Ab sofort schärfere Bedingungen im Hypothekargeschäft

Ab sofort schärfere Bedingungen im Hypothekargeschäft

Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf.

Bern – Banken werden im Hypothekargeschäft ab sofort vorsichtiger agieren. Sie haben im Rahmen der Selbstregulierung die Minimalanforderungen für die Hypothekarvergabe verschärft. Damit vermeiden sie, dass der Bundesrat schärfere Regeln verordnet. Seit mehr als einem Jahr mehren sich die Zeichen, dass der Immobilienmarkt wegen der historisch tiefen Zinsen zu überhitzen droht. Auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf sprach am Freitag wieder von «Tendenzen zur Blasenbildung» in gewissen Regionen der Schweiz.

Zusammen mit der Nationalbank warnt Widmer-Schlumpf seit letztem Sommer vor einer Immobilienblase. Der Bundesrat präsentierte deshalb im November konkrete Vorschläge, wie eine solche verhindert werden kann. Die Pläne stiessen bei den Banken jedoch auf Kritik. Eine Prüfung habe ergeben, dass es keine allgemein gültigen Kriterien gebe, wann ein Hypothekarkredit für einen Schuldner nicht mehr tragbar sei.

Auf Selbstregulierung geeinigt
In Gesprächen mit den Banken habe man sich nun darauf geeinigt, dass die Banken das Problem in Selbstregulierung angehen und der Bundesrat keine Regeln verordnet, sagte Widmer-Schlumpf. Konkret dürfen Banken Risiko-Schuldnern ab dem 1. Juli zwar immer noch Hypotheken gewähren. Sie müssen sie aber mit mehr Eigenkapital unterlegen. Als Risiko-Schuldner gelten jene, die für den Kauf einer Immobilie weniger als 10% des Kaufpreises mit eigenem – und nicht aus der zweiten Säule stammendem – Kapital bezahlt haben und die den Hypothekarkredit nicht angemessen amortisieren.

Als angemessene Amortisierung gilt, wenn bei einer Wohnliegenschaft die Hypothekarschuld innert 20 Jahren auf maximal zwei Drittel des Belehnungswerts amortisiert wird.

Umsetzung unter der FINMA
Die Umsetzung der neuen Regeln werden von der Finanzmarktaufsicht FINMA kontrolliert. Diese hat die neuen Mindestanforderungen bei Hypothekarfinanzierungen als aufsichtsrechtlichen Mindeststandard genehmigt. Als weitere Massnahme gegen eine Immobilienblase beschloss der Bundesrat die Grundlage zu schaffen für einen so genannten antizyklischen Kapitalpuffer. Falls sich das Kreditvolumen übermässig stark ausweitet, könnte der Bundesrat auf Antrag der Nationalbank von den Banken zusätzliche Eigenmittel in der Höhe von 2,5% der risikogewichteten Positionen verlangen.

Auch unabhängig von der drohenden Immobilienblase müssen die Banken nächstes Jahr mehr Eigenmittel bereit stellen. Der Bundesrat beschloss am Freitag eine Totalrevision der Eigenmittelverordnung sowie die neue Bankenverordnung auf Anfang 2013 in Kraft gesetzt.

Neue Bankenverordnung ab Anfang 2013
In der Eigenmittelverordnung werden die internationalen Eigenmittel-Standards für Banken «Basel III» umgesetzt. Demnach müssen die Banken künftig Mindesteigenmittel von 8 Prozent und einen zusätzlichen Eigenmittelpuffer von 2,5% der risikogewichteteten Positionen (RWA) halten. Insgesamt 7% müssen aus hartem Kernkapital bestehen, das heisst Aktienkapital und Reserven. In der Bankenverordnung dagegen werden die Regeln zur Eindämmung der Grossbankenrisiken umgesetzt. Diese besagen, dass Banken in der Schweiz eine Basiskomponente von 4,5% und einen Eigenmittelpuffer von 8,5% der risikogewichteten Positionen aufbauen müssen.

10 dieser 13% müssen aus hartem Kernkapital bestehen. 3% dürfen mit sogenannten CoCo-Bonds erfüllt werden. Dabei handelt es sich um Fremdkapital, das im Notfall in Eigenkapital umgewandelt werden muss. Systemrelevante Banken, deren Konkurs die gesamte Volkswirtschaft gefährden würde, müssen darüber hinaus eine progressive Eigenkapital-Komponente äufnen. Diese hängt von der Bilanzgrösse und dem Marktanteil der betroffenen Bank ab.

Bankenverordnung kommt vors Parlament
Während der parlamentarischen Debatte der «Too-big-to-fail»-Vorlage war für die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse von einem zusätzlichen Eigenmittelbedarf von etwa 6% die Rede, insgesamt als etwa 19%. Da die beiden Banken in der Zwischenzeit geschrumpft sind, liegt der Kapitalbedarf zurzeit bei ungefähr 18%. Da das Parlament dem Bundesrat misstraute und befürchtete, dass dieser die Schraube in der Umsetzungsverordnung zum Bankengesetz übermässig anzieht, muss die Regierung die Verordnung dem Parlament zur Genehmigung unterbreiten.

Laut Widmer-Schlumpf wurden am Verordnungstext gegenüber der Vernehmlassung keine wesentlichen Änderungen vorgenommen. Man habe aber klar festgehalten, dass die 19, respektive 18% als maximale Eigenkapitalanforderung gelte und nicht durch die Summierung der Anforderungen für einzelne Konzerngesellschaften überschritten werden könne. (awp/mc/ps)

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