AMCs – Strategische Alleskönner
Von Dieter Haas , Derivative Partners AG, www.payoff.ch
Während bei den Fonds die passive Variante mit den Exchange Traded Fonds auf dem Vormarsch ist, stehen bei den Strukis «actively managed certificates» (AMCs) hoch im Kurs. Eine Bestandsaufnahme zeigt Stärken und Schwächen.
In der Vermögensverwaltung dominieren nach wie vor aktive Ansätze. Von ihnen wird das gewisse Etwas erhofft. Strukturierte Produkte bieten mit den AMCs die ideale Spielwiese. Dank der schnellen Umsetzung sind sie beliebt und werden gerne und oft eingesetzt. Emittenten können mit ihnen hauseigene Strategien umsetzen, Vermögensverwalter und Drittbanken ihre Ideen effizient bündeln. Mit einem AMC lässt sich für diskretionäre Kunden eine auf deren Bedürfnisse abgestimmte Anlagestrategie verfolgen. Im Unterschied zu den herkömmlichen Zertifikaten übernimmt beim AMC der Berater während der gesamten Laufzeit eine aktive Rolle. Kotierte AMCs unterliegen zudem gewissen gesetzlichen Minimalforderungen im Unterschied zu den übrigen Strukturierten Produkten (siehe Learning Curve. Viele Berater und etliche Emittenten verzichten auf eine Kotierung. Ein substanzieller Teil des AMC-Geschäfts läuft ausserbörslich ab. Der höhere Freiheitsgrad im Vergleich zu kotierten AMCs bringt allerdings nur selten höhere Renditen.
Schwierige Perlensuche
Die Suche nach gelungenen Strategien ist vergleichbar mit der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Es gibt unter den AMCs durchaus respektable Ansätze, die sich auch in der Praxis bewährt haben. Zahlreich sind sie leider nicht. Ein Auffinden der Trouvaillen benötigt zudem viel Zeit. Die offiziell registrierten, aktiv gemanagten Zertifikate werden, gut versteckt, auf der Webseite der einheimischen Derivatebörse aufgelistet. (www.six-structured-products.com/de/ueber-uns/boerslicher-handel/market+maker.) Sie zeigt alle von der SIX STP als AMC eingestuften, gelisteten Anlageprodukte. Ende des ersten Quartals 2015 waren 165 AMCs registriert. Informationen über die Kursentwicklungen und/oder ein Vergleich mit allfälligen Vergleichsmassstäben fehlen jedoch gänzlich. Ob die diskretionär verwalteten Anlageprodukte etwas taugen, ist aus der tabellarischen Zusammenstellung nicht ersichtlich. Diesbezügliche Informationen müssen sich interessierte Anleger in Eigenregie erarbeiten. Sehr viel aufwendiger gestaltet sich die Beurteilung der ausserbörslichen AMCs. Viele werden auf den Webseiten der Emittenten gar nicht aufgeschaltet, da es sich um Privatplatzierungen handelt. Für die Übrigen gibt es bis dato keine spezifischen Suchhilfen.
«Mit einem AMC lässt sich für diskretionäre Kunden eine auf deren Bedürfnisse abgestimmte Anlagestrategie verfolgen.»
