Andauernde Konjunkturflaute: Chinas Zentralbank senkt Zinsen
Peking – Chinas Notenbank stemmt sich mit einer überraschenden Lockerung der Geldpolitik gegen die andauernde Wirtschaftsschwäche des Landes. Wie die Zentralbank am Montag mitteilte, sinkt der einjährige Kreditzins von 3,45 auf 3,35 Prozent und die entsprechende fünfjährige Loan Prime Rate von 3,95 auf 3,85 Prozent. Der mittelfristige Zins mit der Laufzeit von fünf Jahren ist als Schlüsselzins vor allem für die Immobilienwirtschaft wichtig, da er ein Referenzzinssatz für Immobiliendarlehen ist.
Nach einem langen Boom, in dem in China auch viele Geisterstädte entstanden waren, lastet der schwache Immobilienmarkt schon länger auf der Wirtschaft des Landes sowie auf der Weltwirtschaft.
Zudem wurde der einwöchige Reverse-Repo-Satz erstmals seit fast einem Jahr gesenkt, und zwar um 10 Basispunkte auf 1,7 Prozent. Der Satz ist für kurzfristige Geschäfte mit den Geldhäusern relevant, allerdings nicht so bedeutend wie der Hauptleitzins MLF. Chinesische Banken folgten dem Schritt, indem sie ihre wichtigsten Referenzzinssätze senkten. So wird die Aufnahme von Krediten günstiger.
Wirtschaftswachstum von 4,7% im zweiten Quartal
Chinas Wirtschaft war zuletzt so schwach gewachsen, wie seit einem Jahr nicht mehr. Im zweiten Quartal hatte die Wirtschaftsleistung um 4,7 Prozent zugelegt. Das lag unter den Erwartungen und dem Wachstumsziel der kommunistischen Partei des Landes von fünf Prozent.
Die Stützungsmassnahmen fallen nach Einschätzung von Experten bescheiden aus. «Es ist ein gutes Zeichen, dass die Regierung versucht, die Wirtschaft zu stützen, auch wenn die grundlegenden Auswirkungen wahrscheinlich begrenzt sein werden», sagte Vey-Sern Ling, Geschäftsführer der Union Bancaire Privee. Am Sonntag hat die kommunistische Partei ein Dokument vorgelegt, in dem der Plan von Präsident Xi Jinping bekräftigt wird, die technologische Entwicklung in den Mittelpunkt von Chinas wirtschaftlicher Zukunft zu stellen. Dabei soll vorübergehend ein geringeres Wachstum toleriert werden.
Die aktuellen Zinssenkungen sind laut Beobachtern vor allem im Lichte der jüngst zu Ende gegangenen sogenannten Dritten Plenarsitzung des Zentralkomitees zu sehen. «Neben den dort verkündeten Massnahmen, die sich schwerpunktmässig auf fiskalpolitische und institutionelle Reformen konzentrieren, möchte die Zentralbank auch ihrerseits die Bereitschaft signalisieren, mit neuen Stimulierungsmassnahmen auf eine weitere Wachstumsabschwächung zu reagieren», kommentierte Sandro Pannagl, Volkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg.
Er erwartet aber nur geringe Auswirkungen auf die allgemeine Liquiditätssituation. «Der Schritt ist dennoch ein positives Zeichen und lässt die Hoffnung aufkommen, dass die politischen Verantwortungsträger bei der Stützung der Wirtschaft nun vermehrt auf ein koordiniertes und einheitliches Vorgehen setzen.» (awp/mc/pg)