Aurel Schmid, Gründer Solarify, im Interview

Aurel Schmid, Gründer Solarify, im Interview
Aurel Schmid, Gründer Solarify. (Foto: Solarify/mc)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Schmid, Sie haben Solarify 2016 gegründet. Heute ist das Unternehmen die grösste unabhängige Crowd-Finanzierungsplattform für Solarprojekte in der Schweiz. Welche (Zwischen)-Bilanz ziehen Sie?

Das ist natürlich ein toller Erfolg. Vor allem wenn man bedenkt, dass wir in einem sehr schwierigen Marktumfeld starteten und auch einige Hindernisse zu überwinden hatten. Es ist schön zu sehen, wie sich die Firma inzwischen professionalisiert hat. Inzwischen sind wir nicht mehr nur die grösste unabhängige Crowdfinanzierungsplattform. Auch bei den Weiterentwicklungen zur Integration von Speicherlösungen sowie ganz allgemein bei der IT-Integration unterschiedlicher Solarprojekte sind wir unter den unabhängigen Contractors führend.

Der Bevölkerung die Möglichkeit geben, in Solarenergie zu investieren, ohne selbst Anlagen bauen oder betreiben zu müssen – wie ist die Idee damals entstanden?

Es gab 2015 ein Startup, das etwas Ähnliches in den USA machte. Ich war damals in Schweden in meinem Zweitstudium Environmental Management and Policy und wurde zufällig darauf aufmerksam. Ziemlich spontan habe ich dort ein Solarpanel gekauft. Es war mir egal, dass dieses auf einem Feld in Boston installiert werden sollte – die Energiewende ist schliesslich eine globale Herausforderung. Nach ein paar Monaten stellte sich heraus, dass das Startup nicht weiterkam. Zumindest erhielt ich aber mein Geld zurück und, noch wichtiger, eine Frage: Lässt sich diese Idee in der Schweiz umsetzen? So kam es, dass ich nach meiner Rückkehr aus Schweden Solarify gründete.

Vor Kurzem hat Solarify einen Meilenstein erreicht und die 10-Megawatt-Grenze installierter Solarleistung geknackt. Auf wie viele Solaranlagen verteilt sich diese Leistung – und wie viel Geld wurde investiert?

Wir haben aktuell 121 Solaranlagen in Betrieb. Rund 1800 Personen haben diese finanziert und gesamthaft über 20 Millionen Franken investiert. Im vergangenen Jahr ist unsere Crowd pro Woche im Schnitt um 10 Personen gewachsen und fast jede Woche haben wir eine neue Anlage ans Netz gebracht.

«Wir haben aktuell 121 Solaranlagen in Betrieb. Rund 1800 Personen haben diese finanziert und gesamthaft über 20 Millionen Franken investiert.»
Aurel Schmid, Gründer Solarify

Welche Arten von Solarprojekten werden typischerweise finanziert?

Wir sind spezialisiert auf mittelgrosse Anlagen, die einerseits von den Liegenschaftsbesitzern nicht selbst finanziert werden können und andererseits zu klein oder zu wenig wirtschaftlich für andere Contractor sind. So entstehen durch unsere Käuferinnen und Käufer Solaranlagen, die ohne sie nicht gebaut werden könnten. Das ist ein echter Mehrwert für die Energiewende – Stichwort Additionality – der sich im Gegensatz zu den allermeisten nachhaltigen Finanzanlagen sehr einfach aufzeigen lässt. Vom Altersheim oder Mehrfamilienhaus über den Kindergarten und die Schreinerei bis zum Bauernhofstall ist in unserem Portfolio alles dabei.

Wie kommen Sie an geeignete Dachflächen?

Wir haben inzwischen ein sehr aktives Netzwerk aus Unterstützenden, bestehenden Dachpartnern, Verbänden, Gemeinden und Privatpersonen, die uns neue Dachpartnerschaften vermitteln. Ausserdem werden wir auch immer besser direkt online gefunden.

Wie hoch ist das durchschnittliche Investment?

Unsere Kundschaft ist sehr vielfältig. Vom Patenkind, das 1 Panel geschenkt erhält, bis zu einem schon fast Grossinvestor, der mehrere hunderttausend Franken investiert. Im Durchschnitt kaufen unsere Kundinnen und Kunden rund sieben Panels zu einem Gesamtwert von 5000 Franken. Rund fünf Panels sind nötig, um den durchschnittlichen Stromverbrauch einer Privatperson in der Schweiz zu decken.

