mineralisierter Zement eine führende Technologie sein könnte, die uns bei der Dekarbonisierung des Sektors hilft.»
Unternehmensangaben unter der Lupe
Baumaterialien sind für etwa 13% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich – der grösste Teil davon stammt aus der Herstellung von Beton und Stahl. Beton ist nach Wasser das am zweithäufigsten nachgefragte Material auf unserem Planeten, und es wird erwartet, dass dieser Bedarf künftig noch weiter steigt. Aus diesem Grund suchen Wissenschaftler weltweit nach Lösungen, um die Emissionen aus der Herstellung und Verwendung von Beton und Zement zu verringern.
Für die PNAS-Studie untersuchten die Forschenden zehn verschiedene Technologien, die eine wirksame Mineralisierung von CO2 im Zement ermöglichen sollen. Sie fanden heraus, dass nur zwei der Technologien wirksam und wirtschaftlich bei der Reduzierung der CO2-Emissionen bei der Zementherstellung sind.
Für die meisten anderen Technologien gab es kaum oder nur begrenzte Belege dafür, dass sie die CO2-Emissionen in der Praxis verringern können, obwohl die Unternehmen ihre Wirksamkeit beteuern.
Das Forschungsteam stellte ausserdem fest, dass wirtschaftliche Technologien auf der Grundlage der CO2-Mineralisierung etwa zwei- bis fünfmal kostengünstiger sind als Technologien zur Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff («Carbon Capture and Storage», CCS), bei denen atmosphärischer Kohlenstoff unterirdisch gelagert wird.
Ein weiterer Vorteil der CO2-Mineralisierung ist, dass es sich dabei um eine dauerhafte Lösung handelt, die relativ einfach zu handhaben ist. Baumaterialien können CO2 für Hunderte von Jahren in der Infrastruktur speichern, möglicherweise noch länger, wenn abgerissene Materialien recycelt werden.
Co-Autor Justin D. Driver vom «Department of Chemical Engineering» am «Imperial College» sagt: «Obwohl diese Ergebnisse vielversprechend sind, muss man sich darüber im Klaren sein, dass die CO2-Mineralisierung keine Patentlösung für alles ist. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Rohstoffen, die CO2 absorbieren können, was bedeutet, dass das Potenzial dieser Technologie, Emissionen in allen Sektoren zu reduzieren, ebenfalls begrenzt ist.»
Und Ellina Bernard, Mitautorin und Wissenschaftlerin am Empa-Labor für Beton und Asphalt, ergänzt: «Die Studie zeigt, dass eine breitere Anwendung der CO2-Mineralisierung durch Altbeton oder andere Industrieabfälle auf Kalziumbasis durch die Menge des zu karbonisierenden Materials begrenzt wird. CO2-Einsparungen von 15% bei der Herstellung von Baumaterialien sind allerdings nicht zu vernachlässigen.» Man müsse unbedingt weiterhin daran forschen, einerseits um die Kosten zu senken, aber auch um die Technologien zur CO2-Abscheidung und -Verwertung (CCU) weiter zu optimieren. CCU steht auch im Zentrum der neuen Empa-Forschungsinitiative «Mining the Atmosphere». (mc/pg)