Zurück ins Büro? Ja, aber nicht jeden Tag
Zürich – An der Kaffeemaschine Neuigkeiten austauschen, mit dem Chef zu Mittag essen oder einfach mal wieder mit dem Team am Flipchart brainstormen: Ein Grossteil der Arbeitnehmer im Homeoffice vermisst den persönlichen Kontakt zu den Kollegen. Doch ganz aufs Homeoffice zu verzichten, kommt für die meisten trotzdem nicht in Frage.
Für viele Arbeitnehmende im Homeoffice ist klar: Sie wollen zwar nach der Pandemie an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, aber teilweise noch von zuhause aus arbeiten dürfen. Zwei Drittel der Angestellten sprechen sich laut einer am Freitag veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte für eine solche Lösung aus.
Vorteile von beiden Arbeitsmodellen nutzen
Die letzten zwölf Monate hätten gezeigt, dass die Arbeit im Homeoffice für viele Menschen sehr gut funktioniere, wird Reto Savoia, CEO von Deloitte Schweiz, in der Mitteilung zitiert. «Eine klare Mehrheit wünscht für die Arbeit der Zukunft eine geeignete Mischung aus Fernarbeit und Büropräsenz und will die Vorteile von beiden Arbeitsmodellen nutzen», so Savoia.
Demgegenüber wollen nur 12 Prozent der Angestellten wieder komplett zurück in ihr Büro. Es zeigt sich dabei auch ein Generationenunterschied: Arbeitnehmende über 50 wollen weitaus häufiger wieder vollständig in ihr Büro zurückkehren (16 Prozent) als die unter 30-Jährigen (9 Prozent).
Mehr als ein Viertel der Befragten wünscht sich aber auch, sie müssten gar nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurück und könnten ständig zuhause arbeiten. Diesen Wunsch haben jüngere Arbeitnehmer (31 Prozent) häufiger als die älteren Angestellten (22 Prozent).
Produktivität profitiert
Der Trend zum Homeoffice bringt gemäss Savoia Chancen für die Arbeitnehmer, wie einfachere Familiengestaltung, aber auch für die Unternehmen. So kann eine Firma durch das Ermöglichen von Arbeit im Homeoffice beispielsweise den Radius bei der Suche nach neuen Mitarbeitern vergrössern. Laut Deloitte-Personalexpertin Veronica Melian müssen Unternehmen gezielt flexible Arbeitsplatzmodelle ausarbeiten, um Arbeitskräfte aus der ganzen Welt anzuziehen.
Zweifel an der Produktivität der Mitarbeiter im Homeoffice sind gemäss den Befragten unbegründet: Die Hälfte gab an, im Homeoffice produktiver zu sein als im Büro. Über ein Drittel ist gleich produktiv. Nur 16 Prozent gaben an, dass ihre Produktivität zuhause leide.
Reines Homeoffice gefährdet Wettbewerbsfähigkeit
Gewisse Aufgaben könnten zwar effizienter und produktiver zu Hause erledigt werden, sagte Savoia, der allerdings relativiert: «Viele der Aktivitäten, die gerade die Schweiz so stark gemacht haben, nämlich im produktiven Bereich und im wertschöpfungsintensiven Gebieten, drehen sich schlussendlich um Innovation, neue Ideen und Teamarbeit», sagte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Die Schweiz müsse wettbewerbsfähig bleiben und er glaube nicht, dass das nicht möglich sei, wenn die Leute nur noch zu Hause arbeiten würden. Deshalb sei ein gesunder Mix zwischen Homeoffice und Büroarbeit zwingend.
Zudem ist ein 100-prozentiges Homeoffice-Modell an einem teuren Standort wie der Schweiz gemäss Savoia wenig sinnvoll. Denn Arbeiten, die ohnehin komplett von zuhause aus ausgeführt werden könnten, könne eine Firma auch auslagern. «Unternehmen fragen sich dann, ob die Mitarbeitenden wirklich in der Schweiz sitzen müssen», so Savoia. Für die Angestellten dürfte es sich also lohnen, sich auch ab und zu im Büro zu zeigen. (awp/mc/pg)