Wolfgang Kuhn, Head of Pan European Fixed Income bei Aberdeen Asset Management, kommentiert die Ergebnisse der heutigen EZB-Ratssitzung:
„Die Falken im Rat der Europäischen Zentralbank scheinen auf dem Vormarsch: Nicht nur wird der Umfang des Staatsanleihekaufprogramms – obwohl zwar über März 2017 hinaus verlängert – ab März von 80 Mrd. Euro auf 60 Mrd. Euro heruntergefahren. Auch eine Veränderung des Ankaufschlüssels zugunsten der Schuldeninstrumente höher verschuldeter Euroländer scheint abgewendet. Stattdessen hat man sich dazu durchringen können, Bundesanleihen bei Renditen unterhalb des Einlagenzinssatzes zu kaufen.
Man sollte aber noch nicht die Luft anhalten: Von einer Zinswende zu sprechen, wäre verfrüht. EZB-Präsident Draghi liess sich auch in der Pressekonferenz ausreichend Raum, um seiner Weichwährungspolitik bis zum Ende seiner Präsidentschaft treu bleiben zu können. Deflationsgefahren sieht man zwar nun plötzlich keine mehr. Das Inflationsziel sei aber auch weiterhin ausser Reichweite – eine für 2019 erwartete Inflationsrate von 1,7% sei nun mal nicht „nahe bei“ zwei Prozent, dem gegenwärtigen selbstgewählten Inflationsziel der EZB. Die beschlossene Rückführung des Quantitative Easing-Programms („Tapering“) sei auch gar nicht als solche zu verstehen, die EZB bleibe „im Markt“ präsent.
Wie inzwischen üblich, nimmt er dazu noch die Wirtschaftspolitik der Euroländer (gemeint ist Deutschland) in die Pflicht, durch Neuverschuldung das europäische Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Eine Dämpfung des Reformeifers nationaler Regierungen durch die expansive Geldpolitik meint der EZB-Präsident explizit ausschliessen zu können.“ (Aberdeen/mc/ps)