München – Gute Geschäfte in der Vermögensverwaltung haben Europas grössten Versicherer Allianz teurere Grossschäden im zweiten Quartal überraschend gut verkraften lassen. Mit einem operativen Gewinn von knapp drei Milliarden Euro verdiente der Dax-Konzern etwas mehr als ein Jahr zuvor.
Finanzchef Giulio Terzariol schürte am Freitag die Hoffnung, dass dem Versicherer im laufenden Jahr ein operativer Gewinn zwischen 11,1 und 11,6 Milliarden Euro gelingt – und er damit die obere Hälfte der im Februar gesetzten Zielspanne erreicht.
Umsatz um 3% gesteigert
Anders als das gesteigerte Quartalsergebnis war diese Prognose für Branchenkenner jedoch keine Überraschung. Analysten gingen für 2018 zuletzt bereits von einem operativen Gewinn von 11,5 Milliarden Euro aus. Im Vorjahr hatte der Konzern operativ 11,1 Milliarden Euro verdient. Dass es diesmal mehr werden soll, machte Terzariol davon abhängig, dass der Rest des Jahres nicht mit ungewöhnlich schweren Naturkatastrophen oder Finanzmarkt-Turbulenzen aufwartet.
Im zweiten Quartal steigerte die Allianz ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um drei Prozent auf 30,9 Milliarden Euro, wie sie in München mitteilte. Der Überschuss ging hingegen um fünf Prozent auf 1,9 Milliarden Euro zurück, weil der Konzern wie angekündigt eine Sonderbelastung aus dem Verkauf seines Lebensversicherungsgeschäfts in Taiwan verbuchen musste. Der Gewinnrückgang fiel aber geringer aus als von Experten erwartet.
Höhere Belastungen durch Grossschäden und Unwetter
Der höheren Belastung durch Grossschäden und Unwetter konnte sich die Allianz nicht ganz entziehen. Nach Abzug der Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb blieb von den Prämieneinnahmen im Schaden- und Unfallgeschäft weniger übrig als ein Jahr zuvor. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verschlechterte sich von 93,7 auf 94,1 Prozent. Gesunkene Verwaltungskosten hätten einen Teil der Belastungen wettgemacht, hiess es. Der operative Gewinn des Bereichs blieb dabei praktisch stabil.
Weniger warf das Geschäft mit Lebens- und Krankenversicherungen ab. Hier sank der operative Gewinn um knapp fünf Prozent, weil die Kapitalanlagen in Deutschland und Spanien weniger für den Konzern abwarfen. Allerdings legte der Barwert des Neugeschäfts von 13,6 auf 14 Milliarden Euro zu. So setzt die Allianz auf ihrem Heimatmarkt statt auf klassische Lebens- und Rentenversicherungsverträge vor allem auf neue Vertragstypen ohne herkömmlichen Garantiezins. Die Kunden tragen dabei einen grösseren Teil des Anlagerisikos, sollen im Gegenzug aber die Chance auf höhere Renditen haben.
Vermögensverwalter Pimco legt zu
Verantwortlich für den Gewinnanstieg im laufenden Geschäft war diesmal die Vermögensverwaltung des Konzerns, zu der neben der US-Fondstochter Pimco auch die Anlagegesellschaft Allianz Global Investors zählt. Mit 652 Millionen Euro verdiente sie operativ fast zwölf Prozent mehr – auch weil sie im Schnitt vor allem wegen Währungseffekten mehr Kundengelder verwaltete als ein Jahr zuvor.
Allerdings zogen die Anleger zwischen Anfang April und Ende Juni netto wieder rund 9,2 Milliarden Euro aus den Fonds ab – ein eher schlechtes Zeichen. Dies soll aber überstanden sein. Im Juni und Juli hätten die Fonds wieder Zuflüsse verzeichnet, sagte Finanzchef Terzariol.
Dickes Finanzpolster
Unterdessen sitzt die Allianz weiterhin auf einem dicken Finanzpolster. Die Solvabilitätsquote nach dem Regelwerk Solvency II stieg von Ende März bis Ende Juni von 225 auf 230 Prozent. Bereits im Juni gab die Allianz bekannt, bis Ende September eine weitere Milliarde Euro in den Rückkauf eigener Aktien zu stecken. Damit summieren sich die Aktienrückkäufe in diesem Jahr bereits auf 3 Milliarden Euro – wie schon im Vorjahr.
Weitere Aktienrückkaufe?
Weitere Aktienrückkäufe noch in diesem Jahr, wie teilweise von Analysten erwartet, wollte Terzariol weder ankündigen noch ausschliessen. «Ich denke, für dieses Jahr haben wir schon etwas geleistet.» Was die Allianz mit ihrem überschüssigen Kapital anstelle, hänge auch davon ab, ob sie für das kommende Jahr grössere Übernahmen plane.
Bisher hat sich der Konzern schwergetan, geeignete Übernahmeziele zu finden. Vorstandschef Oliver Bäte hat wiederholt erklärt, in der Sachversicherung weiter zukaufen zu wollen. Allerdings seien die aufgerufenen Preise zu hoch. Zuletzt steckte der Konzern zwei Milliarden Euro in die Komplettübernahme des Kreditversicherers Euler Hermes. Der französische Versicherer Axa hat hingegen die Übernahme des US-Schadenversicherers XL Group für über 15 Milliarden US-Dollar angeleiert. An der Börse wurde der Konzern angesichts des hohen Kaufpreises dafür abgestraft. (awp/mc/pg)