Zürich – In der Schweiz sorgt jeder Zweite privat für das Leben nach der Pensionierung vor. Die Aufbesserung der Rente steht dabei klar im Vordergrund, während die Realisierung von grossen Träumen wie eine Weltreise kaum Gewicht hat. Vor allem Geringverdiener gaben an, sich eine dritte Säule nicht leisten zu können. Dies zeigt eine repräsentative Online-Umfrage des Internetvergleichsdienstes comparis.ch.
Das Schweizer Stimmvolk hat die Rentenreform am Sonntag abgelehnt. Und dies, obwohl unbestritten ist, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Das bestätigt auch eine repräsentative Umfrage von comparis.ch. So glauben zwei Drittel der Erwerbstätigen, dass ihnen mit der Rente aus der ersten und zweiten Säule weniger als 60 Prozent des aktuellen Einkommens zur Verfügung stehen wird.
Frauen pessimistischer als Männer
Nur gerade 20 Prozent der Erwerbstätigen gehen davon aus, mit der staatlichen und beruflichen Vorsorge mehr als 60 Prozent des derzeitigen Einkommens beziehen zu können. Auffällig ist, dass Männer in dieser Hinsicht optimistischer sind als Frauen. So glauben 23 Prozent der Männer, dass die Rente aus der ersten und zweiten Säule mehr als 60 Prozent des aktuellen Einkommens betragen wird. Bei den Frauen sind nur 16 Prozent dieser Ansicht.
Marc Parmentier, Finanzexperte bei comparis.ch, erklärt diesen Umstand so: «Da Frauen oft Teilzeit arbeiten und aufgrund der Mutterschaft teilweise grosse Beitragslücken aufweisen, sind sie in Bezug auf die Höhe der Rente pessimistischer als Männer.» Tatsächlich laufen Frauen eher Gefahr, im Alter mit einer Vorsorgelücke konfrontiert zu sein: «Es sind insbesondere geschiedene Frauen betroffen, die lange nicht berufstätig waren und keine vorsorglichen Massnahmen treffen konnten», so Parmentier weiter.
Abstriche beim Lebensstandard nach der Pensionierung
Dass die Rente aus der ersten und zweiten Säule nach der Pensionierung häufig nicht ausreicht, um den gleichen Lebensstandard wie während der Erwerbstätigkeit zu halten, bestätigen die bereits pensionierten Umfrageteilnehmer. 57 Prozent von ihnen geben an, dass sie den Lebensstandard mit der Rente aus der ersten und zweiten Säule «nicht» oder «eher nicht» halten konnten.
«Erfahrungsgemäss benötigt ein Rentner rund 70 bis 80 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit, um den gewohnten Lebensstandard aufrechterhalten zu können», ergänzt Parmentier. Damit das Einkommen mit der Pensionierung nicht plötzlich viel tiefer ausfällt, empfiehlt der Experte, sich so früh wie möglich mit der privaten Vorsorge auseinanderzusetzen.
Aufbesserung der Rente im Vordergrund
Der häufigste Grund für die private Vorsorge, den die Befragten mit dritter Säule nennen, ist die finanzielle Besserstellung nach der Pensionierung (60 Prozent). Und 40 Prozent haben sich für die private Vorsorge entschieden, weil die Rente aus der staatlichen und beruflichen Vorsorge für ein angenehmes Rentnerleben zu klein sei. Auch steuerliche Überlegungen werden häufig ins Feld geführt. 38 Prozent gaben an, sich deswegen für die dritte Säule entschieden zu haben.
Die Realisierung von grossen Träumen wie beispielsweise der Erwerb eines Eigenheims oder die Durchführung einer grossen Reise stehen dagegen im Hintergrund. Gleiches gilt für das Sparen im Hinblick auf mögliche Pflegekosten im Alter. Nur gerade jeder Sechste nannte diese Motive für die private Vorsorge.
Häufig keine Mittel für private Vorsorge vorhanden
Obwohl es gute Gründe gibt, im Rahmen der dritten Säule vorzusorgen, tut dies rund die Hälfte der Umfrageteilnehmer nicht. In dieser Gruppe stehen der privaten Vorsorge vor allem die fehlenden finanziellen Mittel im Weg. 55 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich eine private Vorsorge nicht leisten können. Dabei zeigt sich: je tiefer das Einkommen, desto eher kommt diese Argument zum Tragen. So meinten bei den Befragten mit einem Haushaltseinkommen von weniger als 4000 Franken sogar 70 Prozent, zu geringe Mittel für den Aufbau einer dritten Säule zu haben.
«Je tiefer das Haushaltseinkommen, desto weiter rückt die private Vorsorge in den Hintergrund», erklärt Dominik Weber, Sprecher für Finanzthemen bei comparis.ch. Betroffen sind insbesondere Haushalte mit Kindern. «Familien mit geringem Einkommen haben meist drängendere Probleme als die Regelung der Altersvorsorge. Gerade Geringverdiener sollten sich aber früh damit auseinandersetzen, wie sie trotz knappen Mitteln etwas für das Alter auf die Seite legen können.» (comparis.ch/mc/ps)
Nice to know: Der Comparis-Abstimmungsrechner zur Altersvorsorge 2020
comparis.ch hat im August zusammen mit Prof. Dr. Lukas Müller von der Universität St. Gallen den Comparis-Abstimmungsrechner entwickelt. Dieser weist die finanziellen Auswirkungen der Altersreform 2020 auf individueller Basis aus (indikativ). Der Comparis-Abstimmungsrechner wurde diesen Monat bereits 37’000 Mal aufgerufen.