Anlagestrategie, Rebalancing, Kosten
Hauseigene Strategien der Emittenten, sofern sie solche als AMCs anbieten, sind im Allgemeinen denjenigen externer Berater überlegen. Letztere bieten oft ziemlich bunte, schwer nachvollziehbare Mischungen an. Der Kostenfaktor wiegt zudem in vielen Fällen schwer. Im Vergleich zu Anlagezertifikaten auf Indizes sind AMCs meistens deutlich teurer. Neben den Gebühren des Emittenten (Upfront Fee, Rebalancing-Gebühren u.a.) fallen bei externen AMCs zusätzlich Managementgebühren des Beraters an. Das summiert sich und führt zu Gesamtkosten, die meist über 1,50% p.a. liegen. Diskretionäre Verwaltung verspricht am ehesten Erfolg in klar abgegrenzten, überschaubaren Nischen. Hier kann es gelingen, trotz der Kosten eine Überrendite zu erzielen. Warnlampen sollten aufleuchten bei globalen oder regionalen Auswahlen (bspw. Europa), bei denen die Titelanzahl des Baskets sehr klein ist oder bei themenspezifischen, bei denen wenige Basiswerte die Kursentwicklung dominieren. Das kann böse enden, wie das Beispiel SHIDRY zeigt. Der endliche Tracker auf den UBS Dynamic Dry Shipping Basket umfasst zwar eine respektable Anzahl an Titeln, die jedoch sehr unterschiedlich gewichtet werden. So betrug im Startzeitpunkt das Gewicht der drei grössten Positionen exorbitante 46%, ein gefährliches Klumpenrisiko. Des Weiteren trugen negative Währungseinflüsse und eine unterdurchschnittliche Branchenentwicklung dazu bei, dass mit diesem Produkt bis dato kein Blumentopf zu gewinnen war. Ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor ist zudem die innert Jahresfrist erwartete Anzahl von 52 Rebalancings. Solch häufige Umschichtungen dürften der Performance kaum zuträglich sein. Weniger ist in der Regel mehr. Nicht von ungefähr lautet eine bekannte Börsenweisheit «Hin und her macht Taschen leer».
In medias res
Unser Performanceüberblick beginnt mit einer Tabelle der Open-end AMC-Zertifikate, die nach der in CHF umgerechneten Rendite in 2015 geordnet wurde. Die im Januar erfolgte Auflösung des EUR/CHF-Peg hinterliess ihre Spuren. Nur wenige AMCs in Fremdwährung vermochten in die Phalanx der CHF-Papiere einzudringen. Mit EMMARO, einem Tracker auf einen Emerging Markets-Rohstoffaktien-Basket, liegt ein AMC mit in der Spitzengruppe, der lange Zeit zu den Mauerblümchen zählte. Es könnte ein Fingerzeig sein, dass die Baisse bei den Rohstoffaktien ihre Talsohle durchschritten hat. Mit zwei Zertifikaten sind die Nachhaltigkeits-Zertifikate der ZKB unter den diesjährigen Top-Performern vertreten. Sie hängen am hauseigenen fundamentalen Nachhaltigkeitsresearch der Bank mit regelbasiertem Prozess. Seit der Lancierung erzielten bis Ende 2014 alle im Vergleich zum Gesamtmarkt eine Überrendite. TRPAZO belegte im letzten Jahr im Konkurrenzvergleich hinter Stoxx Asia/Pacific den zweiten Platz. Abweichungen zur Konkurrenz resultieren aus anderen Nachhaltigkeitskriterien sowie der Titelselektion.
«Im Unterschied zu den herkömmlichen Zertifikaten übernimmt beim AMC der Berater während der gesamten Laufzeit eine aktive Rolle.»
Auf mittlere Sicht überzeugt D1HEAL, ein kostengünstiger Basket der ZKB auf Schweizer Health Care-Unternehmen. Nicht zu bremsen scheint IMOSEL. Das Anlageuniversum des von J.Safra Sarasin emittierten Tracker-Zertifikates umfasst kotierte Schweizer Immobilienaktien und Immobilien-Anlagefonds. Als Berater wirkt die Swiss Finance & Property AG in Zug (www.swissfp.com/). Die Erwartungen bislang nicht erfüllt hat HBTIM. Die Strategie Indexplus Aktientiming Schweiz erlitt seit der Emission Schiffbruch (siehe Grafik). Die Steuerung des Modells über eine Kombination aus ökonomischen Parametern, Trendfolge und Notabsicherungslimiten brachte noch nicht den gewünschten Erfolg. Für eine Verringerung der eingehandelten Unterrendite müsste die mehrjährige Hausse von einer längeren Baisse abgelöst werden.
