Bundesrat will Bau neuer Atomkraftwerke grundsätzlich ermöglichen

Bundesrat will Bau neuer Atomkraftwerke grundsätzlich ermöglichen
Dämmert ein neues Atomkraft-Zeitalter am Horizont?

Bern – Der Bundesrat rüttelt am 2017 beschlossenen Verbot des Baus neuer Atomkraftwerke. Er hat am Mittwoch angekündigt, eine entsprechende Vorlage zu erarbeiten. Er will damit einem Anliegen der Volksinitiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» Rechnung tragen.

Das Schweizer Stimmvolk hatte vor sieben Jahren den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Neue AKWs dürfen daher nicht mehr gebaut werden. Die bestehenden Kernkraftwerke dürfen in Betrieb bleiben, solange sie sicher sind. Die im Februar eingereichte Volksinitiative «Blackout stoppen» verlangt allerdings eine Aufhebung des AKW-Bauverbots.

Der Bundesrat zeigt sich gemäss seinem am Mittwoch getroffenen «Richtungsentscheid» offen dafür, wie er mitteilte. «Das bestehende Neubauverbot für Kernkraftwerke ist mit dem Ziel der Technologieoffenheit nicht vereinbar und birgt darüber hinaus auch Risiken für den Rückbau bestehender Anlagen.»

Zudem sei offen, ob der Ausbau der erneuerbaren Energien rasch genug erfolgen werde, um die wegfallenden Kapazitäten und den steigenden Strombedarf rechtzeitig decken zu können, schrieb der Bundesrat. Er teile die Haltung des Initiativkomitees, dass Technologieoffenheit eine Voraussetzung darstelle, um den steigenden Strombedarf auch langfristig klimaschonend, sicher und zuverlässig decken zu können.

Vorlage bis Ende Jahr
Konkret will der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative erarbeiten, also eine Änderung auf Gesetzesstufe. Eine Aufhebung des Neubauverbots für Kernkraftwerke bedinge keine Verfassungsänderung, schrieb er. Aus diesen und weiteren Gründen lehne er die Initiative ab, die eine Verfassungsänderung vorschlägt.

Der indirekte Gegenentwurf will der Bundesrat nach eigenen Angaben noch in diesem Jahr erarbeiten. Damit solle die langfristige Sicherheit der Energieversorgung gewährleistet werden. Das Umwelt- und Energiedepartement Uvek werde bis Ende 2024 eine Anpassung im Kernenergiegesetz vorlegen.

Die Vernehmlassung soll bis Ende März 2025 dauern, wie es weiter hiess. Danach werde das Parlament die Initiative und den Gegenvorschlag beraten. Energieminister Albert Rösti sagte in der jüngeren Vergangenheit mehrmals, er sei persönlich offen für eine Berücksichtigung aller Technologien. «Wir sollten die Technologien nicht gegeneinander ausspielen.»

Vier Kernkraftwerke in Betrieb
In der Schweiz sind derzeit vier Kernkraftwerke in Betrieb – drei im Kanton Aargau und eines im Kanton Solothurn: Die zwei Reaktoren Beznau stehen in Döttingen AG. Je einen Atommeiler gibt es in Leibstadt AG und in Däniken SO.

Die Schweizer Atomkraftwerke gehören zu 82 Prozent der öffentlichen Hand. Die älteste Anlage ist seit 1969 kommerziell in Beznau in Betrieb. Ein fünftes Kernkraftwerk in Mühleberg BE wurde 2019 nach 47 Jahren abgeschaltet. Es soll bis 2034 zurückgebaut sein.

Grünen kündigten bereits Widerstand an
Die Grünen haben einem möglichen Neubau von Atomkraftwerken in der Schweiz Mitte August an ihrer Parteiversammlung den Kampf angesagt. «Atomkraft hat keine Zukunft, unsere Zukunft sind erneuerbare Energien», sagte Parteipräsidentin Lisa Mazzone.

«Wir sind bereit für einen weiteren Abstimmungstermin, Herr Rösti, um neue AKW in der Schweiz zu bekämpfen», sagte sie. «Wir sind bereit für das Referendum. Und wir werden es gewinnen.» (awp/mc/pg)

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