Anleihemärkte entspannen sich

Anleihemärkte entspannen sich

EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeure.

Rom / Madrid / Frankfurt – Obwohl Italien bei einer Geldmarktauktion höhere Zinsen bieten musste, hat sich die Situation an den europäischen Anleihemärkten am Mittwoch wieder etwas entspannt. Händler führten Aussagen von Benoît Coeure, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), als Begründung an. Coeure hatte am Morgen in Paris eine Wiederaufnahme des derzeit ruhenden Anleihekaufprogramms der Notenbank in Aussicht gestellt.

«Wir haben mit dem Anleihekaufprogramm ein Instrument, das derzeit nicht genutzt wird, aber nach wie vor existiert», sagte Coeure. Hintergrund der Äusserungen sind die jüngsten Anstiege bei den Risikoprämien für spanische Anleihen. Die drittgrösste Euro-Volkswirtschaft ist an den Finanzmärkten wieder verstärkt ins Visier geraten. Coeure bezeichnete die gestiegenen Refinanzierungskosten als «nicht gerechtfertigt» und betonte die Fortschritte beim Reformkurs des Landes.

Wink mit der «Anleihekauf-Bazooka» 
«Spanien zeigt wie nervös die Märkte derzeit sind», sagte Coeure. «Wenn man jedoch auf die Fundamentaldaten schaut, gibt es keinen Grund warum sich die Situation nicht normalisieren sollte.» Im zehnjährigen Laufzeitbereich hatte sich die Rendite für spanische Anleihen in den letzten Tagen wieder der Marke von sechs Prozent angenähert. Am Mittwoch entspannte sich die Situation allerdings etwas. Bei den richtungweisenden zehnjährigen Anleihen sanken die Renditen bis zum Mittag um 0,15 Prozentpunkte auf 5,788 Prozent. Am Markt hiess es, Coeures Wink mit der «Anleihekauf-Bazooka» dürfe einen entscheidenden Anteil daran haben.

Misstrauen gegenüber Italien nimmt wieder deutlich zu
Besonders kritisch bewerten Experten, dass sich im Fahrwasser der Sorgen um Spanien auch das Misstrauen der Anleger gegenüber Italien wieder deutlich zugenommen hat. Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank, betonte zur Wochenmitte abermals, dass «keine Brandschutzmauer hoch genug ist, um Italien abzuschirmen». Italiens Anleihemarkt hat ein Volumen von 1.900 Milliarden Euro, Spanien bringt es lediglich auf 750 Milliarden Euro. «Rom ist der Schlüssel zur Lösung der Schuldenkrise», so Schmieding. Im Ernstfall könne nur die EZB Italien als Kreditgeber letzter Instanz mit unbegrenzten Anleihekäufen auffangen. Gerade vor diesem Hintergrund dürften die Aussagen von Coeure an den Märkten Wirkung entfalten.

Höhere Renditen
Darauf lässt auch schliessen, dass Italien trotz der gestiegenen Skepsis bei Investoren zumindest kurzfristig problemlos an frisches Geld kommt – wenngleich zu deutlich erhöhten Kosten. Am Mittwoch sammelte das schuldengeplagte Land insgesamt 11 Milliarden Euro bei Anlegern ein, wie die nationale Schuldenagentur in Rom mitteilte. Das Maximalziel wurde damit erreicht. Ein Papier mit Fälligkeit in drei Monaten spülte drei Milliarden Euro in die Staatskasse. Im einjährigen Laufzeitbereich nahm Italien weitere acht Milliarden Euro auf. Die Zinsen stiegen jedoch gegenüber den letzten Versteigerungen im März deutlich an. Um sich für drei Monate Geld zu borgen, musste Italien eine durchschnittliche Rendite von 1,249 Prozent bieten. Zuletzt hatte sie noch bei lediglich 0,492 Prozent gelegen. Bei dem Einjahrespapier stieg sie von 1,405 auf 2,840 Prozent. (awp/mc/ps)

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