München – Die Allianz hat die verheerende Flutkatastrophe im Sommer gut weggesteckt. Weil ausserdem das Geschäft mit Lebensversicherungen und Fonds Rekordergebnisse erzielte, verdiente der Dax-Konzern im dritten Quartal mehr als im pandemiegeprägten Sommer 2020. Vorstandschef Oliver Bäte wird daher optimistischer für die Gewinnentwicklung im laufenden Jahr und erwartet jetzt ein operatives Ergebnis von etwa 13 Milliarden Euro, wie der Versicherer am Mittwoch in München mitteilte. Doch ein Rechtsstreit in den USA schwebt weiterhin als Damoklesschwert über der Allianz: Grossanleger fordern von dem Konzern Milliarden.
Konzernchef Bäte sprach vom stärksten dritten Quartal überhaupt für die Allianz. Zwar musste der Versicherer nach der Hochwasserkatastrophe im Juli in Deutschland und mehreren Nachbarländern Schäden bei seinen Kunden von mehr als einer Milliarde Euro begleichen, wie Finanzchef Giulio Terzariol in einer Telefonkonferenz sagte. Allerdings hatte die Allianz die Risiken zum grössten Teil an Rückversicherer weitergereicht.
400 Mio Euro für Unwetterschäden
Unter dem Strich schlug die Katastrophe bei dem Münchner Unternehmen noch mit rund 400 Millionen Euro zu Buche. Darin seien bereits Nachzahlungen zur Wiederaufstockung des Rückversicherungsschutzes enthalten, sagte Terzariol. Dabei geht es der Allianz mit den Rückversicherern ähnlich wie Versicherungsnehmern mit ihren Versicherern: Der Konzern habe viele Jahre lang Risiken und Beiträge an Rückversicherer weitergereicht, ohne Schadenzahlungen in Anspruch zu nehmen, sagte Terzariol. In diesem Sommer kamen die Verträge der Allianz um so mehr zugute.
Operativer Gewinn um 11% gesteigert
Im dritten Quartal steigerte der Dax-Konzern seinen operativen Gewinn im Vergleich zum pandemiegeprägten Vorjahreszeitraum um elf Prozent auf gut 3,2 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente der Versicherer 2,1 Milliarden Euro und damit zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit schnitt die Allianz besser ab als von Analysten im Schnitt erwartet.
Im Schaden- und Unfallgeschäft ging der operative Gewinn auch wegen der hohen Katastrophenschäden um zwei Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro zurück. In der Lebens- und Krankenversicherung legte er dafür umso stärker zu mit fast zwölf Prozent Plus auf 1,25 Milliarden Euro. Zudem baute die Sparte ihr Neugeschäft kräftig aus: Der Neugeschäftswert sprang im Jahresvergleich um fast 80 Prozent auf 665 Millionen Euro nach oben, nachdem er infolge der Covid-19-Pandemie und der daraus folgenden Einschränkungen im Versicherungsvertrieb ein Jahr zuvor deutlich gesunken war.
Rekordquartal für Fondssparte
Auch der Allianz-Fondssparte gelang ein Rekordquartal. Der operative Gewinn sprang um 30 Prozent auf 882 Millionen Euro nach oben. So sammelten die Konzerngesellschaften Pimco und Allianz Global Investors (AGI) bei Anlegern netto 25,7 Milliarden Euro frisches Geld ein – über ein Fünftel mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Das für Dritte verwaltete Vermögen wuchs von Anfang Juli und Ende September um 51 Milliarden und erreichte mit fast 1,9 Billionen Euro einen historischen Höchststand. Dazu trugen auch vorteilhafte Wechselkurseffekte bei.
US-Klage schwebt im Raum
Allerdings sieht sich der Konzern ausgerechnet wegen des Fondsgeschäfts Schadenersatzforderungen und möglichen Strafen in Milliardenhöhe gegenüber. Denn mehrere Investoren haben die Allianz in den USA wegen Verlusten verklagt, für die sie die Konzerntochter AGI verantwortlich machen. Für die Allianz habe es eine hohe Priorität, eine Lösung in dieser Sache zu erreichen, sagte Finanzvorstand Terzariol. Das Unternehmen arbeite mit dem US-Justizministerium und der Wertpapieraufsicht SEC zusammen, die sich in die Sache eingeschaltet haben.
Wie teuer die Angelegenheit den Konzern am Ende zu stehen kommt, wagte der Manager aber weiterhin nicht einzuschätzen. Gemäss früheren Angaben rechnet das Unternehmen mit «potenziell negativen Auswirkungen» auf den Jahresüberschuss. Die Dividende für 2021 solle aber zumindest nicht gekürzt werden, hatte Bäte im August gesagt. Laut Terzariol wird die Allianz möglicherweise zum Jahresende eine entsprechende Rückstellung bilden. Als sicheren Zeitplan wollte er dies jedoch nicht verstanden wissen.
Die Vorwürfe der Investoren laufen darauf hinaus, dass die Fondsmanager die eigenen Richtlinien nicht eingehalten und nicht angemessen auf die Marktentwicklung in der frühen Phase der Corona-Pandemie reagiert hätten. Dadurch hätten die Anleger hohe Verluste erlitten. Zu den Klägern gehören nach US-Medienberichten unter anderem die New Yorker Metro, der Lehrer-Pensionsfonds im Bundesstaat Arkansas und die Gewerkschaft Teamsters. Die bisherige Allianz-Managerin Jacqueline Hunt, die in der fraglichen Zeit für die Fondssparte zuständig war, hat den Vorstand bereits vorzeitig verlassen. (awp/mc/pg)