Zürich – Die Schweizer Bevölkerung will bei der Stromversorgung laut einer Umfrage vor allem auf Solaranlagen und Wasserkraftwerke setzen. Weniger als ein Drittel der Schweizer sind für Atomkraft. Und auch für Windräder hält sich die Begeisterung in Grenzen.
Mit 63 Prozent Zustimmung werden grossflächige Solaranlagen auf Dächern als wichtigste Option angesehen, wie aus einer repräsentativen Umfrage der Unternehmensberatung Deloitte hervorgeht, welche der Nachrichtenagentur AWP vorliegt. Darauf folgt der Ausbau bestehender Stauseen und Wasserkraftwerke (53 Prozent).
Die Frage lautete: «Wie würden Sie die Schweizer Stromversorgung für die nächsten Jahrzehnte sichern?» Dabei konnten die Befragten mehreren verschiedenen Optionen zustimmen.
Auch Windkraft hat schweren Stand
Ein Bau neuer AKW sowie der Erhalt bestehender Meiler erhielt dagegen nur rund 30 Prozent Zustimmung: 32 Prozent sind dafür, die Kernkraftwerke «länger laufen» zu lassen. Den Bau neuer «Atomkraftwerke mit modernster Technologie» befürworten 29 Prozent.
Derzeit ist der Neubau hierzulande verboten. Die Schweizer Bevölkerung hatte 2017 für den Atomausstieg gestimmt: Damals wurde das revidierte Energiegesetz mit 58 Prozent der Stimmen angenommen. Dieses sieht vor, dass die bestehenden vier Kernkraftwerke so lange laufen dürfen wie sie sicher sind. Der Bau neuer Atommeiler ist jedoch verboten.
Ähnlich zurückhaltend zeigten sich die Befragten bei Windenergie: 36 Prozent der Befragten sind dafür, dass Windturbinen in Naturgebieten oder in den Bergen errichtet werden. 25 Prozent sind dafür, dass Windräder in der Nähe von Wohngebieten gebaut werden.
Energiequellen wie Windenergie und Kernkraft seien zwar Gegenstand der politischen Diskussion, würden aber von einem grösseren Teil der Bevölkerung nicht akzeptiert, schreibt Deloitte.
Grosse Wissenslücken
Auch Importe aus dem Ausland, welche bereits heute – vor allem im Winter – ein wesentlicher Bestandteil der Schweizer Stromversorgung sind, stossen bei der Bevölkerung auf keine breite Zustimmung. Lediglich 10 Prozent sprechen sich für den Import von Strom aus. Dabei spielt laut Deloitte auch die Skepsis unter der Bevölkerung mit hinein, wie zuverlässig die Nachbarlänger im Fall eines europaweiten Mangels Strom in die Schweiz liefern würden.
Derweil hätten sich durch die Umfrage auch Wissenslücken in Energiefragen offenbart, schreibt das Beratungsunternehmen. Dass die Schweizer Stromproduktion heute fast zu 100 Prozent CO2-frei ist etwa, sei nur 17 Prozent der Teilnehmer bewusst. In der Schweiz wurden 2022 über 60 Prozent des Stroms mit Wasserkraftwerken produziert und über ein Drittel mit Kernkraft.
Lediglich 19 Prozent wüssten wiederum, dass in der Schweiz bereits ein Standort für das Endlager für Atommüll gefunden wurde. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat im September 2022 bekanntgegeben, dass sie die Region Nördlich Lägern im Kanton Zürich als besten Standort für den Bau eines geologischen Tiefenlagers sieht. Derzeit arbeitet sie an einem Rahmenbewilligungsgesuch.
Das Marktforschungsinstitut Cint hat im Auftrag von Deloitte 1900 Menschen in der Schweiz im Zeitraum vom 10. bis 20. November 2023 befragt. (awp/mc/pg)