Afrika: Anlagechancen für Mutige

Von Martin Raab und Dieter Haas, Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch

Der schwarze Kontinent gilt als Synonym für Dürre, Armut und Gewalt. Doch die Praxis zeigt viele wirtschaftliche Erfolgsgeschichten. Die relative Bewertung Afrikas im Vergleich zu den westlichen Industrienationen ist gegenwärtig sehr vorteilhaft. Mutige Investoren wagen jetzt den Markteinstieg.

Es gibt keinen Kontinent, dessen Schlagzeilen und Berichterstattung derart zweigeteilt sind wie Afrika. Entweder laufen bemerkenswerte Wirtschaftserfolge über den Ticker – oder schlichte Horror-News. So bestätigte das Blutbad extremistischer Islamisten in der Westgate Shopping-Mall in Nairobi das omnipräsente Vorurteil von fragiler Sicherheit und tödlichen Gefahren. Leider zu unrecht. Kenia ist einer der wirtschaftlichen Champions Ostafrikas, der mehr und mehr ausländische Direktinvestitionen anzieht. So hat keine drei Tage vor der überraschenden Terrorattacke, der US-Konzern General Electric seine Finanzierungszusage über USD 100 Mio. für ein kenianisches Windenergieprojekt gegeben. Es zeigt: «boom and bust» liegen in Afrika eng beisammen – doch die Chancen überwiegen zunehmend. Viele der 54 Länder des «vergessenen Kontinents» sind heute zu robusten Volkswirtschaften mit viel Potenzial geworden.

Erfolge aber keiner schaut hin
Trotz respektabler Wachstumswerte ihrer Volkswirtschaften (siehe Grafik) wird der schwarze Kontinent von Anlegern mehrheitlich noch links liegen gelassen. Dabei offeriert der Kontinent etliche Trouvaillen. Offenkundig bergen die Investments wegen der häufig eingeschränkten Liquidität allerdings grössere Risiken als die Jagd in bekannten Gefilden. Mit der nötigen Beharrlichkeit und einer vernünftigen Diversifikation lassen sich aber zahlreiche Stolpersteine entschärfen. Immer mehr westliche Investmenthäuser erkennen diese immensen Chancen. So hat sich Mark Mobius, einer der Pioniere für Aktieninvestitionen in Schwellenländern, im Mai 2012 nach Afrika gewagt. Er legte den Franklin Templeton Africa Fund auf und sammelte bis dato rund USD 100 Mio. für lokale Aktienanlagen ein. Neben den börslichen Investments überwiegt in Afrika traditionell Private Equity (PE) als Anlageklasse. Global flossen rund 25% aller Private Equity Investments in die Emerging Markets, 4% davon in die Sub-Sahara Region. In Zahlen ausdrückt wurden dort im Jahr 2012 rund USD 1,1 Mrd. durch PE-Firmen investiert. Die durchschnittliche Deal-Size betrug USD 5 Mio., das dominierende Anlageziel ist der afrikanische Finanzsektor.

«Viele der 54 Länder Afrikas sind zu robusten Volkswirtschaften geworden.»

Bodenschätze als Geldquelle
Die meissten Investoren lockt aber ganz klar das noch vielerorts noch nicht explorierte Rohstoffvorkommen in Afrika an. Grösster Rohstoff-Jäger auf dem Kontinent ist China, vielleicht auch der skrupelloseste, gefolgt von den schweizdomizilierten Rohstoffhändlern Xstrata/Glencore, Transocean und Trafigura. Laut econoafrica schlummern etwa 10% der weltweiten Ölreserven, 40% der globalen Goldvorkommen und 85% aller Chrom- und Platinmetalle unter den afrikanischen Böden. Ferner verfügt der Kontinent über grosse Vorkommen an Wolframit, Coltan und andere für die Hochtechnologie wichtigen Rohstoffe und Mineralien. Im Gegenzug für Abbaurechte energiehungriger Nationen wie China, Brasilien und Indien erhalten die betreffenden Länder dringend benötigte Infrastrukturanlagen – in der Regel gegen Krediteinräumung. Die Bodenschätze bilden für viele afrikanische Staaten die zentrale Einnahmequelle. Rund 80% der gesamten Exporterlöse verdankt Afrika Öl, Gas, Gold, Platin, anderen Metallen und Mineralien.

