Wallisellen – Allianz Commercial hat die jährliche Umfrage «Allianz Risk Barometer» zu den wichtigsten Geschäftsrisiken weltweit veröffentlicht, an der 3’778 Befragte aus 106 Ländern teilnahmen. Cybervorfälle und Betriebsunterbrechungen liegen sowohl weltweit wie auch in der Schweiz auf Platz 1 und 2. Ihnen folgen auf Platz 3 weltweit Naturkatastrophen, während in der Schweiz wie bereits 2024 Änderungen von Gesetzen und Vorschriften wie etwa Zölle, Sanktionen oder protektionistische Bestrebungen den Unternehmen noch immer Kopfzerbrechen bereiten.
Cybervorfälle wie Datenschutzverletzungen, Ransomware-Attacken und IT-Ausfälle, wie der CrowdStrike-Vorfall im Sommer, sind für Unternehmen weltweit in diesem Jahr erneut das grösste Risiko. Betriebsunterbrechungen folgen, unabhängig von der Unternehmensgrösse, auf dem zweiten Platz. Nach einem weiteren Jahr mit extremen Wetterereignissen landen Naturkatastrophen im weltweiten Ranking wieder auf Platz 3. Das Super-Wahljahr 2024, steigende geopolitische Spannungen und potentielle Handelskriege sorgen dafür, dass Änderungen von Gesetzen und Vorschriften ausserhalb der Schweiz auf Rang 4 bleiben (Schweiz Rang 3). Den grössten Sprung im diesjährigen Allianz Risk Barometer macht der Klimawandel von Rang 7 auf Rang 5 und erreicht damit seine höchste Platzierung seit Erstellung der Studie.
Unternehmen aller Grössen bewerten Cybervorfälle als ihr grösstes Geschäftsrisiko. Im restlichen Ranking gibt es jedoch erhebliche Unterschiede. Kleinere Unternehmen sind besorgt über lokale und unmittelbare Risiken wie die Einhaltung von Vorschriften, makroökonomische Entwicklungen und Fachkräftemangel. Es gibt jedoch auch Anzeichen dafür, dass einige der Risiken, die traditionell eher grössere Unternehmen beschäftigen, nun auch kleinere Unternehmen betreffen. Hier sind der Klimawandel, politische Risiken und Gewalt zu nennen.
Unter den Teilnehmenden der Studie aus der Schweiz belegen Cyber-Attacken und Betriebsunterbrechungen ebenfalls die Plätze 1 (2024: 1) und 2 (2024: 2). Anders als bei dem weltweiten Ranking belegen Änderungen von Gesetzen und Vorschriften den 3. Platz, wie auch bereits 2024. Analog zum Vorjahr wird in der Schweiz der Fachkräftemangel als grosses Risiko wahrgenommen. Hierzulande liegt er auf dem 4. Platz, während er weltweit lediglich Platz 11 erreicht.
Vanessa Maxwell, Chief Underwriting Officer von Allianz Commercial, kommentiert die Ergebnisse: «2024 war ein aussergewöhnliches Jahr für das Risikomanagement. Die Ergebnisse unseres jährlichen Allianz Risk Barometers spiegeln die Unsicherheit wider, mit der viele Unternehmen weltweit konfrontiert sind. Die Vernetzung der Top-Risiken ist in diesem Jahr besonders auffällig, denn Klimawandel, neue Technologien, Regulierung und geopolitische Risiken sind zunehmend miteinander verflochten. Dies führt zu komplexen Zusammenhängen von Ursache und Wirkung. Unternehmen müssen Resilienz ganz oben auf ihre Agenda setzen und sich konsequent um die Verbesserung ihres Risikomanagements und ihrer Widerstandsfähigkeit bemühen.»
Cyber-Risiken steigen mit technologischem Fortschritt
Cyber-Vorfälle (38 Prozent) sind zum vierten Mal in Folge und erstmals mit deutlichem Vorsprung von sieben Prozentpunkten das Hauptrisiko für Unternehmen. In 20 Ländern ist Cyber das Top-Risiko, darunter die Schweiz, Argentinien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Südafrika oder die USA. Mehr als 60 Prozent der Befragten nennen Datenpannen als die besorgniserregendste Bedrohung, noch vor Angriffen auf kritische Infrastruktur oder Vermögenswerte (57 Prozent).
«Viele Unternehmen benennen Cyber als grösstes Risiko, das durch die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) sogar noch verschärft wird. Angesichts der zunehmenden Technologieabhängigkeit wird es wahrscheinlich auch in Zukunft ein Hauptrisiko für Unternehmen bleiben. Der CrowdStrike-Vorfall im Sommer 2024 hat uns vor Augen geführt, wie abhängig wir alle von sicheren IT-Systemen sind», sagt Rishi Baviskar, Global Head of Cyber Risk Consulting bei Allianz Commercial.
