Allianz hält trotz Ukraine-Krieg an Gewinnziel fest
München – Der Versicherungskonzern Allianz sieht sich trotz des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen gegen Russland auf Kurs zu seinem Gewinnziel für das laufende Jahr. Der operative Gewinn solle nach 13,4 Milliarden Euro im Vorjahr weiterhin 12,4 bis 14,4 Milliarden Euro erreichen, teilte der Dax-Konzern am Donnerstag in München mit. Unter dem Strich schlägt allerdings ein milliardenschwerer Rechtsstreit um eine Panne bei Hedgefonds der Konzerntochter Allianz Global Investors (AGI) teuer zu Buche. Im ersten Jahresviertel legte das Unternehmen dafür noch einmal 1,9 Milliarden Euro zur Seite.
An der Börse wurden die Neuigkeiten am Morgen mit einem Kursabschlag von mehr als einem Prozent quittiert. Allerdings gehörte die Allianz-Aktie damit in einem schwachen Gesamtmarkt zu den stärkeren Titeln im Dax. Die wichtigsten Gewinnzahlen zum ersten Quartal hatte der Konzern überraschend schon am Mittwoch mitgeteilt hatte.
Branchenexperte Philip Kett vom Analysehaus Jefferies zeigte sich von der Geschäftsentwicklung positiv überrascht. Sowohl im Schaden- und Unfallgeschäft als auch in der Lebens- und Krankenversicherung habe die Allianz klar besser abgeschnitten als von Analysten im Schnitt erwartet. Das Fondsgeschäft der Gesellschaften AGI und Pimco habe die Erwartungen nur leicht verfehlt.
«Die Ergebnisse dieses Quartals zeigen, dass unser Geschäft erheblichen geopolitischen und wirtschaftlichen Belastungen standhalten kann», sagte Vorstandschef Oliver Bäte. Wegen des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen gegen den Angreifer Russland nahm die Allianz Abschreibungen auf russische Finanzanlagen vor.
Für den Fall, dass der Konzern das Geschäft seiner russischen Tochtergesellschaften endgültig einstellen muss, rechnet der Vorstand mit einer Belastung zwischen 400 und 500 Millionen Euro. Die Allianz hatte ihr Neugeschäft in Russland wegen des Ukraine-Kriegs im Februar gestoppt.
Umsatz um rund sechs Prozent auf 44 Milliarden Euro gesteigert
Im ersten Quartal erzielte die Allianz konzernweit einen Umsatz von 44 Milliarden Euro, rund sechs Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der operative Gewinn sank – wie seit Mittwoch bekannt – um drei Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Dabei steckte der Versicherer deutlich gestiegene Schäden durch Naturkatastrophen weg. Vor allem wegen der Überflutungen in Australien und der Zerstörungen durch Winterstürme in Europa musste die Allianz netto Naturkatastrophenschäden in Höhe von 689 Millionen Euro schultern. Das war mehr als dreieinhalb Mal so viel wie ein Jahr zuvor.
Im Schaden- und Unfallgeschäft sank der operative Gewinn im Jahresvergleich um neun Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Euro. Dabei profitierte die Allianz davon, dass sie Rückstellungen für Schäden aus früheren Jahren teilweise auflösen konnte. In der Lebens- und Krankenversicherung fiel der operative Gewinn mit 1,2 Milliarden Euro überraschend praktisch genauso hoch aus wie ein Jahr zuvor. Dabei hätten die Übernahme der Polen-Sparte des Versicherers Aviva sowie bessere Ergebnisse aus Taiwan, Spanien und der deutschen Lebensversicherung das Ergebnis gestützt.
Auch die Fondstöchter AGI und Pimco warfen mehr ab. Der operative Gewinn der gesamten Fondssparte legte um elf Prozent auf 831 Millionen Euro zu. Allerdings sind die Milliardenkosten für die Klagen von Grossanlegern gegen AGI bei dieser Kennzahl ausgeklammert. Unterdessen zogen Anleger netto neun Milliarden Euro aus den Fonds von Pimco und AGI ab. Noch viel deutlicher wirkten sich die Turbulenzen an den Finanzmärkten aus: Das für Dritte verwaltete Vermögen schrumpfte zwischen Ende Dezember und Ende März in Summe um 89 Milliarden auf knapp 1,9 Billionen Euro.
Belastung für Hedgefonds-Debakel steigt auf 5,6 Milliarden Euro
Wie teuer der Rechtsstreit in den USA die Allianz zu stehen kommt, zeigte sich zumindest teilweise beim Nettogewinn des ersten Quartals. Nachdem die Allianz im Jahresabschluss für 2021 bereits 3,7 Milliarden Euro für die Entschädigung von Klägern zurückgelegt hatte, kam im ersten Quartal ein weiterer Brocken von 1,9 Milliarden Euro hinzu. Damit summiert sich die Belastung bisher auf etwa 5,6 Milliarden Euro.
Im ersten Quartal brach der auf die Allianz-Aktionäre entfallende Nettogewinn daher von fast 2,6 Milliarden auf 561 Millionen Euro ein. Zudem schrumpfte Kapitalstärke des Konzerns in Form der Solvency-II-Quote zwischen Ende Dezember und Ende März von 209 auf 199 Prozent. Der Allianz-Vorstand geht nach Angaben vom Mittwoch davon aus, dass die milliardenschweren Rückstellungen für den Rechtsstreit die finanziellen Risiken jetzt insgesamt abdecken.
Grund des Ärgers sind die Verluste, die professionelle Anleger zu Beginn der Corona-Krise im Jahr 2020 mit den Structured Alpha Fonds von Allianz Global Investors (AGI) erlitten hatten. Mehrere Investoren, darunter Pensionsfonds, haben das Unternehmen daher auf Schadenersatz verklagt.
Die Vorwürfe laufen darauf hinaus, dass die Manager dieser Hedgefonds die eigenen Richtlinien nicht eingehalten und nicht angemessen auf die Marktentwicklung reagiert hätten. Dies soll die hohen Verluste verursacht haben. Die Allianz-Führung wollte sich zu ihrer Sicht der Dinge bisher nicht äussern, bevor die US-Behörden ihre Untersuchungsergebnisse vorgelegt haben. (awp/mc/ps)