Fast grösster Binnenmarkt der Erde
Ein weiterer Trumpf Afrikas ist deren junge und grosse Bevölkerung von rund einer Milliarde Einwohnern mit einem Durchschnittsalter von lediglich rund 20 Jahren. Mit etwa 170 Mio. Einwohnern ist Nigeria der grösste Binnenmarkt Afrikas. Das Pro-Kopf-Einkommen von rund USD 1‘900 p.a. macht das Land hochinteressant für den Konsumgüterbereich. Die schnell wachsende Mittelschicht ist vom westlichen Lebensstil mit all seinen Bequemlichkeiten angetan. Quer durch Afrika expandieren Konzerne wie Nestlé, Johnson&Johnson, Coca-Cola oder auch Elektronikhersteller wie Samsung. Die jüngste Expansionsmeldung kommt von Wal-Mart: In den nächsten drei Jahren wird der US-Handelskonzern 90 neue Einkaufscenter südlich der Sahara eröffnen, primär in Nigeria und Angola. Auch Autobauer reiben sich zunehmend die Hände. In den nächsten zwei Jahren wird der Autoabsatz um 20% ansteigen und die Marke von zwei Millionen Neufahrzeugen kratzen. Die beiden Platzhirsche in Afrika, gemessen an den Neuwagenabsätzen in 2012, sind Toyota (237,000 Neuwagen) und GM (180,000 Neuwagen).

«Anleger finden mehr und mehr Strukturierte Produkte mit Fokus Afrika im Angebot.»

Fast keine Afrika-ETFs an der SIX
Wer bei ETFs nach diversifizierten Afrika-Investitionen sucht, der findet an der SIX praktisch nichts. Unter den in der Schweiz kotierten ETFs fokussiert sich kein einziger auf den ganzen schwarzen Kontinent. Bisher sind nur Südafrika-Investments verfügbar: CSZA, der iShares MSCI South Africa ETF, eignet sich als gute Beimischung. Das Produkt fokussiert  sich auf die wirtschaftlich führenden Unternehmen am Kap. Dominierend im Index sind die südafrikanische Telekom-Holding MTN Group (12.16%) und der Medienkonzern Naspers (11,4%). Daneben hat der MSCI South Africa Index rund 15% Exposure auf Finanzaktien. CSZA, durchschnittlicher Spread 0,7%, kommt mit einer Gesamtkostenquote (TER) von 0,65% aus. Parallel mit starkem Fokus auf Bergbau (ca. 12%) und Konsum (10%) bieten sich ETF-Angebote auf den FTSE/JSE Africa Top 40 Index an. Mit LYAFS hat Lyxor ETF die beste und günstigste Produktlösung auf diesen Index im Angebot. Generelles Manko bei allen genannten ETFs ist die fehlende Währungssicherung im Schweizer Franken. Doch um den ETF in eine Hedged-Variante zu verwandeln, ist ganz klar die heimische Käufer-Nachfrage von Vermögensverwaltern und Retail-Anlegern für Afrika-Themen noch zu gering.

Teuerer Superperformer
Bei den Strukturierten Produkten finden sich mehr und mehr, vor allem aber länderbezogene Anlageprodukte. Die meisten stammen von den beiden nur noch eingeschränkt aktiv am Markt tätigen Emittenten, Royal Bank of Scotland (angekündigter Verkauf der Struki-Sparte) und Bank of America/Merrill Lynch. Performance-mässig glänzte zuletzt das Tracker-Zertifikat NGRIA auf den RBS Nigeria PR Index mit respektablen Erträgen. Der Basiswert umfasst 16 Titel von in Nigeria tätigen Unternehmen. Mit einer Geld-Brief-Spanne von 4,18% ist der Einstieg allerdings sehr kostspielig und daher nur bedingt empfehlenswert.