Auf längere Sicht (ab 2012) zählen LGTUSR, BSDOMC und RZCEQ, absolut und in CHF betrachtet, zum Besten unter den endlos laufenden AMCs. BSDOMC (Schwyzer Kantonalbank – www.szkb.ch/publikation/Partizipationsprodukte.pdf) und RZCEQ (Berater: Berater: CE Services – www.ceams.ch ) setzen beide auf heimisches Schaffen. LGTUSR, bei der die LGT Bank die Beratungsfunktion ausübt, fokussiert sich auf US-Aktien. Das von der Bank Vontobel emittierte Tracker-Zertifikat RZCEQ lehnt sich an den CE Corporate Quality Index Schweiz 20. Bei der Zusammensetzung des Index werden, basierend auf klar definierten Fundamentalfaktoren, Unternehmen identifiziert, die über herausragende Qualitätsmerkmale verfügen. Die Beurteilung erfolgt nach quantitativen (z.B. aktuelle Bewertung, Qualität von Bilanz, Erträgen und Cashflows) und qualitativen (z.B. Glaubwürdigkeit des Geschäftsmodells, Unternehmensstruktur, Unternehmensführung, Marktumfeld) Kriterien. Aus dem Universum des Swiss Performance Index (SPI) werden insgesamt 20 Aktien selektioniert. Die Gewichtung der einzelnen Titel orientiert sich am SPI, wobei eine Aktie aus dem SPI Mid Cap Index maximal mit 6% und eine aus dem SPI Small Index maximal mit 3% gewichtet wird. Bei der Zusammensetzung des 25 Titel umfassenden Basket BSDOMC bildet ebenfalls der Swiss Performance Index das Anlageuniversum. Ein entscheidendes Kriterium bei der Titelauswahl ist der in der Schweiz erzielte Umsatzanteil. Bei der aktuellen Titelallokation beträgt dieser mindestens 50%. Das erklärt, warum die grossen SMI-Unternehmen nicht im Basket vertreten sind. Diese erzielen ihre Umsätze mehrheitlich im Ausland. Neben der Diversifikation werden Bewertungskennzahlen wie zum Beispiel die Dividendenrendite herangezogen. Als Basis für die Titelzusammensetzung dient zudem die defensive Anlagepolitik der Schwyzer Kantonalbank.
«Kotierte AMCs unterliegen zudem gewissen gesetzlichen Minimalforderungen im Unterschied zu den übrigen Strukturierten Produkten.»
Top-Produkte laufen aus
Im endlichen Segment der kotierten AMCs sind die Perlen rar gesät. Die performancestärksten Produkte werden demnächst zurückbezahlt. Das gilt für INNTEC, einen Schweizer Innovations-Technologie-Basket der ZKB, bei der die Valiant Bank die Auswahl bestimmt, sowie für POPCH. Der dynamische Sustainable Demography Health Basket von J. Safra Sarasin wird vom hauseigenen Research gemanagt. Bis Ende März 2016 läuft der von der BL-KB verwaltete Schweizer Dividenden Basket CHDIBA. Dessen aktuelle Zusammensetzung ist, abgesehen von Geberit, welche durch Clariant ersetzt wurde, identisch mit der Startauswahl. Es wäre generell wünschenswert, wenn Portfolioänderungen bei AMCs nach aussen transparenter kommuniziert würden. Leider ist dies zu selten der Fall. Eine löbliche Ausnahme bildet u.a. die Neue Helvetische Bank (siehe Interview). Sie publiziert für alle von ihr emittierten AMCs Monatsberichte, die den Besitzer über die jüngsten Entwicklungen ins Bild setzen.