Betriebsunterbrechungen sind eng mit anderen Risiken verknüpft
Betriebsunterbrechungen (BU) landen seit zehn Jahren in jedem Allianz Risk Barometer entweder auf Platz 1 oder 2. Mit 31 Prozent der Antworten bleiben sie auch 2025 auf Platz 2 – sowohl weltweit als auch in der Schweiz. BU sind in der Regel eine Folge von Ereignissen wie Naturkatastrophen oder Cyberattacken, die den Betriebsablauf eines Unternehmens stören oder unterbrechen. Mehrere Beispiele aus dem Jahr 2024 zeigen, warum Unternehmen sie immer noch als grosse Bedrohung für ihr Geschäftsmodell ansehen. So führten Huthi-Angriffe im Roten Meer zu Unterbrechungen der Lieferkette, da Containerschiffe umgeleitet werden mussten, während Vorfälle wie der Einsturz der Francis Scott Key Bridge in Baltimore ebenfalls direkte Auswirkungen auf globale und lokale Lieferketten hatten. Disruptionen der Lieferkette mit globalen Auswirkungen treten etwa alle 1,4 Jahre auf, wobei sich ein steigender Trend zeigt, wie aus einer Analyse von Circular Republic in Zusammenarbeit mit Allianz und anderen hervorgeht. Sie verursachen zusätzliche Ausfallzeiten und erhebliche wirtschaftliche Schäden, die zwischen fünf und zehn Prozent der Produktkosten ausmachen.
«Das Streben nach technologischem Fortschritt und Effizienz wirkt sich auf die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten aus. Automatisierung und Digitalisierung haben Prozesse erheblich beschleunigt. Bei effektiver Umsetzung erhöhen diese Technologien die Widerstandsfähigkeit, indem sie bessere Datenanalysen, Vorhersagen und agilere Reaktionsmöglichkeiten bieten. Aus diesem Grund wird der Aufbau und die Investition in Resilienz für jedes Unternehmen wichtiger», sagt Michael Bruch, Global Head of Risk Advisory Services bei Allianz Commercial.
Der Klimawandel steigt in der Risikowahrnehmung
2024 war das heisseste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Es war auch ein Jahr schrecklicher Naturkatastrophen mit extremen Hurricanes und Stürmen in Nordamerika, verheerenden Überschwemmungen in Europa und Asien sowie Dürre in Afrika und Südamerika. Nachdem der Klimawandel in den Jahren der Corona-Pandemie in der Rangliste nach unten gerutscht war, da sich die Unternehmen mit unmittelbareren Herausforderungen befassen mussten, rückt er 2025 um zwei Positionen nach oben in die Top 5 der globalen Risiken. Mit Platz 5 weltweit, wie auch in der Schweiz, erreicht er seine bisher höchste Position. Im Vorjahr landete er in der Schweizer Rangliste noch auf Platz 10, was zeigt, dass die Wahrnehmung der Problematik sich deutlich verstärkt hat.
Die mit dem Klimawandel eng verbundenen Naturkatastrophen bleiben mit 29 Prozent auf Platz 3 weltweit, während sie in der Schweiz Platz 6 einnehmen. Zum fünften Mal in Folge überstiegen die versicherten Schäden im Jahr 2024 100 Milliarden US-Dollar. Griechenland, Hongkong, Japan, Kroatien, Österreich, Rumänien, Slowenien, Spanien und die Türkei, wo es 2024 zu einigen der schwersten Ereignisse kam, stufen Naturkatastrophen als grösstes Risiko ein. In Mittel- und Osteuropa sowie in Spanien hatten Stürme und Überschwemmungen dramatische Auswirkungen auf Menschen und Unternehmen. Laut Gesamtverband der Versicherer (GDV) beliefen sich allein die versicherten Schäden durch das Hochwasser in Süddeutschland im Juni 2024 auf etwa zwei Milliarden Euro. Diese Auswirkungen unterstreichen die Bedeutung von Prävention und Schadenbegrenzung durch Zusammenarbeit von Regierungen, Versicherern und Kommunen.
Geopolitik und Protektionismus bleiben auf dem Radar der Unternehmen
Trotz anhaltender geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheit im Nahen Osten, in der Ukraine und in Südostasien fallen politische Risiken und Gewalt weltweit auf Platz 9 (2024: 8), während sie in der Schweiz nicht einmal mehr in den Top 10 vertreten sind, ganz im Gegensatz zum Vorjahr, als sie hierzulande noch auf Platz 4 lagen. Für grosse Unternehmen bleiben sie jedoch ein erhöhtes Risiko (Platz 7), während kleinere Unternehmen sie neu auf Platz 10 im Ranking einstufen. Die Angst vor Handelskriegen und Protektionismus nimmt zu. Analysen der Allianz und anderer zeigen, dass die Exportbeschränkungen für kritische Rohstoffe in den letzten zehn Jahren um das Fünffache gestiegen sind. Zölle und Protektionismus mögen ganz oben auf der Liste der neuen US-Regierung stehen, aber andererseits besteht auch die Gefahr eines «regulatorischen Wilden Westens», insbesondere im Zusammenhang mit KI und Kryptowährungen. In Europa werden die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Jahr 2025 ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
«Die Auswirkungen neuer Zölle werden ähnlich sein wie bei (Über-)Regulierungen: steigende Kosten für alle betroffenen Unternehmen», erklärt Ludovic Subran, Chefökonom bei der Allianz. «Nicht jede Regulierung ist von Natur aus ’schlecht›. In den meisten Fällen ist es die Umsetzung, die das Unternehmensleben erschwert. Nicht nur die Anzahl der Regeln, sondern auch eine effiziente Verwaltung sollten im Mittelpunkt stehen. Eine gründliche Digitalisierung der Behörden ist dringend erforderlich. Allerdings werden wir wohl auch im Jahr 2025 noch vergeblich auf eine entsprechende digitale Strategie warten. Stattdessen drohen Handelskriege. Die Aussichten sind nicht rosig», so Subran weiter. (pd/mc)