Zürich – Die Coronakrise verursachte im vergangenen Jahr nicht nur gesundheitliche, sondern auch schwere wirtschaftliche Schäden. Allerdings erholten sich die Aktienmärkte dank der Geld- und Fiskalpolitik schnell wieder von dem Schock. Zudem schnellten aufgrund der Lockdowns die Spargelder in die Höhe – das weltweite Brutto-Geldvermögen überstieg laut dem 12. «Global Wealth Report» der Allianz erstmals die Schwelle von 200 Billionen Euro.
Der «Global Wealth Report» der Allianz hat das Geldvermögen und die Verschuldung Verschuldung der privaten Haushalte in fast 60 Ländern analysiert [1] . So war 2020 war ein Jahr extremer Gegensätze. Covid-19 zerstörte weltweit Millionen an Menschenleben und Existenzen. In der Folge stürzte die Weltwirtschaft in ihre tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Gleichzeitig mobilisierten Geld und Fiskalpolitik ungeahnte Summen zur Unterstützung von Wirtschaft, Märkten und Menschen. Mit Erfolg: Einkommen wurden stabilisiert und die Aktienmärkte erholten sich schnell. Mit diesem Rückenwind widerstand das Geldvermögen der Haushalte der Corona-Krise: Das globale Brutto-Geldvermögen stieg 2020 um 9,7% und erreichte damit erstmals die magische Marke von 200 Billionen Euro.
Aus der Krise gespart
Ersparnisse waren der Hauptreiber der Entwicklung. Die Lockdowns reduzierten die Konsumgelegenheiten drastisch und führten zum globalen Phänomen der «forced savings». Frische Spargelder schnellten um 78% in die Höhe auf 5,2 Billionen Euro, ein absoluter Rekordwert. Zuflüsse in Bankkonten verdreifachten sich nahezu (+187%). Auf Bankeinlagen entfielen in allen untersuchten Märkten die Hälfte oder mehr der frischen Spargelder. Bankeinlagen weltweit stiegen daher erstmals zweistellig mit einer Rate von 11,9%; der bisherige Spitzenwert lag im Jahr 2008 während der grossen Finanzkrise bei 8%. Während auch die Vermögensklasse der Wertpapiere – getrieben von der starken Börsenentwicklung – kräftig um 10,9% zulegte, war die Entwicklung bei Versicherungen und Pensionsfonds deutlich verhaltener (+6,3%).
Schweizerinnen und Schweizer setzen vermehrt auf Aktien
Das Brutto-Geldvermögen der schweizerischen Haushalte stieg im Jahr 2020 um 3,9%, nachdem es im Vorjahr noch beinahe doppelt so schnell gewachsen war (7,6%). Dieses etwas gemächlichere Wachstum ist vor allem auf die Vermögensklasse Wertpapiere zurückzuführen, die um 6,5% zulegte (2019: 17,4%). Dabei ist der Anstieg vor allem auf den Zufluss frischer Spargelder zurückzuführen. Während sich die Schweizer Börse 2020 übers Jahr gesehen kaum vom Fleck bewegte, legten die Schweizer Haushalte 48 Milliarden Euro frisch an den Kapitalmärkten an, so viel wie noch nie und beinahe zehnmal mehr als im vorangegangenen Jahr.
Erstmals übertraf auch das Volumen frischer Spargelder insgesamt die 100 Milliarden Euro Marke. Und im Gegensatz zu ihren Nachbarn, die vor allem ihre Bankeinlagen kräftig aufstockten, reduzierten die Sparer in der Schweiz dabei ihre Zuflüsse in Bankeinlagen (von 34 auf 29 Milliarden Euro) – die Negativzinsen trieben sie an die Börse. Zuflüsse zu Versicherungen und Pensionsfonds blieben dagegen mit 27 Milliarden Euro nahezu unverändert. Entsprechend unspektakulär fiel das Wachstum dieser Vermögensklassen aus. Bankeinlagen stiegen um 3%, Versicherungen und Pensionsfonds um 2,9%.
Schweiz hat weltweit höchste Verschuldung
Die Verbindlichkeiten stiegen 2020 um 2,7%, was in etwa dem Wachstumstempo der letzten Jahre entspricht. Da jedoch gleichzeitig das Wirtschaftswachstum einbrach, sprang die Schuldenquote (Verbindlichkeiten in % des BIP) auf 135% – die Schweiz bleibt damit weltweit das Land mit der höchsten Verschuldung. Mit 101.210 Euro liegt die Verschuldung pro Kopf auch erstmals über der 100.000 Euro Marke.
Das gesamte Nettofinanzvermögen schliesslich stieg um 4,5%. Damit blieb die Schweiz mit einem Netto-Geldvermögen pro Kopf von 212.050 Euro auf Platz 2 im Ranking der 20 reichsten Länder stehen (Geldvermögen pro Kopf, siehe Tabelle); wie im Vorjahr wird die Liste von den USA angeführt. Während sich an den Spitzenpositionen der Schweiz und USA in den letzten beiden Dekaden nichts geändert hat, sind dahinter grosse Verschiebungen zu beobachten. Einige europäische Länder wie Italien, Frankreich, Belgien oder Grossbritannien sind relativ dramatisch abgestürzt.
Als Konsequenz sehen die Top10 heute deutlich anders aus als im Jahr 2000: Sie haben sich zu einer skandinavisch-asiatischen Angelegenheit gewandelt. Im Jahr 2021 sollte das Wachstum wieder dynamischer ausfallen – sofern keine kräftige Korrektur an den Aktienmärkten eintritt, die bisher gut gelaufen sind. Im ersten Halbjahr steht für die schweizerischen Haushalte und ihr Geldvermögen daher schon ein Plus von etwa 5% zu Buche.
Geldvermögen wächst weiter
Trotz eines verhaltenen Starts, trotz fortgesetzter Engpässe im Welthandel und trotz neuer Virusvarianten, die zu neuen Einschränkungen zwingen, wird das globale BIP laut Allianz in diesem Jahr kräftig wachsen – dank der Impfkampagne, die die Wiedereröffnung der Wirtschaft und die (teilweise) Rückkehr zur Normalität ermöglicht. Zugleich bleiben die extrem lockere Geldpolitik und eine grosszügige Fiskalpolitik in Kraft. Was bedeutet dies für die Sparer weltweit? Sofern es nicht in den letzten Monaten des Jahres noch zu einer heftigen Börsenkorrektur kommt, sollte auch 2021 ein gutes Jahr für sie werden: Das globale Brutto-Geldvermögen dürfte um 7% wachsen.
[1] Zum Brutto-Geldvermögen zählen Bargeld und Bankeinlagen, Ansprüche gegenüber Versicherungen und Pensionsfonds, Wertpapiere (Aktien, Anleihen und Anteile an Investmentfonds) sowie sonstige finanzielle Forderungen.