Ausgewählte Afrika-Tracker
Qualitativ und spesenmässig einwandfrei und uneingeschränkt empfehlenswert ist der Kauf des Tracker-Zertifikates ETJSE auf den oben erklärten FTSE/JSE Africa Top 40 Index. Das von der Emittentin UBS als «Exchange Traded Tracker» bezeichnete Produkt erhebt bislang keine Managementgebühr und wird mit einem akzeptablen Spread von 0,85% gehandelt. Im Juni lancierte Leonteq Securities einen auf die Region Sub-Sahara bezogenen Basket (siehe Besprechung im Rahmen der Product News). Last but, beileibe, not least sei das in Deutschland kotierte Tracker-Zertifikat DB4AFR auf den Solactive Africa Index genannt. Der Basiswert bildet die Kursentwicklung von maximal 20 Unternehmen ab, deren Geschäftstätigkeit auf Afrika fokussiert ist. Der Index wird halbjährlich angepasst und ist als Performance-Index konstruiert. Der Index wird in Euro berechnet. Die Managementgebühr des qualitativ besten Strukturierten Produktes auf Afrika beläuft sich auf jährlich 1,50%. Hinzu kommt allerdings ein exorbitant grosser Spread von 2,74%.

«Für langfristig orientierte Anleger bietet sich lukratives Gewinnpotenzial.»

Afrika-Alternative von J.P. Morgan
Unter den in der Schweiz zugelassenen Anlagefonds mit Schwerpunkt Afrika sticht der Africa Equity Fund von J.P. Morgan hervor. Seine Performance ist im Quervergleich herausragend. Der Anlageprozess des Fonds orientiert sich am Bottom-up-Prinzip und setzt für die Wertentwicklung massgeblich auf die Aktienauswahl. Im Marktkommentar vom Juli äusserten sich die beiden Portfolio Manager sehr zuversichtlich über die zukünftigen Perspektiven. So ist das Kurs/Buchwert-Verhältnis des MSCI Emerging Markets Index erstmals seit der Finanzkrise unter den Wert von 1.5 gefallen. Mit Blick auf das ungebrochene Wachstumspotenzial bietet aus ihrer Sicht ein Einstieg für langfristig orientierte Anleger geradezu an.

Erstklassiges Stock-Picking möglich
Trotz schwieriger Marktbedingungen seit der Finanzkrise finden sich im Anlageuniversum Afrika einige herausragende Einzelexemplare. Sechs unter ihnen verdienen eine besondere Erwähnung: Howden Africa, Société Métallurgique Imiter, Coronation, EOH, Nestle Nigeria und Napers. Die Beteiligungspapiere der in unterschiedlichen Sektoren tätigen Unternehmen bzw. Tochtergesellschaften glänzten in den letzten drei Jahren allesamt mit einer weit überdurchschnittlichen Kursentwicklung. Die in Südafrika beheimatete Howden Africa liefert die weltgrössten Baureihen von Ventilatoren und Gebläsen für nahezu alle Industrieanwendungen in Afrika – von Lüftungsanlagen für die Gebäudeausrüstung bis hin zu Kesselgebläsen. Societe Metallurgique Imiter, eine Tochtergesellschaft des marokanischen Konzerns Managem ist in der Minenindustrie (Silber) tätig. Naspers, ein südafrikanischer Medienkonzern mit Hauptsitz in Kapstadt ist in den Bereichen Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher), Fernsehen (Pay-TV) und Internet (als Provider und Portalbetreiber) aktiv. EOH ist ein in Afrika und Grossbritannien tätiger IT-Konzern. Nestlé Nigeria ist die Tochtergesellschaft des hierzulande bestens bekannten Mutterhauses. Ihre Geschäftstätigkeit umfasst die Bereiche Nahrungsmittel und Getränke. Bei der südafrikanischen Coronation Fund Managers handelt es sich um einen der grössten und erfahrensten Finanzdienstleister.

«Die Mietpreise in Luanda sind teurer als in Zug oder Wollerau.»

Nicht nur Strohhütten
Auch wer Afrika als «billiges Pflaster» für Leben und Wohnen einschätzt, wird in der Praxis oft eines Besseren belehrt. So gehören die Lebenshaltungskosten im OPEC-Mitgliedsstaat Angola, dem zweitgrösster Erdölproduzent Afrikas hinter Ni     geria, zu den höchsten weltweit. Mietpreise für Neubauwohnungen in Luanda, der Hauptstadt Angolas, sind mit rund CHF 6‘600 teurer als in bekannten schweizer Tiefsteuerorten wie Zug oder Wollerau. Doch eine ironische Parallele gibt es: Die Preisspirale wird in Luanda wie auch hierzulande von Expats aus der Rohstoff-Branche getrieben. Bleibt zu hoffen, dass solche Headlines künftig den News-Flow aus Afrika dominieren – statt blutiger Tragödien.

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