Ende 2023 wurde mit Solarify Tech eine «Schwesterfirma» gegründet. Welche Aufgaben nimmt diese wahr?

In den letzten Jahren des Solarbooms war es schwierig, gute Installateure zu finden. Deshalb haben wir zusammen mit einem erfahrenen Solarplaner und einem Elektrikermeister eine eigene Equipe aufgebaut. Diese installiert exklusiv für uns, ist aber ansonsten nicht im Markt tätig. Die Solarify Tech kann aber nicht alle unsere Projekte umsetzen. Den Rest bauen wir weiterhin mit externen Partnern.

«In den letzten Jahren des Solarbooms war es schwierig, gute Installateure zu finden. Deshalb haben wir zusammen mit einem erfahrenen Solarplaner und einem Elektrikermeister eine eigene Equipe aufgebaut.»

Sie selbst haben die Geschäftsführung im Sommer 2023 an ein vierköpfiges Team von langjährigen Mitarbeitern abgegeben. Weshalb dieser Schritt?

Ich wollte einen Schritt zurücktreten. Der Aufbau von Solarify war anstrengend und fiel mit der Geburt unserer zwei Kinder zusammen. Ausserdem denke ich, dass jeder Gründer wissen sollte, was seine Stärken sind und wann besser andere übernehmen. Ich bin aber weiterhin sehr aktiv dabei und unterstütze das neue Führungsteam sowie die gesamte Firma.

Was ist jetzt Ihre Aufgabe im Unternehmen?

Ich unterstütze vor allem auf strategischer Ebene und pflege wichtige Partnerschaften sowie Schlüsselprojekte insbesondere in der Romandie.

Ende letzten Jahres ist Solarify eine Partnerschaft mit der Urner Kantonalbank eingegangen. Was beinhaltet diese?

Das Ziel unserer strategischen Partnerschaft ist die langfristige Förderung der Energiewende in der Zentralschweiz. Die Urner Kantonalbank vermittelt ihren Kundinnen und Kunden aktiv Zugang zum Angebot von Solarify. Das beinhaltet sowohl die Investitionsmöglichkeit in lokale Solarprojekte als auch die Vermietung der eigenen Dachfläche für eine Solaranlage ohne Eigeninvestition. Zusätzlich investiert die Bank auch selbst in Solarprojekte von Solarify. Bei ersten Projekten in der Zentralschweiz ist die UKB bereits mit eigenen Panels beteiligt.

Der Photovoltaik-Ausbau wächst seit Jahren rasant. Solarenergie dürfte 2024 erstmals über 10 Prozent des Jahresbedarfs geliefert haben. Dennoch müsste die Menge gemäss Stromgesetz in den nächsten 10 Jahren fast verfünffacht werden. Wie kann das gelingen?

Die Branche hat die Kapazitäten in den letzten Jahren deutlich vergrössert und kann diese Menge installieren. Es gibt genügend Flächen auf bestehenden Gebäuden und im Prinzip auch genügend Geld. Hinderlich waren hingegen die unklaren Rahmenbedingungen bezüglich Einspeisevergütungen, Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch und Netzanschlüsse. Diese drohen den Solarausbau temporär sogar zu verlangsamen. Wie also kann der nötige Ausbau gelingen: Wir brauchen möglichst rasch Klarheit, wie wichtige Teile des neuen Energiegesetzes umgesetzt werden sollen, damit wir Projekte weiterplanen können. Und wir brauchen in den Verordnungen realistische Annahmen zu den Einspeisetarifen, damit die im Gesetz vorgesehenen Mindestvergütungen auch tatsächlich kommen. Zudem sollten wir möglichst keine Zeit mit AKW-Luftschlössern verlieren. Diese kommen zu spät, sind zu teuer und sind im neuen Energiesystem mit hohen Anteilen von Wind- und Sonnenenergie fehl am Platz, da sie zu wenig flexibel sind.

«Wir brauchen möglichst rasch Klarheit, wie wichtige Teile des neuen Energiegesetzes umgesetzt werden sollen, damit wir Projekte weiterplanen können.»

Wie beobachten Sie die Diskussion um die Netzstabilität? Welche Möglichkeiten sehen Sie hinsichtlich einer flexiblen Einspeisung von Solarenergie ins Netz?

Das ist ein wichtiger Punkt. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, Speicherlösungen zu implementieren, um die Produktionsschwankunen auszugleichen. Technisch ist das Problem bereits gelöst und der nötige Ausbau wird jetzt sehr rasch kommen – wie schon bei der Solarenergie viel rascher als einige Schwarzseher in der Politik und in der alten Energiewelt denken.

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