Allianz peilt 2021 wieder Rekordniveau an
München – Der Versicherungskonzern Allianz ist im Corona-Jahr 2020 überraschend glimpflich davongekommen. Für 2021 peilt Konzernchef Oliver Bäte schon wieder ein Rekordergebnis an. So hat der Versicherer bei seinen Geschäftskunden teils deutlich an der Preisschraube gedreht und sich von unrentablen Verträgen getrennt. Für die flächendeckende Schliessung von Betrieben will der Konzern nicht geradestehen. Und auch eine endgültige Absage der Olympischen Spiele würde die Allianz nur wenig kratzen. Derweil können sich die Anteilseigner auf eine stabile Dividende freuen.
An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Die Allianz-Aktie legte um die Mittagszeit um etwa 1,6 Prozent auf rund 198 Euro zu und gehörte damit zu den stärksten Werten im Dax . Allerdings wird das Papier immer noch rund 15 Prozent billiger gehandelt als vor zwölf Monaten, bevor die Corona-Krise auf die Finanzmärkte durchgeschlagen hatte. UBS-Analyst Colm Kelly lobte am Morgen das Zahlenwerk der Allianz. «Überraschend positiv» lautete auch das Urteil von Jefferies-Analyst Philip Kett zum Abschneiden des Versicherers im vierten Quartal.
Operativer Gewinn von 11 bis 13 Mrd Euro im laufenden Jahr
Für das laufende Jahr nimmt sich die Allianz-Führung einen operativen Gewinn von 11 bis 13 Milliarden Euro vor. Damit räumt sich der Vorstand zwar eine doppelt so grosse Zielspanne ein wie sonst üblich. Doch mit einem Ergebnis in der Mitte der Prognose würde der Versicherer sein bisheriges Rekordergebnis von knapp 11,9 Milliarden von 2019 übertreffen. Auch im schlechtesten Fall würde der Konzern damit besser abschneiden als 2020.
Denn im abgelaufenen Jahr zehrten die Folgen der Pandemie auch bei der Allianz am Gewinn. Das operative Ergebnis sank um neun Prozent auf 10,75 Milliarden Euro. Der auf die Aktionäre entfallende Nettogewinn ging um 14 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro zurück. Dennoch übertraf die Allianz bei beiden Kennzahlen die Erwartungen von Branchenexperten.
Corona beschert Allianz 2 Mrd Euro Kosten
So musste der Konzern im abgelaufenen Jahr zwar für coronabedingte Versicherungsschäden in Höhe von rund 2 Milliarden Euro geradestehen. Vor allem die pandemiebedingte Schliessung von Betrieben, die Absage von Grossveranstaltungen und Ausfälle in der Kreditversicherung belasteten das Ergebnis.
Doch an anderen Stellen wie der Kfz-Versicherung fielen deutlich geringere Belastungen an als üblich, sodass die Allianz ihre Mehrbelastung im Schaden- und Unfallgeschäft netto nur auf 1,1 Milliarden Euro bezifferte. Zusammen mit den Turbulenzen an den Finanzmärkten summierte sich der negative Effekt auf 1,3 Milliarden Euro.
Dabei konnte die Allianz ihre Kapitalstärke nach einem zwischenzeitlichen Rückgang wieder verbessern: Die Solvency-II-Quote lag mit 207 Prozent Ende 2020 nur noch 5 Prozentpunkte niedriger als vor der Corona-Krise Ende 2019.
Unveränderte Dividende
Die Aktionäre sollen für 2020 nun eine Dividende von 9,60 Euro erhalten, genauso viel wie im Rekordjahr 2019. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin habe der Ausschüttung in dieser Woche zugestimmt, sagte Bäte.
Die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa steht Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufen in der Branche eher skeptisch gegenüber. Eine Anhebung der Dividende hätte laut Bäte aber auch bei der Bafin keine Zustimmung gefunden, ebenso wenig wie ein neues Aktienrückkaufprogramm. Wenn es wieder möglich sei, wolle die Allianz aber auch auf diese Weise wieder Kapital an die Aktionäre zurückgeben, sagte der Manager.
Warnung vor Spekulationsblase an den Finanzmärkten
Unterdessen sieht Bäte die jüngsten Rekordstände an den Börsen mit Skepsis. Er warnte daher vor einer gefährlichen Spekulationsblase an den Finanzmärkten. «Wir machen uns grosse Sorgen um das Thema Finanzmarktstabilität.» Vor allem an den Aktienmärkten ähnle die Lage der Situation vor dem Crash in den Jahren 2008/09 und dem Crash des Jahres 2000.
Unterdessen schlugen sich die coronabedingten Belastungen bei der Allianz 2020 vor allem in der Schaden- und Unfallversicherung nieder. Dort brach der operative Gewinn um mehr als 13 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro ein. Die dazugehörende Industrieversicherungssparte AGCS musste sogar einen operativen Verlust von 482 Millionen Euro hinnehmen.
Dort überstiegen die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb die Beitragseinnahmen deutlich, die kombinierte Schaden-Kosten-Quote stieg auf 115,5 Prozent und damit weit in den roten Bereich. Im laufenden Jahr soll die Quote nun auf 98 Prozent sinken, so dass die Beiträge wieder zur Deckung ausreichen. So hat der Industrieversicherer laut Bäte viele verlustreiche Kundenverträge auch in Deutschland gekündigt und bei anderen deutliche Preiserhöhungen durchgesetzt.
Auch deshalb rechnet Allianz-Finanzchef Giulio Terzariol 2021 netto nur mit Corona-Schäden in Höhe von 300 bis 350 Millionen Euro. Selbst wenn die Olympischen Spiele in Tokio endgültig abgesagt würden, würde das die Allianz laut einer Sprecherin im laufenden Jahr lediglich 20 Millionen Euro zusätzlich kosten. Die Verschiebung von 2020 nach 2021 schlug bei dem Versicherer demnach bereits mit 16 Millionen Euro zu Buche.
Im abgelaufenen Jahr verdiente die Allianz im Schaden- und Unfallgeschäft trotz der Belastungen praktisch genauso viel wie in der Lebens- und Krankenversicherung, deren operativer Gewinn um gut sieben Prozent auf ebenfalls 4,4 Milliarden Euro sank. Das Management erklärte den Rückgang mit dem Verkauf der Allianz Popular in Spanien sowie einer Erhöhung der Schadenreserven in den USA.
Zudem liessen sich neue Lebensversicherungsverträge infolge der Lockdowns in vielen Ländern schwerer verkaufen. Viele Kunden klärten solche Dinge lieber im persönlichen Gespräch als bei einer Beratung per Videochat, sagte Bäte. In der Sachversicherung werde die Videoberatung hingegen besser angenommen.
32,8 Mrd Euro Neugeld bei Fondstöchtern
Richtig gut lief es bei den Fondstöchtern Pimco und Allianz Global Investors (AGI). Die Sparte konnte ihren operativen Gewinn sogar um mehr als fünf Prozent auf knapp 2,9 Milliarden Euro steigern. So hatten Anleger im vergangenen Jahr netto 32,8 Milliarden Euro frisches Geld in die Fonds von Pimco und AGI geschoben. (awp/mc/pg)