Seltene Trouvaillen im OTC-Bereich
Wesentlich schwieriger ist die Trüffelsuche im ausserbörslichen Segment, das mehrheitlich durch externe Berater getragen wird. Hier ist die Spannbreite zwischen gut und schlecht grösser. Einen interessanten Ansatz verfolgt das AMC auf den Dufour ETF-Portfolio Global Dynamic Basket. Der Berater (www.dufour-capital.ch/) strebt das Erwirtschaften einer positiven Rendite bei kontrolliertem Risiko durch Investments in ETFs verschiedener Anlageklassen und Regionen an. Erreicht werden soll das Ganze durch ein systematisches Management, basierend auf Trendfolge-Techniken und strikter Kostenkontrolle. Aktuell macht jedoch ein Engagement keinen Sinn, da das Zertifikat in eine neue Struktur überführt werden wird. Das AMC auf den VT WM Small & Mid Cap CHF Basket basiert auf den Faktoren strategische Ausrichtung, starke Marktposition, erstklassiges Management, solide Ertragslage, Wachstumspotenzial und erhöhte Nachhaltigkeit. Das Anlageprodukt von VT Wealth Management (www.vtwealth.ch) kann als Baustein in einem diversifizierten Depot eingesetzt werden. Ein hauseigenes Anlageprodukt ist das Wasser-Strategie-Zertifikat der UBS. Es setzt auf globaler Ebene auf Unternehmen, die nachhaltige Produkte und Dienstleistungen in der Wasserbranche entwickeln. In den letzten fünf Jahren (2010-2014) erzielte es eine durchschnittliche jährliche Wertsteigerung in der Handelswährung EUR von respektablen 12,8%.
Unsere Top-Picks
Eine Kür der Besten bei den AMCs ist kein leichtes Unterfangen. Aufgrund ihres langjährigen guten Track-Rekords seit der Emission und unter Berücksichtigung der Währungsrisiken gehören die endlos laufenden Tracker-Zertifikate RZCEQ und BSDOMC zu unseren Favoriten. Bei der dritten Empfehlung RHCHF handelt es sich um einen Open-end-Tracker auf einen Basket europäischer Blue Chips. Der Ende Februar 2015 lancierte Tracker, bei dem die Vermögensverwaltungsfirma Riedweg & Hrovat AG aus Basel (www.rh-finanz.ch) als Berater fungiert, überzeugt durch eine bei AMCs leider nur selten eingesetzte Währungsabsicherung. Das verhalf dem Zertifikat in den wenigen Wochen seit der Lancierung bereits zu einer erklecklichen Outperformance zum STOXX 50 TR Index. Die zehn selektierten, anfänglich gleichgewichteten Titel sind gewichtige Mitglieder des europäischen Blue Chip-Barometers oder des auf die EU bezogenen Euro STOXX 50 TR Index (Bayer und Sanofi). Bei der mittelfristig angelegten Auswahl, die jährlich nur wenige Anpassungen vorsieht, spielen auch die erwartete Dividende sowie die Bilanzqualität eine wichtige Rolle.
«AMCs stellen für einen Strategieberater eine gute Alternative dar, um eine Anlageidee mit einem Track-Record zu versehen.»
Abschliessende Bemerkungen
«Nur Äktschen bringt Satisfäktschen». Das mag für den Berater zutreffen. Bei vielen AMCs wären vertiefte Untersuchungen im Vorfeld und eine stärkere Zurückhaltung bei der Bewirtschaftung wünschbar. In Bezug auf die absolute als auch relative Performance besteht bei etlichen aktiv verwalteten Zertifikaten Raum für Ertragssteigerungen. Nichtsdestotrotz stellen AMCs für einen Strategieberater eine gute Alternative dar, um eine Anlageidee mit einem Track-Record zu versehen und auf diese Weise neue Investoren anzuwerben. Beim Erreichen einer nötigen Grösse kann es aufgelöst und die investierten Gelder als Startkapital für einen Fonds verwendet werden.